Berlin. Der Verfassungsschutz darf die AfD vorerst nicht als rechten Verdachtsfall einstufen. Dies entschied das Kölner Verwaltungsgericht.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Das geht aus einem Beschluss des Gerichts vor, der den Prozessbeteiligten am Freitag zugestellt wurde. Das Bundesamt hatte die Verfassungsschützer der Länder diese Woche intern über eine Hochstufung der Partei zum Verdachtsfall informiert, öffentlich jedoch nichts dazu bekanntgegeben.

Verfassungsschutz wollte AfD als Verdachtsfall einstufen

Am hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz entschieden, die AfD als Verdachtsfall für Rechtsextremismus einzustufen. Darüber hatte der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, am Mittwoch in einer Videokonferenz die Landesämter informiert. Die Behörde hatte die AfD schon seit 2019 als „Prüffall“ wegen möglicher extremistischer Bestrebungen behandelt.

Der Verdachtsfall war in der Logik des Verfassungsschutzes die nächsthöhere Stufe: Dem Amt hätten dann andere, auch nachrichtendienstliche Mittel zur Verfügung gestanden, um Hinweisen auf extremistische Bestrebungen nachzugehen. Möglich gewesen wäre damit zum Beispiel auch der Einsatz von V-Leuten und Kommunikationsüberwachung. Mehrere Landesverbände der Partei sind bereits als Verdachtsfall eingestuft.

Stillhaltezusage: Vorerst keine Beobachtung von Abgeordneten

Erwartet worden war diese Entwicklung seit längerem. In den zwei Jahren seit Einstufung als Prüffall hatte der Dienst viel Material über die Partei gesammelt, ein 1000-seitiges Gutachten sollte nun die Grundlage für die Einstufung sein. Lesen Sie hier die Analyse: Was die Verfassungsschutz-Beobachtung für die AfD bedeutet

Nach Medienberichten, dass der Verfassungsschutz kurz vor einer Entscheidung stehe, hatte die AfD sich im Januar ans Verwaltungsgericht Köln gewandt: Sie wollte der Behörde sowohl die Einstufung als Verdachtsfall als auch die Bekanntgabe dieser Einstufung verbieten lassen.

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Das Bundesamt gab damals eine sogenannte Stillhaltezusage ab, in der es versicherte, bis zu einer Eilentscheidung vor Gericht keine Abgeordneten, Kandidatinnen und Kandidaten der Partei nachrichtendienstlich zu überwachen.

Außerdem sagte der Verfassungsschutz zu, während der Dauer des Verfahrens nicht öffentlich bekanntzumachen, ob es die AfD als Verdachtsfall oder gesichert extremistische Bestrebung einstuft. Dementsprechend bestätigte die Behörde die Berichte am Mittwoch nicht.

AfD-Chef Meuthen hatte versucht, die Beobachtung abzuwenden

Für die Partei ist die Beobachtung in einem Jahr mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl ein erhebliches Problem. Die Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall trüge ein Stigma, führende Parteimitglieder fürchten, dass die AfD dies an der Wahlurne merken wird.

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Parteichef Jörg Meuthen hatte deshalb zuletzt versucht, mit einem härteren Kurs gegen extrem rechte Mitglieder die Beobachtung abzuwenden. Andere hochrangige AfD-Politiker hatten sich demonstrativ unbeeindruckt gezeigt. Fraktionschef Alexander Gauland hatte auf einem Landesparteitag in Sachsen vor wenigen Wochen erklärt, es sei „falsch, den Vorgaben dieser Behörde zur Verfassungsmäßigkeit zu folgen“. (tma/raer/dpa)