Erfurt. Während einer hitzigen Landtagsdebatte griff Thüringens Ministerpräsident zu einer drastischen Geste. Die Sitzung wurde unterbrochen.

Eklat im Thüringer Landtag: Während einer hitzigen Debatte über den Umgang mit Akten zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller den Mittelfinger gezeigt. Dieser hatte Ramelow zuvor verbal provoziert

Möller, der in Thüringen auch AfD-Landessprecher ist, griff im Landtag die Linke an: „Schauen Sie sich doch mal selbst an, wer in Ihren eigenen Reihen ist“, sagte Möller und verwies auf den ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar. Im Jahr 2016 wurde bekannt, dass Klar für einen Linken-Abgeordneten im Bundestag arbeitete.

Ramelow zeigt AfD-Mann den Mittelfinger – Sitzung unterbrochen

Anschließend ging Möller auf den Verfassungsschutz ein, den er als skandalgeneigte Behörde bezeichnete. „Wer da schon alles Tolles beobachtet wurde, nicht wahr, Herr Ramelow?“, sagte Möller in Richtung des Thüringer Regierungschefs. Ramelow zeigte Möller daraufhin den Mittelfinger. Die AfD-Fraktion ließ den Ältestenrat des Landtages einberufen, die letzte Sitzung vor der Sommerpause wurde unterbrochen.

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Bodo Ramelow wurde tatsächlich über Jahre vom Verfassungsschutz überwacht. Allerdings stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die jahrelange Überwachung verfassungswidrig war. Darauf wies Ramelow die AfD-Fraktion kurz nach der Aktion auch selbst hin: „Das Bundesverfassungsgericht hat in meiner Sache entschieden, dass von Anfang an die Überwachung meiner Person rechtswidrig war“, sagte Ramelow.

„Ein Stinkefinger ist die einzig anständige Reaktion“

Chef der Thüringer AfD-Fraktion sowie des Thüringer Landesverbandes ist Björn Höcke, der einer der Wortführer des nach eigenen Worten inzwischen selbst aufgelösten rechtsnationalen „Flügels“ der AfD war. Der „Flügel“ wurde vom Bundesverfassungsschutz als Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus eingestuft. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke und Brandenburgs AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz als Rechtsextremisten.

Unterstützung erhielt Ramelow von Thüringens Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellso. „Ein Stinkefinger ist die einzig anständige Reaktion auf einen Unanständigen“, schrieb sie auf Twitter. Hennig-Wellsow hatte in diesem Jahr selbst mit einer Geste für Aufsehen gesorgt.

Im Februar warf sie dem überraschend zum Ministerpräsidenten gewählten FDP-Politiker Thomas Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße. Kemmerich war am 5. Februar mit Hilfe von Stimmen der AfD ins Amt gekommen und trat nach öffentlichem Druck kurze Zeit später zurück. (küp/dpa)