Moskau. Oleksij Makejew spricht Deutsch und könnte nach Andrij Melnyk ukrainischer Botschafter in Deutschland werden. Leise wird auch er nicht.

Er ist kein so ausgesprochen adretter Mann wie Andrij Melnyk, aber auch er trägt gern auffällige Brillen – und laut werden kann er ebenfalls: Oleksij Makejew, Jahrgang 1975, könnte die Nachfolge des streitlustigen Melnyks als ukrainischer Botschafter in Deutschland antreten.

Nach Informationen von RTL will Kiew seine Entsendung nach Berlin in den nächsten zwei Wochen bekannt geben. Bleibt abzuwarten, ob Makejew seine Mission in Deutschland ähnlich aggressiv interpretieren wird wie sein Vorgänger.

Makejew ist wohl das, was man einen Karrierediplomaten nennt. Er studierte an der Kiewer Nationaluniversität internationale Beziehungen, trat mit 21 Jahren in den diplomatischen Dienst, arbeitete in den ukrainischen Vertretungen in Bern und Berlin, spricht neben Englisch und Russisch auch Deutsch.

Ukraine: Makejew wurde erster Sonderbeauftragter für Sanktionspolitik

Er gilt als Experte für internationale Sicherheit, im Revolutionsjahr 2014 wurde er Direktor der politischen Abteilung des Außenministeriums, im Mai 2020 ernannte ihn Außenminister Dmytro Kuleba zu seinem ersten Sonderbeauftragten für Sanktionspolitik. Makejew erstellte ein Sanktionsregister, wo Behörden und ausländische Firmen überprüfen können, ob ein Verhandlungspartner von internationalen oder ukrainischen Strafmaßnahmen betroffen ist. Aber vor allem ist es sein Job, ausländische Staaten und Verbündete, etwa die G7-Staaten oder die EU, und ihre Sanktionspolitik im Sinne Kiews zu beeinflussen.

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Seit dem 24. Februar sieht man sich dort im blutigen Abwehrkampf gegen Wladimir Putins „Kriegsspezialoperation“, es gilt jetzt als Aufgabe der ganzen Nation, im westlichen Ausland Werbung für die ukrainische Sache zu machen.

Makejew persönlich rief seine Landsleute anlässlich der Eröffnung eines neuen Sanktionsportals auf, den Bürgern der euroatlantischen Gemeinschaft auch in den sozialen Netzen zu erklären, dass Strafmaßnahmen genau das seien, was der Ukraine siegen helfe. „Reden Sie mit ihren Bekannten in allen Ländern und überzeugen Sie sie, nicht einfach zuzusehen, während die Ukraine für die ganze Welt kämpft.“

Deutschland gilt unter den Verbündeten als unsicherer Kandidat

Diplomatie ist heute kein Synonym mehr für stille Verhandlungsarbeit hinter einem Schirm der Höflichkeit. Seit Jahren veranstalten Außenminister und Botschafter regelrechte Propagandafeldzüge, gerade Russland zeigt, dass die Stärke der Argumente oft in Dezibel gemessen wird.

„Wir kämpfen nicht nur für unsere Freiheit, wir kämpfen um unser Überleben. Wenn die Ukraine verliert, wird es keine Ukraine mehr geben. Und keinen Frieden in Europa“, schrieb Makejew im Mai auf Facebook. Und der Westen solle keine Eingeständnisse von der Ukraine erwarten. „Wäret Ihr bereit, einen Teil Eures Territoriums dem russischen Mobber abzugeben? Oder ein Teil Eurer Freiheit?“ Die Ukraine bräuchte keine Vermittler, sondern Verbündete. „Bleibt bei uns! Wir werden uns durchsetzen!“

Deutschland gehört aus ukrainischer Sicht zu den unsicheren Kandidaten unter den Verbündeten, verzögert versprochene Waffenlieferungen, setzte lange auf russische Gaslieferungen und debattiert in Intellektuellenbriefen über eine „Kompromisslösung“ zwischen Moskau und Kiew, die deren Gebietsverluste seit Februar festschreiben würde. Sollte Makejew nach Berlin wechseln, ist damit zu rechnen, dass auch er Reden führen wird, die nicht allen dort gefallen werden.

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