Berlin. Nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen gibt es im Parlament einen arithmetischen Gewinner. Einen moralischen gibt es nicht.

Thüringen hat wieder einen regulären Ministerpräsidenten. Den zweiten innerhalb von vier Wochen. Der Linke-Politiker Bodo Ramelow wurde – mutmaßlich mit den Stimmen von Rot-Rot-Grün – gewählt. Er wird nun eine Minderheitsregierung bis zu den vorgezogenen Neuwahlen im April 2021 führen. Das politische Drama, es hat ein vorläufiges Ende gefunden.

Es gibt einen arithmetischen Gewinner. Einen moralischen gibt es nicht. Die Vorgänge im Februar haben die Parteien beschädigt, allen voran FDP und CDU. Thüringen wird lange ein Synonym für die Krise des politischen Systems bleiben. Menschlich ist es ebenfalls tragisch. Die Protagonisten, CDU-Landeschef Mike Mohring und der Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich von der FDP, werden unter den Wunden, die sie sich teils aus eigenem Verschulden zugefügt haben, lange leiden.

Thüringen: Ramelow setzte wichtige Zeichen der Versöhnung

Ramelow, der bei den Thüringern beliebte Ministerpräsident, tut nun gut daran, das Land behutsam zu regieren und Rücksicht auf das Zustandekommen seiner Wahl zu nehmen. Die Erklärung nach seinem Amtsantritt war ein Schritt in die richtige Richtung. Er reichte FDP und CDU die Hand zur Versöhnung. Und setzte ein klares Zeichen. Er verweigerte AfD-Landeschef Björn Höcke den Handschlag und begründete dies damit, dass die AfD vor vier Wochen den Demokraten eine Falle gestellt und die Demokratie missbraucht habe.

Bodo Ramelow (Linke) verweigerte Björn Höcke (AfD) nach der Ministerpräsidenten-Wahl den Handschlag.
Bodo Ramelow (Linke) verweigerte Björn Höcke (AfD) nach der Ministerpräsidenten-Wahl den Handschlag. © AFP | Jens Schlueter

Die CDU wiederum war diesmal offenbar geschlossen, blieb bei dem, was sie vor der Wahl gesagt hatte, und enthielt sich. Dieses Abstimmungsverhalten hätte man auch vor vier Wochen zeigen müssen. Dass die Landespartei sich nun personell neu aufstellt, ist bitter nötig.

Die FDP wiederum nahm am Mittwoch gar nicht an der Wahl teil, die Abgeordneten blieben auf ihren Plätzen, warum auch immer. Die gesamte Partei wieder in die Spur zu schicken – ein langer Weg.