London. Zweites Match, erste Niederlage: Der Hamburger Alexander Zverev muss bei der ATP-WM in London um den Einzug ins Halbfinale bangen.

Alexander Zverev gab lange Zeit sein Bestmögliches, er startete gut gegen Novak Djokovic. Er war hellwach, er spielte druckvoll, aggressiv, mit Mumm und Mut und Courage. Doch eins schaffte er trotzdem nicht bei seinem zweiten Gruppenspiel in der O2-Arena, bei den ATP-Finals, dem Abschlussturnier der acht Saisonbesten: Den schließlich deutlichen Sieg von Djokovic verhindern, den Sieg des im Moment beinahe Unantastbaren der Tennisszene.

Alexander Zverev konnte einen Satz mithalten

Einen Satz lang hielt Zverev wacker mit, doch nachdem er die ersten verlockenden Breakchancen gegen den Weltranglisten-Ersten nicht genutzt hatte, ging es abwärts für ihn. Unaufhaltsam, ohne Chance auf ein Comeback, bis zu jenem Moment, da seine 4:6, 1:6-Niederlage gegen den 31-jährigen Capitano der Branche feststand. Gewonnen hatte Djokovic, weil ihm im Moment eins gegen nahezu jeden Gegner in jedem Spiel gelingt: Den Mann auf der anderen Seite des Netzes mit seiner unwiderstehlichen Verteidigungskunst zu zermürben und nachhaltig zu frustrieren. „Er ist praktisch nicht aus der Ruhe und dem Gleichgewicht zu bringen“, sagte Zverev später in einem TV-Interview, "ich kann immer noch ins Halbfinale kommen. Ich hoffe, dass es klappt für mich."

Vorundenfinale für Zverev gegen John Isner

Nun hat die Ausgangslage für den 21-jährigen Hamburger sozusagen einen Wiedererkennungseffekt, denn wie bei seiner WM-Premiere im vorigen Jahr entscheidet sich sein sportliches Schicksal im letzten Gruppenmatch gegen einen amerikanischen Rivalen. 2017 scheiterte Zverev bitter gegen Jack Sock, den damaligen Überraschungsmann der Branche, im finalen Zweikampf der Vorrunde. Nun muss er am Freitag gegen John Isner, den 2,07-Meter-Riesen, auf den Centre Court, in einem Match mit ganz besonderer Note. Denn Isner, der Gigant, ist Zverevs bester Freund auf der Tennistour. Noch vor dem ersten Ballwechsel des Turniers hatte Zverev gesagt, er wünsche Isner gegen jeden Gegner der Welt jederzeit einen Sieg, „nur nicht gegen mich selbst.“

Ohnehin wird das Ganze wie immer bei diesem Championat zu einem Rechenspiel mit vielen Möglichkeiten zur Qualifikation fürs Halbfinale – oder auch zum Scheitern. Abzuwarten bleibt dabei auch, wie das Gruppenspiel zwischen Isner und dem Kroaten Marin Cilic ausgeht – die Partie war erst nach Redaktionsschluß dieser Ausgabe beendet.

Enttäuschung über vergebene Breakbälle

In jedem Fall muss Zverev noch kühler und entschiedener die wenigen Möglichkeiten nutzen, die sich ihm bei Matches auf diesem Niveau und speziell bei diesem Turnier eröffnen. Die Enttäuschung über die beiden vergebenen Breakbälle bei 4:4-Gleichstand im ersten Satz hingen dem Deutschen bis zum letzten Punkt gegen Djokovic nach. Fast typisch: Kurz nach den selbst ausgelassenen Führungschancen schlug Djokovic bei der erstbesten Möglichkeit zu und sicherte sich den ersten Satz mit 6:4.

Zverev begann wenig später zu hadern und zu lamentieren, schimpfte auch in Selbstgesprächen mit Blick zu seiner Trainercrew -- während Djokovic in aller Seelenruhe seine Führung weiter ausbaute und damit zu seinem zweiten Gruppensieg kam. Er untermauerte aufs Neue ausdrücklich, warum er als haushoher Favorit auch auf diesen letzten Titel des Jahres gilt, den größten Titel, den es außerhalb der Grand Slams zu verteilen gibt. „Es war jetzt kein überragendes oder atemraubendes Match“, sagte Djokovic nach dem Erfolg, „aber ein Sieg ist ein Sieg. Ich dachte, es würde noch schwerer für mich.“