Dublin/Essen. Obwohl es in der Qualifikation für die EM 2020 zum Wiedersehen mit den Niederländern kommt, lost die Löw-Elf machbare Gegner.

Erste Reihe war gestern. Joachim Löw saß als Abgesandter des deutschen Fußballs in Reihe sechs des Auditoriums in Dublin. Im entscheidenden Moment, als das kleine Papierchen mit der Aufschrift "Germany" gezogen wurde, schien der Bundestrainer zu weit weg zu sein vom Geschehen auf der Bühne. Er beugte sich nach vorn, ganz so als traue er seinen Augen nicht.

Doch aus der Ahnung wurde schnell Gewissheit: Deutschland darf nach der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Europameisterschaft 2020 zuversichtlich sein, das paneuropäische Turnier (12. Juni bis 12. Juli 2020) in zwölf Ländern auch zu erreichen.

In der Gruppe C kommt es zwar zum schnellen Wiedersehen mit den Niederlanden, die sich den Status als Gruppenkopf auch in den Duellen mit Deutschland in der Nations League erspielten. 0:3 und 2:2 lauteten die Ergebnisse aus Sicht der Nationalelf im Oktober und November 2018. Doch in die EM-Qualifikation gehen die Nachbarn als favorisiertes Duo, weil sich entgegen der Befürchtungen ansonsten nur noch überschaubar beeindruckende Gegner hinzu gesellten: Nordirland, Estland und Weißrussland.

Die EM-Qualifikationsgruppe C:

  • Niederlande
  • Deutschland
  • Nordirland
  • Estland
  • Weißrussland

Die beiden Gruppenersten aller zehn Qualifikationsgruppen lösen die Startberechtigung. Vier weitere Teilnehmer werden im März 2020 in Play-offs zwischen noch nicht qualifizierten Nations-League-Startern ausgespielt. Aber wenn alles normal läuft, wird Deutschland nicht auf dieses komplizierte Prozedere angewiesen sein.

"Die Gruppe ist normal schwierig. Wir sind uns unserer eigenen Stärken bewusst. Wir gehen selbstbewusst in die Qualifikation, aber wir wollen nicht überheblich sein", sagte Löw, nachdem er sich wieder zurückgelehnt hatte: "Die Niederlande und Deutschland sind die Favoriten, sie sollten sich normalerweise qualifizieren." Und auch Oliver Bierhoff, Direktor Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) gab sich zuversichtlich: "Es hätte uns schwerer treffen können. Wir freuen uns, dass wir die Revanche gegen die Niederlande haben. Wir wissen, dass unser Weg zurück an die Weltspitze über schwere Gegner führen muss."

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Auf Nordirland traf die deutsche Mannschaft schon in der Qualifikation für die WM 2018 sowie bei der EM 2016 in Frankreich (1:0). Gegen Estland stehen drei Spiele und drei Siege in der Länderspielhistorie -- allerdings alle aus den 1930er Jahren. Und gegen Weißrussland ist die Länderspielbilanz gar ausgeglichen: das einzige Spiel bislang endete 2008 in Kaiserslautern mit 2:2.

Fünfergruppe ermöglicht Testspiele

Weil Deutschland in eine Fünfergruppe gelost wurde, wird Löw einen der fünf Doppelspieltage im März, Juni, September, Oktober und November für Testspiele nutzen können. Der Bundestrainer wünschte sich sogleich Argentinien und Brasilien als Gegner. Der europäische Verband lässt in den freien Terminen aber nur Partien zwischen Teams aus Europa zu. Bierhoff aber will eine Ausnahme bei der Uefa erwirken.

Doch auch jene Tests bieten ideale Bedingungen, um umzusetzen, was auf der Agenda steht. "Es gibt zwei wichtige Themen: Die Qualifikation schaffen und den jungen Spielern Raum geben. Sie sollen sich weiterentwickeln und sie sollen Verantwortung übertragen bekommen", sagte Löw, der durch das blamable Vorrunden-Aus bei der WM und die enttäuschenden Ergebnisse samt Abstieg in der Nations League schwer in die Kritik geraten ist und erst im Spätherbst einen sichtbaren Umbruch in die Wege leitete. DFB-Präsident Reinhard Grindel sprach aus, was der Erwähnung kaum bedurfte: "Angesichts dieser Gruppe muss man sich für die EM 2020 qualifizieren." Man gleich Löw.

Löw und der Umbruch

Doch gegen den Vorwurf, dem Umbruch zu spät eingeleitet zu haben, wehrte sich Löwin Dublin: "Vor der WM gab es keinen Anlass. Es hätte niemand verstanden, wenn wir vor der WM sieben oder acht Stammspieler austauscht hätten. Der Umbruch muss jetzt stattfinden. Ich habe das Gefühl, dass er jetzt richtig ist", sagte Löw, verwies aber auch auf die besonderen Umstände im Nationalteam: "Der Umbruch bei der Nationalmannschaft ist nie einfach. Man sieht sich zu wenig, das bringt Schwierigkeiten mit sich. Wir haben einen guten Anfang gemacht und sind auf einem guten Weg. Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, ständig neue Spieler zu bringen."

Es wird spannend zu verfolgen sein, wie die Mannschaft aussehen wird, die 2020 an den Start gehen wird, wenn 60 Jahre nach der ersten Europameisterschaft das Turnier zu einem internationalen Spektakel werden soll. Das Eröffnungsspiel steigt in Rom, die Halbfinals und das Finale in London. In München werden vier Spiele ausgetragen. Die weiteren Spielorte: Glasgow, St. Petersburg, Amsterdam, Baku, Bilbao, Bukarest, Budapest, Kopenhagen und Dublin. Die größte EM aller Zeiten ohne die deutsche Mannschaft -- bleibt nach den geltenden Regeln der Wahrscheinlichkeit nur eine Horrorvorstellung.

Die Gruppen der EM-Qualifikation im Überblick:

  • Gruppe A: England, Tschechien, Bulgarien, Montenegro, Kosovo
  • Gruppe B: Portugal, Ukraine, Serbien, Litauen, Luxemburg
  • Gruppe C: Niederlande, Deutschland, Nordirland, Estland, Weißrussland
  • Gruppe D: Schweiz, Dänemark, Irland, Georgien, Gibraltar
  • Gruppe E: Kroatien, Wales, Slowakei, Ungarn, Aserbaidschan
  • Gruppe F: Spanien, Schweden, Norwegen, Rumänien, Färöer, Malta
  • Gruppe G: Polen, Österreich, Israel, Slowenien, Mazedonien, Lettland
  • Gruppe H: Frankreich, Island, Türkei, Albanien, Moldau, Andorra
  • Gruppe I: Belgien, Russland, Schottland, Zypern, Kasachstan, San Marino
  • Gruppe J: Italien, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Griechenland, Armenien, Liechtenstein