Amsterdam. Der Neuaufbau der Nationalmannschaft nach der WM liegt erst einmal in Trümmern. Und es sind nun grundsätzliche Fragen zu klären.

Joachim Löw hatte für diesen Abend einen schwarzen Rollkragenpullover gewählt. Stilsicher wie immer wirkte der Bundestrainer zumindest modisch. Doch um ihn herum hat sich fast alles verändert. Er ist nicht mehr der umjubelte Lieblingstrainer der Deutschen, sondern einer, der den nächsten sportlichen Trauerfall nicht nur erklären muss, sondern zu verantworten hat. Mit 0:3 (0:1) war die Nations-League-Partie in den Niederlanden verloren gegangen. Es war die höchste Niederlage, die eine Mannschaft des Deutschen Fußball-Bundes jemals beim ungeliebten Nachbarn erleben musste.

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„Das ist eine sehr brutale und enttäuschende Niederlage vor allem auch in der Höhe“ begann Löw seine Einlassungen zu den 90 Minuten zuvor und suchte die Erklärung auch in dem Selbstbewusstsein, das seiner Mannschaft gerade fehle. Das hätte sie in guten Zeiten immer über schwierige Momente hinweggetragen. Nun, sagt Löw, reichten eine vergebene Chance oder ein Gegentreffer, um Zweifel auszulösen. „Man spürt förmlich, dass das Selbstbewusstsein fehlt und sieht, wie wir nach dem Gegentreffer von unserer Linie abkommen. Das wäre uns vielleicht vor ein paar Monaten noch nicht passiert.“ Doch Löw ist auch enttäuscht von seinem Team: „Was nicht passieren darf, ist, dass wir zum Schluss so auseinanderfallen, dass keiner mehr Verantwortung übernimmt.“

Löw verteidigt seine Treue zu den Spielern

Der Neuaufbau nach der WM liegt erst einmal in Trümmern. Und es sind nun grundsätzliche Fragen zu klären. Erneut zu klären. Zum Beispiel die, ob es mit Löws geliebter Achse aus Torwart Manuel Neuer, den Innenverteidigern Jerome Boateng und Mats Hummels, Mittelfeldkönner Toni Kroos und Offensivmann Thomas Müller als solcher weitergehen kann und wird. Bei aller potenzieller Qualität wirkte genau diese Achse zum wiederholten Mal brüchig.

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Zumindest kurz nach dem Spiel verteidigte Löw seine Treue zu diesen Spielern und den Verzicht auf junge Spieler wie Leroy Sané und Julian Brandt in der Startelf. „Niemand wird dem nach dem War-Zustand bewertet, sondern nach dem Ist-Zustsand. Vor vier Wochen haben wir mit Hummels, Boateng, Kroos und Müller ein gutes Spiel gegen den Weltmeister Frankreich gemacht. Man braucht ein paar Spieler, die Erfahrung haben, die schon etwas erreicht haben.“

Zukunft des Bundestrainers steht auf der Kippe

Doch in den Niederlanden ging dieser Versuch schmerzlich daneben, was den Abstieg aus der Nations-League-Gruppe 1 zu einem sehr realistischen Szenario macht. „Der Abstieg ist nicht unbedingt wünschenswert“, sagt Löw, gibt sich aber kämpferisch. „Jetzt gilt es, in den nächsten ein, zwei Tage Gespräche zu führen, alles genau unter die Lupe zu nehmen. Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen und in Paris als Mannschaft – und jeder Einzelne – Charakter zeigen. Wir müssen ausblenden, was jetzt auf uns einprasseln wird.“

Denn auch die Zukunft des Bundestrainers steht auf der Kippe. Ob dies jetzt eines der letzten Spiele gewesen sei, wurde Löw gefragt. „Da müssen wir einen anderen Verantwortlichen holen, der die Frage beantwortet“, sagte er. Ob es denn eine theoretische Möglichkeit ist, dass er von sich aus zurücktritt. „Im Moment nicht.“