Berlin. Nicht nur in Russland boomt das Geschäft mit negativen Testbescheinigungen – auf Wunsch erfolgt der Beleg sogar mit einem QR-Code.

Teuer ist es nicht: 1000 bis 6000 Rubel. Der Markt richtet es. Knapp elf, maximal 65 Euro kostet ein gefälschter Corona-Test in Russland. In Zeiten der Pandemie: das eigentliche Flugticket. Immer mehr Staaten verlangen von Einreisenden negative Tests auf Corona, auch Deutschland.

Nicht nur in Russland, auch in mehreren außereuropäischen Staaten sei es relativ leicht, sich ein gefälschtes Testergebnis zu beschaffen, berichtet der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg unserer Redaktion, „teilweise kann man es sich im Internet herunterladen und ausdrucken“. Deutsche Behörden könnten sie kaum überprüfen, „das scheitert oft schon an der Sprache“.

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Einreisekontrolle am Frankfurter Flughafen für Passagiere. Die Bundespolizei prüft die Papiere und Corona-Tests.
Einreisekontrolle am Frankfurter Flughafen für Passagiere. Die Bundespolizei prüft die Papiere und Corona-Tests. © Getty Images | Thomas Lohnes

Schwachstelle der Reisepolitik: Anfälligkeit für Missbrauch

Patrick Sensburg ist ein erfahrener Rechts- und Innenpolitiker, im Bundestag einer der Kontrolleure der Geheimdienste. Der Sicherheitsexperte legt eine Schwachstelle der Reisepolitik bloß: ihre Anfälligkeit für den Missbrauch.

Die Liste der Beispiele ist lang: Ankunftsanmeldungen mit Fantasienamen oder Adressen, veraltete oder gefakte Corona-Tests, Passagierbeförderer, die den Testnachweis nicht von ihren Kunden einfordern, noch dreister: positiv Getestete, die gleichwohl ihren Flug antreten.

Attest mit Wunschergebnis als PDF-Datei

In russischen Medien sind die falschen Tests ein Thema – nicht nur in den Medien. Nachdem die Behörden ganze Internetseiten gesperrt haben, wichen die Anbieter auf Messengerdienste aus. Man reicht seine Daten ein, überweist das Geld, wenig später kommt das Attest mit dem Wunschergebnis als PDF-Datei. Es gibt viele Varianten davon, in der anspruchsvollsten Version gehört sogar ein QR-Code dazu.

Wer den scannt, kommt auf die Seite gemotest.com.ru eines virtuellen Labors in Moskau. Laut Sensburg wurde der Code auch in der Ukraine, in der Türkei, Ägypten und arabischen Staaten genutzt. Auch aus Mexiko wird von Fake-Tests berichtet.

Gefälschte Atteste billiger als echte Tests

„Wenn Personen mit gefälschten Corona-Tests einreisen, besteht ein hohes Risiko, dass Krankheitserreger und auch die Mutation des Coronavirus einschleppt werden“, warnt Sensburg. Menschen besorgen sich falsche Tests indes nicht nur, weil sie infiziert sind und trotzdem reisen wollen. Die Atteste sind billiger, mithin „rund ein Viertel eines echten Tests“, so Sensburg.

„Wir haben bei der Einreise über Flughäfen große Probleme“, sagt er. Die Gesundheitsämter überprüften die häusliche Quarantäne nur in wenigen Einzelfällen, vielfach seien die angegebenen Aufenthaltsangaben und Telefonnummern der Reisenden „schlichtweg falsch“. Sensburg sagt, „gefälschte Tests und falsche Angaben bei den Aufenthaltsorten sind nicht akzeptabel“.

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    „Bewährtes Verfahren an den Flughäfen im Herbst aufgegeben“

    Für ihn ist klar: „Wir sollten alle Einreisenden zu Schnelltests an den Flughäfen verpflichten. Wer auf einem Flughafen landet, sollte durch eine Testschleuse gehen.“ Er habe kein Verständnis dafür, „dass wir ein bewährtes Verfahren an den Flughäfen im Herbst aufgegeben haben“.

    Tatsächlich konnte man sich bis zum Spätsommer gleich bei Ankunft auf dem Flughafen auf Staatskosten testen lassen. Dann kippte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Regelung. Nun sollten die Reisenden bei Einreise einen Test vorlegen oder binnen 48 Stunden nachreichen.

    Weitere Informationen: Corona-Schnelltests: Können Laien die Antigen-Tests kaufen?

    Menschen aus Hochinzidenzstaaten oder Virusvariantengebieten sollten die Reiseunternehmen nur befördern, wenn sie einen negativen Test vorlegen. Doch in der Praxis wird dagegen verstoßen.

    Bundespolizei: Fast 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren

    Zwischen dem 24. und 27. Januar kontrollierten die Beamten insgesamt 21.730 Flugpassagiere. Dabei stellten sie 958 Verstöße fest. Darüber hinaus fehlten 516-mal die Testunterlagen ganz oder waren fehlerhaft. Fast 500-mal wurde die Bundespolizei bei den Gesundheitsämtern vorstellig, um Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.

    Besonders brisant: In einigen Fällen kamen die Passagiere aus Ländern, in denen die Virusmutation stark verbreitet ist – in einem Fall aus Irland, in weiteren fünf aus Brasilien, zwölf Leute kamen aus Großbritannien, 32 aus Südafrika.

    CDU-Politiker will jeden Reisenden kontrollieren lassen

    Jeden Tag landen weitere Flugzeuge aus solchen Staaten, an diesem Samstag werden allein in Frankfurt Maschinen aus London, Manchester, Dublin, Kapstadt, São Paulo oder aus Portugal erwartet, dem jüngsten Virusvariantengebiet.

    Sensburg will keinen Reisestopp, „wir müssen keine Flüge streichen“, sagt er. Aber: „Es muss uns gelingen, die Identität der Fluggäste und die Richtigkeit der Ankunftsanmeldungen zu überprüfen“, mahnt der CDU-Mann. Er will, dass jeder Einreisende kontrolliert und getestet wird. So einfach. So schwer?

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