Berlin. Vielen galt er als bürgerlicher Vertreter einer radikalen Partei. Doch am Rechtsruck der AfD hat er fleißig mitgewirkt. Höcke wird es freuen.

Jörg Meuthen war längst allein, längst auf verlorenem Posten an der Spitze der selbsternannten „Alternative für Deutschland“. Nun kündigte der 60 Jahre alte Parteichef seinen Rücktritt an. Vom Amt – und aus der Partei. Nach dem Abgang von Bernd Lucke und Frauke Petry ist es die dritte Kapitulation vor den rechtsradikalen Kräften in der Partei. Meuthens Niederlage ist Björn Höckes Triumph.

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Meuthen hatte schon lange keinen Zugriff mehr auf die entscheidenden Akteure in der Partei, etwa auf Tino Chrupalla oder Alice Weidel. Und schon gar nicht auf die Hasstreiber um Alexander Gauland und Höcke. Meuthen war schon lange zahnlos, machtlos – ohne Kompass und Kurs hielt er an einem Amt fest, von dem er wohl selbst am Ende nicht mehr wusste, für was es noch taugt.

Das Ressentiment ist der Leitgedanke der AfD

Die AfD durchlebt die nächste Häutung. Hetze gegen Minderheiten, gegen Fremde, gegen die angebliche „Corona-Diktatur“, gegen die „Lügenpresse“, gegen Klimaaktivisten – all das wird noch stärker zur DNA dieser Partei werden. Meuthen, der Wirtschaftsprofessor aus dem Westen, gab noch ein wenig das bürgerliche Lächeln zu einer Flügel-AfD, deren Leitgedanke das Ressentiment ist.

Jörg Meuthen (l-r), Bundesvorsitzender der AfD, Tino Chrupalla, Bundesvorsitzender der AfD, und Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion – längst war die Führung der Partei zerstritten.
Jörg Meuthen (l-r), Bundesvorsitzender der AfD, Tino Chrupalla, Bundesvorsitzender der AfD, und Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion – längst war die Führung der Partei zerstritten. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Dabei war es Meuthen selbst, der die Rechtsradikalen nicht nur lange in der Partei tolerierte, sie schonte – sondern auch mit ihnen paktierte. Meuthen hat sicherlich versucht, den Machtkampf mit den Rechtsaußen in den eigenen Reihen zu führen. Ein Kampf, den er entschlossen führte, aber vor allem aus machttaktischen Gründen.

Viel zu spät kommt Meuthens Rückzug aus der AfD, um glaubhaft zu sein. Und möglicherweise ist dies auch eher Strategie als Haltung. Bald entscheidet sich, ob der Verfassungsschutz die AfD beobachten wird. Stark sieht es danach aus. Professor Meuthen wäre dann offiziell „Extremist“. Nicht gut für eine bürgerliche Fassade.