Frankfurt/Main. Der Machtkampf beim DFB geht in eine neue Runde. Ein zentraler Streitpunkt ist noch immer der Umgang mit der Sommermärchen-Affäre.

Das Schneegestöber am Dienstag rund um die DFB-Zentrale hätte es gar nicht mehr gebraucht, um endgültig den Durchblick beim eskalierten Machtkampf an der Verbandsspitze zu verlieren. Dass nun sogar ein Untersuchungsausschuss die Verhältnisse zwischen den Fraktionen um Präsident Fritz Keller auf der einen und Generalsekretär Friedrich Curtius auf der anderen Seite klären soll, ist selbst für den krisengeplagten Deutschen Fußball-Bund (DFB) ein Novum in seiner 121-jährigen Geschichte.

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Der Blick auf die Aufgaben eines Untersuchungsausschusses in der Politik reicht aus, um die zugespitzte Lage beim DFB zu erkennen. In Berlin werden Skandale und Affären durch dieses Instrument aufgearbeitet, meist steht die Zukunft der Verantwortlichen auf dem Spiel. Um dasselbe geht es beim Hauen und Stechen in Frankfurt/Main. Der Showdown in dem beispiellosen Gerangel an der Spitze steht nach Monaten der Auseinandersetzung offenbar bevor - auch wenn offiziell keiner darüber reden möchte.

Keller ärgert sich über Indiskretionen

„Das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat in seiner Sitzung am 23. Oktober 2020 beschlossen, an mehr Geschlossenheit an der Führungsspitze zu arbeiten, um im Interesse des Verbandes und aller Mitglieder gemeinsam nach vorne zu schauen“, ließ der Verband dem SID als Begründung für eine ausbleibende Stellungnahme zu den Berichten ausrichten: „Dabei sollen weiterhin die Interessen des Fußballs im Vordergrund stehen und der bereits eingeschlagene Veränderungsprozess fortgesetzt werden. An dieser Absprache halten wir fest.“

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Dennoch ist durchgesickert, dass Keller einen „internen Untersuchungsausschuss“ einsetzen will. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, möchte der DFB-Boss damit unter anderem die zahlreichen Indiskretionen der vergangenen Monate begutachten und sachlich aufarbeiten lassen.

Ausschuss mit Präsidiumsmitgliedern und Wirtschaftsprüfern

Dieses Anliegen kommt nicht ungefähr. Schließlich hatten diese Indiskretionen Keller massiv geschadet, die Informanten werden deshalb unter den internen Gegnern des Präsidenten vermutet. Laut der Bild-Zeitung soll sich das Präsidium am Freitag mit der Einsetzung eines U-Ausschusses beschäftigen.

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Was der Präsident mit seinem Schritt plant, ist klar: Der 63-Jährige möchte seinen Kontrahenten Curtius kaltstellen und die Oberhand im Verband zurückgewinnen. Laut SZ wolle Keller „vollumfänglich die Informationen bereitstellen, die mir vorliegen und die mich dazu gebracht haben, kein Vertrauen in die Zusammenarbeit mit Friedrich Curtius mehr zu haben“. Nach den Vorstellungen Kellers sollen dem U-Ausschuss drei bis vier Präsidiumsmitglieder und ein Wirtschaftsprüfer angehören.

Keller ist bereits erheblich geschwächt

Ob das Präsidium seinem Chef folgt, scheint allerdings mehr als fraglich. Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass hohe Amateurvertreter wie Vizepräsident Rainer Koch oder auch Schatzmeister Stephan Osnabrügge im Lager von Curtius stehen. Die drei haben auch die Mehrheit im mächtigen Präsidialausschuss - wo ihnen Keller und dessen getreuer Vize Peter Peters gegenüberstehen.

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Es wird vermutet, dass zahlreiche Präsidiumsmitglieder gegen einen Untersuchungsausschuss sind. Sollte Kellers Vorhaben scheitern und sich am Ende „lediglich“ das Präsidium in einer Sondersitzung mit dem Machtkampf beschäftigen, wäre das eine weitere Niederlage für den vom Profifußball vorgeschlagenen und gestützten Keller.

Streitpunkt ist der Umgang mit dem Sommermärchen

Im Grunde müsste dann der dritte Präsident in Folge vorzeitig das Handtuch werfen. Sollte Keller schon nach 16 Monaten seinen Platz an der Spitze räumen, wäre das der GAU für den DFB, der dann endgültig als unregierbar gelten würde.

Die Ursachen des Konflikts zwischen Keller und Curtius sind mannigfaltig. Ein zentraler Streitpunkt soll der Umgang mit dem Wirken der externen Ermittler der Firma Esecon sein, die seit mehr als eineinhalb Jahren im Verband zugange sind. Ende Januar soll ihr Bericht zur sogenannten Generalinventur vorliegen, inklusive neuen Erkenntnissen zu den Ungereimtheiten rund um die Vergabe der WM-Endrunde 2006. (sid)