Berlin. Der angekündigte US-Truppenabzug sorgt für Unmut in der Koalition. Die SPD fordert eine schärfere Reaktion – doch die Union zögert.

Der SPD ist Empörung über den geplanten US-Truppenabzug offenbar nicht ausreichend. Die Partei will über Konsequenzen reden. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich machte nun einen Vorschlag, der beim Koalitionspartner gar nicht gut ankommt.

Mützenich will als Reaktion auf die angekündigte Reduzierung um 12.000 Soldaten die Rüstungskooperation mit den USA auf den Prüfstand stellen. Bei der Union stößt er damit auf Unverständnis und Kritik.

Mützenich kritisiere zwar zu Recht das Verhalten von US-Präsident Donald Trump, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Jedoch hat er leider nicht verstanden, dass wir unsere Freiheit – auch die Freiheit, Unsinniges und Aberwitziges zu fordern – den jahrzehntelangen Sicherheitsgarantien der USA verdanken“, so Kiesewetter.

Deutschland und die EU profitierten seit Jahrzehnten von den Hochtechnologie-Produkten der US-Rüstungsindustrie, sagte er weiter. „Dafür gibt es in Europa bisher keinen adäquaten und bezahlbaren Ersatz.“ Die demokratischen Barrieren würden auch Trump gute Grenzen setzen. „Deshalb besteht kein Grund, die Rüstungskooperation mit den USA aufzugeben.“

US-Truppenabzug: Union warnt vor zu schneller Reaktion

Auch der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte wies die Forderung Mützenichs zurück. Die Ankündigung des Truppenabzugs sei zwar bedauerlich, erklärte Otte, „aber die SPD sollte hier keiner weiteren Entfremdung innerhalb des Bündnisses das Wort reden.“ Die USA blieben weiter der wichtigste Partner Deutschlands außerhalb Europas.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, hat vor einer unüberlegten Antwort auf die angekündigte Verlegung von US-Truppen gewarnt. „Der geplante Truppenabzug aus Deutschland ist enttäuschend. Aber als Reaktion braucht es jetzt keine Schnellschüsse“, sagte Brinkhaus unserer Redaktion. „Die USA bleiben wichtigster Partner außerhalb Europas und enger Verbündeter innerhalb der NATO.“

US-Truppenabzug: SPD will Neubewertung der Rüstungskooperation

Mützenich hatte der „Süddeutschen Zeitung“ zuvor gesagt, Trump betreibe eine Politik aus „Willkür und Druck“. Dies könne „nicht die Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit“ sein. Er fügte hinzu: „Vor diesem Hintergrund werden auch die Rüstungskooperationen in einem neuen Licht bewertet werden müssen.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will unter anderem einen Teil der Tornado-Kampfjets mit 45 F-18-Kampfflugzeugen des US-Herstellers Boeing ersetzen. Im Ernstfall sollen sie dazu imstande sein, die in Deutschland stationierten US-Atombomben abzuwerfen. Vor allem deswegen sieht die SPD das Projekt kritisch. Mützenich hatte sich zuletzt für einen Abzug der noch etwa 20 in Deutschland lagernden Atombomben ausgesprochen. Die Parteispitze hatte ihn dabei unterstützt.

Greenpeace-Protest gegen deutsche Waffenlieferungen in die USA

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    Das wurde auch von den US-Verbündeten wahrgenommen. Der frühere US-Botschafter Richard Grenell, der schon im vergangenen Jahr mit einem Truppenabzug gedroht hatte, sagte der „Bild“-Zeitung: „Die fehlende Unterstützung der Nato und die zunehmenden Attacken auf US-Militärprogramme in Deutschland insbesondere von Mitgliedern der Regierungskoalition, waren sehr problematisch und beunruhigend für amerikanische Strategen.“

    US-Truppenabzug: Auch Grüne gegen Rüstungsdeals

    Isoliert ist Mützenich mit seiner Linie nicht. Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin hatte bereits am Donnerstag gefordert, die Rüstungskooperation mit den USA abzubrechen. „Solange Trump auf Kollisionskurs ist, darf es keine Rüstungsdeals mehr mit den USA gaben“, sagte Trittin gegenüber „t-online.de“

    Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte zu den US-Plänen: „Es wäre besser, die Amerikaner würden ihre Atomwaffen aus Deutschland und Europa abziehen als ihre Soldaten.“ Trump belaste damit das transatlantische Verhältnis massiv.

    US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte Einzelheiten des Truppenabzugs am Mittwoch vorgestellt. Die USA wollen ein Drittel ihrer 36.000 Soldaten in Deutschland abziehen. Mehr als die Hälfte sollen in die USA zurückkehren, 5600 innerhalb Europas verlegt werden.

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    Die USA wollen einen Teil ihrer Truppen aus Deutschland abziehen. US-General: Truppenabzug aus Deutschland „kolossaler Fehler“. Bereits im vergangenen Jahr wurden ähnliche Töne von Seiten der US-Regierung laut. USA drohen mit Truppenabzug: Keine Army mehr in Deutschland?

    (dpa/reb)