Leipzig. Der DFB geht zum Abschluss des desolaten Jahres 2018 in die Fan-Offensive. Bei einem Schulbesuch werden auch pikante Fragen gestellt.

Beim Ticketverkauf halten sich die Anhänger von Joachim Löw und seiner abgestürzten Nationalmannschaft noch zurück, von den jungen Fußballfans in Leipzig aber wurden die DFB-Stars schon wieder kräftig gefeiert. In den Trubel um Manuel Neuer, Timo Werner, Leroy Sané und Julian Brandt bei einem Besuch in der 94. Oberschule der sächsischen Stadt mischte sich am Dienstag dabei auch einiges Pikantes. Ein Schüler aus der 5. Klasse eröffnete die ungewöhnliche Fragestunde mit einer Abordnung der DFB-Elf am Dienstag gleich mit der Frage an Angreifer Sané: "Wie findest Du es, dass Mesut Özil nicht mehr für Deutschland spielt?"

Der sonst so reaktionsschnelle Angreifer von Manchester City musste in der mit 200 Schülerinnen und Schülern voll besetzten Aula kurz innehalten. Immerhin ist er mit Özil, der nach der blamablen WM mit vielen Missverständnissen und Vorwürfen aus dem Nationalteam zurückgetreten war, befreundet. "Es ist schade, ich hätte gern noch länger mit ihm zusammengespielt", antwortete Sané dann und schloss brav an: "Leider ist es so. Es gibt noch weitere gute Spieler, mit denen ich mich gut verstehe und von denen ich viel lernen kann."

DFB-Kapitän Neuer blickt nach vorne

Joachim Löw hat noch immer keinen Kontakt bekommen zu seinem einstigen Lieblingsspieler Özil, verriet der Bundestrainer in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Seine Spieler genossen es, beim Schulbesuch nicht mehr über das bisher so desaströse Jahr 2018 gefragt zu werden, sondern über die nun noch anstehenden Aufgaben. "Wir wollen natürlich das nicht positive Jahr gut zu Ende bringen. Wir wollen zwei Spiele gewinnen, das ist das klare Ziel", verkündete Kapitän Neuer kämpferisch in der Schülerrunde.

Löw verlangt von seinem Personal zum Abschluss des verkorksten WM-Jahres am Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Russland und vier Tage später gegen Holland Leidenschaft und Einsatzwillen wie zuletzt gegen Weltmeister Frankreich. "Das kann man schon erwarten", sagte Löw. Ausgerechnet der formstarke Marko Reus bereitet dem Weltmeistercoach von 2014 wieder einmal Kummer: Der zuletzt blendend aufgelegte Dortmunder leidet an einer Fußprellung und konnte am Dienstag auf dem Übungsgelände von RB Leipzig nicht mit trainieren.

Fragen zur Verfassung von Reus

Details darüber, ob Reus das Testspiel gegen die Sbornaja oder gar das mögliche Abstiegs-Endspiel in der Nations League am kommenden Montag gegen die Niederlande verpassen könnte, gab es zunächst nicht. Löw hat für den 29 Jahre alten Reus, der bei seinem Club "endlich wieder eine starke Phase" hat, eigentlich eine Hauptrolle reserviert: "In dieser Verfassung kann er auch der Nationalmannschaft Rückenwind geben. Das erhoffe ich mir auch von ihm. Ich wünsche ihm, dass diese Phase nun auch länger bei ihm anhält." In der Vergangenheit hatte der DFB-Chefcoach schon öfter die bittere Erfahrung machen müssen, dass Reus größeren Belastungen körperlichen Tribut zollen musste.

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Wie Löw die Doppelbelastung im sportlich wenig wertvollen Test gegen die vom einstigen Löw-Schützling Stanislaw Tschwertschessow (beim FC Tirol) trainierten Russen und dem möglichen Abstiegs-Endspiel gegen die Niederländer aufteilt, ist noch offen. Real-Madrid-Star Toni Kroos darf bis zum Spiel gegen Oranje eine Erholungspause einlegen, Julian Draxler von Paris Saint-Germain fehlt in Leipzig wegen eines Trauerfalls in der Familie. Bei der ersten Übungseinheit auf dem Gelände von RB Leipzig waren 17 Feldspieler und drei Torhüter dabei.

Bierhoff schweigt beim Thema Boateng-Rückkehr

Im Gegensatz zum 1:2 in Paris im Oktober sollen diesmal neben der Leistung aber auch die Ergebnisse stimmen. "Das wäre natürlich schön, das Jahr so abzuschließen. Ich glaube, das würde uns gut tun", drückte Löw seine Hoffnung auf zwei Siege aus. Dass es der 58-Jährige nun ernster meint mit einem Umbruch, verdeutlichte der Verzicht auf einen weiteren der Weltmeister von 2014 nach Sami Khedira. Ob und wann der Münchner Jérôme Boateng wieder ins DFB-Team zurückkehrt, wollte zumindest Manager Oliver Bierhoff nicht beantworten.

"Die Interpretation überlasse ich der Öffentlichkeit", antwortete Bierhoff auf die Frage, wie denn die Pause für den 30-jährigen Boateng zu verstehen sei. Eine finale Aussage könne und brauche man dazu aus Sicht der Nationalmannschaft auch gar nicht geben: "Wir müssen den Spielern bei uns keinen Vertrag geben. Jogi hat klar gemacht, wir wollen das Gesicht des Teams ändern, jungen Spielern mehr Platz geben. Wir wissen aber auch, das ist ein Prozess."

Werner: "Russland sollte uns Aufschwung geben"

Für Lokalmatador Werner ist auch die nähere Zukunft wichtiger: "Es sind zwei schöne Spiele. Das wichtigere ist gegen Holland, aber das gegen Russland sollte uns ein bisschen Aufschwung geben, dass wir ein gutes Spiel machen für Montag!", sagte der Leipziger Angreifer vor seinem Länderspiel-Heimauftritt.

Werner hofft noch darauf, dass sich die Fans kurzfristig für einen Besuch im Stadion entscheiden. Bislang sind erst rund drei Viertel der 42 000 Eintrittskarten für die Partie in der Red-Bull-Arena verkauft. "Es gibt sicher viele Komponenten, am Ende hängt es mit uns zusammen", sagte Manager Oliver Bierhoff zu den drohenden leeren Plätzen: "Es gilt, mit Leistung und tollem Fußball wieder Freude auf die Nationalmannschaft zu machen. Dann werden wieder mehr Zuschauer kommen."

Die jungen Anhänger in der 94. Oberschule Leipzig hat die Nationalelf schon einmal neu begeistert. (dpa)