Das Urteil in Deutschland gegen einen syrischen Folterer setzt ein Signal gegen Straflosigkeit, meint unsere Autorin Gudrun Büscher.

Es war ein historischer Prozess, der jetzt nach 108 Verhandlungstagen in Koblenz zu Ende ging: der weltweit erste Strafprozess zu Staatsfolter in syrischen Gefängnissen. Die deutsche Justiz urteilte über Repräsentanten des syrischen Staates. Das gab es noch nie.

Gudrun Büscher, Politik-Korrespondentin
Gudrun Büscher, Politik-Korrespondentin © Reto Klar | Reto Klar

Lebenslange Haft lautet das Urteil gegen Anwar R. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 27-fachen Mordes, gefährlicher Körperverletzung in 25 Fällen, besonders schwerer Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung, Geiselnahme und sexuellen Missbrauchs von Gefangenen.

Wer die Bilder der Opfer gesehen hat, ihre Geschichten im Gerichtssaal gehört hat, vergisst sie nie wieder. Der 58-jährige Angeklagte trug als Geheimdienst-Oberst die Verantwortung für das Foltern und Morden im berüchtigten Al-Khatib-Gefängnis in Damaskus.

Folterer kam als Flüchtling nach Deutschland

Anwar R. floh aus Syrien und kam nach Deutschland. Hier erhielt er Schutz, genau wie einige seiner Opfer, von denen eines ihn wieder erkannte.

Die Verbrechen, die er verübte, sind so abscheulich, dass das Weltrechtsprinzip zum Tragen kam, das seit 2002 Teil des deutschen Völkerstrafgesetzbuchs ist. Damit ist die deutsche Justiz auch dann zuständig, wenn sie anderswo auf der Welt begangen wurden.

Dafür hat sich Deutschland seit vielen Jahren eingesetzt. Das Urteil war deshalb konsequent. Es sagt den Schlächtern und Folterern: Es gibt keinen Unterschlupf, keinen sicheren Hafen. Ihr werdet zur Verantwortung gezogen!

Doch während die Richter ihr Urteil fällten, geht das Grauen in Syrien weiter. Der Mann, der das alles zu verantworten hat, ist immer noch an der Macht: Baschar al-Assad. Es bleibt zu hoffen, dass auch ihm irgendwann der Prozess gemacht wird.