Berlin/München. In Bayern haben 44.000 Menschen tagelang auf die Ergebnisse ihrer Coronatests gewartet – darunter 900 Infizierte. Wie kam es dazu?

  • In Bayern kam es zu massiven Verzögerungen bei der Übermittlung von Coronatest-Ergebnissen von Reiserückkehrern
  • Unter den Getesteten befanden sich 900 Infizierte
  • Wie kam es zu den Verzögerungen? Dazu äußerte sich die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU)

Das Ausmaß der Panne bei den Coronatests in Bayern ist alarmierend: 44.000 Reiserückkehrer warten tagelang auf ihre Ergebnisse – darunter 900 positiv Getestete, die ahnungslos blieben. Die massiven Verzögerungen bringen die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) in Erklärungsnot. Im Interview mit den „Tagesthemen“ redete sie sich am Mittwochabend um Kopf und Kragen.

Wie könne es sein, dass womöglich Hunderte Infizierte im Land herumliefen, ohne zu wissen, dass sie sich angesteckt hätten, wollte „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni von Huml wissen. Eine klare Antwort darauf lieferte Gesundheitsministerin Huml zunächst nicht, redete um den heißen Brei herum.

Panne bei Coronatests: Gesundheitsministerin spricht von „Übermittlungsproblem“

Reiserückkehrer aus Risikogebieten, die auf Testergebnisse warteten, seien schließlich ohnehin quarantänepflichtig, argumentierte Huml – und ließ diejenigen, die sich freiwillig testen ließen, dabei außer Acht.

Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) äußerte sich am Mittwoch in einer Pressekonferenz zu den erheblichen Verzögerungen bei der Übermittlung der Ergebnisse Hunderter positiv auf das Coronavirus Getesteter.
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) äußerte sich am Mittwoch in einer Pressekonferenz zu den erheblichen Verzögerungen bei der Übermittlung der Ergebnisse Hunderter positiv auf das Coronavirus Getesteter. © dpa | Peter Kneffel

Erst auf mehrfaches Nachfragen des Moderators ließ sich Huml schließlich doch dazu bringen, zumindest einen Ansatz der Erklärung zu liefern: Die Ursache sei ein „Übermittlungsproblem“. Der Freistaat Bayern ermöglicht seit dem 25. Juli freiwillige Tests für Reiserückkehrer. Seit dem Wochenende sind Coronatests für Rückkehrer aus Risikogebieten bundesweit verpflichtend. Lesen Sie auch: Labore überlastet: Langes Warten auf Corona-Testergebnisse

Verzögerungen bei Coronatests: Ehrenamtliche mussten Daten händisch übertragen

Weil zur Eröffnung der Test-Stationen an Bahnhöfen, Autobahnraststätten und an Flughäfen die Daten der Getesteten noch händisch von ehrenamtlichen Mitarbeitern übertragen worden seien, sei es zu dem Rückstau gekommen. Erst später habe der beauftragte Dienstleister seine Arbeit aufnehmen und auch die digitale Übermittlung der Daten gewährleisten können.

Die Bearbeitung der händisch ausgefüllten Zettel in der Zwischenzeit habe entsprechend länger gedauert. „Ein solch neuaufgelegter Prozess dauert eine Zeit, bis er sich einspielt“, verteidigte sich Huml. Mit Hochdruck werde nun daran gearbeitet, die Verzögerungen wieder aufzuholen. Ziel sei es, bis zu diesem Donnerstagmittag alle positiv Getesteten über ihre Testergebnisse zu informieren.

Auch der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf, hatte zuvor als Grund für die Verzögerungen Probleme bei der händischen Übertragung von Daten und eine unerwartet hohe Nutzung des Angebots genannt. Manche Formulare von Getesteten seien unvollständig oder schwer leserlich ausgefüllt, zudem müssen sie mit den Codes von Rachenabstrichen abgeglichen werden.

Teststation für Reiserückkehrer auf einer Autobahnraststätte auf der A 8 in Bayern. Nachdem der Freistaat seine Testoffensive gestartet hatte, kam es zu erheblichen Verzögerungen.
Teststation für Reiserückkehrer auf einer Autobahnraststätte auf der A 8 in Bayern. Nachdem der Freistaat seine Testoffensive gestartet hatte, kam es zu erheblichen Verzögerungen. © dpa | Sven Hoppe

Coronatests in Bayern: Ausmaß der Panne erst seit Mittwoch bekannt

Vom gesamten Ausmaß des Rückstaus will Gesundheitsministerin Huml erst am Mittwoch erfahren haben – obwohl es bereits im Vorfeld Kritik an der Durchführung der Massentests gegeben hatte. Kritiker hatten Zweifel geäußert, ob eine Vielzahl an Tests überhaupt reibungslos durchzuführen sei. Dieses Vorgehen empfehlt Virologe Christian Drosten.

„Haben Sie sich da überschätzt?“, wollte Zamperoni wissen. Aber darauf ließ Huml sich nicht ein. Nicht die Testlabore seien überlastet gewesen. Verzögerungen habe es schließlich lediglich bei der Übermittlung in der Übergangszeit gegeben. Auch die Frage, ob die Verantwortung für die Panne bei ihr oder dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder liege, ließ sie unbeantwortet. Eine Panne, die einen erheblichen Kollateralschaden nach sich ziehen könnte. (mit dpa)

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