Sotschi. Gegen Spanien war Ronaldo wieder der Mann des Spiel. Anders als bei Real ist der 33-Jährige im portugiesischen Team der alleinige Chef.

Er kann es einfach nicht lassen, dieses Ritual beim Freistoß. Wenn sich Cristiano Ronaldo den Ball zurechtlegt, dann vier, fünf Schritte zurückschreitet und breitbeinig mit herausgestreckter Brust auf die Freigabe des Balls wartet, provoziert er Pfiffe und Buhrufe.

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Er bringt zumindest jene Zuschauer im Stadion gegen sich auf, die nicht Fußball-Fans seiner Mannschaft sind und erst recht jene, die ihn sowieso für einen eitlen Gockel halten. Und am Freitag beim Auftaktspiel zwischen Portugal und Spanien in Sotschi waren seine Gegner eindeutig in der Überzahl, als er kurz Schluss zum Freistoß antrat und tat, was immer tut.

Es war ziemlich mutig von Ronaldo, denn er konnte ja nicht damit rechnen, dass er erfolgreich sein würde, er war dies in den 46 Versuchen bei großen Turnieren auch nicht gewesen. Doch diesmal zirkelte der 33-jährige Portugiese den Freistoß, den er selbst gegen Gerard Piqué herausgeholt hatte, ins Netz zum 3:3-Endstand und krönte seine herausragende Leistung.

Er spielt schon so lange auf dem höchsten Niveau“, sagte später Portugals Nationaltrainer Fernando Santos. „Er weiß, wie er mit diesen Momenten umgehen muss.“

Ominöse Jubelgeste

Ganz sicher hätte Ronaldo auch ohne diesen Geniestreich am Ende des furiosen Spiels zwischen dem aktuellen Europameister und dem Weltmeister von 2010 viel Lob bekommen. Er hatte seine Mannschaft zweimal in Führung gebracht, zuerst mit einem Elfmeter, den er gegen seinen Noch-Klubkollegen von Real Madrid, Nacho, herausgeholt hat.

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Danach jubelte er mit einer ominösen Ziegenbart-Geste, die viele als Seitenhieb auf seinen ewigen Widersacher Lionel Messi interpretierten. Der Argentinier hatte sich vor der WM für einen Sponsor zwischen Ziegen ablichten lassen. Weil die englische Übersetzung „Goat“ auch eine Abkürzung für „Greatest of all Times“ (Größter aller Zeiten“) ist.

Der vielleicht Größte legte noch einmal nach, diesmal allerdings mit einem haltbaren Distanzschuss, den der spanische Torhüter David de Gea durchrutschen ließ. Die drei Tore seien „ein schöner Erfolg, ein weiterer in meiner Karriere“, sagte Ronaldo. Er war der Mann des Abends, in fast jeder Hinsicht.

Er trieb seine Kollegen immer wieder nach vorn, brillierte nicht nur, sondern kämpfte auch, vor allem in jenen Phasen, in denen Portugal das Spiel aus der Hand geglitten war. Ronaldo sei körperlich in einem sehr guten Zustand, findet Santos, „aber noch wichtiger ist seine mentale Fitness. Er ist unglaublich stark im Kopf“.

CR7 darf der Chef sein

Der dreimalige Weltfußballer mag die Ein-Mann-Show, aber dazu braucht er ein Team, bei dem er der alleinige Chef sein darf – und das darf er bei Portugal. Mit dem EM-Titel vor zwei Jahren ist der Titel-Makel mit dem Nationalteam getilgt. Die Kollegen wissen, es kann keiner so gut wie Ronaldo. „Er gibt uns unglaubliche Sicherheit“, sagt sein portugiesischer Mannschaftskollege Cedric.

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Bei Real Madrid ist das anders. Da gibt es viele Häuptlinge. Und obwohl Ronaldo sicher der Beste ist, muss er die Bewunderung teilen. Bei seinem Verein wirkte er am Ende der Saison müde und etwas unmotiviert. Nach dem dritten Champions-League-Triumph sorgte er mit kryptischen Aussagen über seine Zukunft beim spanischen Rekordmeister für Spekulationen. Aber nun bei der WM habe er „erneut unter Beweis gestellt, dass er der beste Spieler der Welt ist“, sagt Cedric. „Er hat es allen gezeigt.“ Wieder einmal.