Berlin. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt schlägt spätere Sperrstunden und einen Kauf leerstehender Ladenflächen durch Kommunen vor.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert Investitionen in Milliardenhöhe und eine Verschiebung der Sperrstunde, um die Innenstädte in der Corona-Krise wieder zu beleben. Landesweit drohe „eine Verödung von Innenstädten und Dorfkernen“, schreibt Göring-Eckardt in einem Positionspapier, das unserer Redaktion vorliegt. Der Städte- und Gemeindebund sowie der Landkreistag haben sich bereits den Forderungen angeschlossen.

Dringend notwendig sei laut dem Papier ein „Programm zur Rettung der Innenstädte“. Dafür solle der Bund „zusätzliche Direktmittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro“ bereitstellen. Ein großer Teil der Fördermittel – 500 Millionen Euro – sollte in einen Notfallfonds zur Städtebauförderung fließen. Kommunen müssten eine Starthilfe bekommen, um ihre Zentren attraktiver zu gestalten, schlägt Göring-Eckardt vor.

Grünen-Vorschlag: Kommunen sollen freie Ladenflächen erwerben

Akuter Handlungsbedarf bestehe, um langjährigem Leerstand großer Ladenflächen vorzubeugen – etwa nach der angekündigten Schließung von Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen. „Wo sich kein Nachnutzer findet, sollte neben der Prüfung von Käufen durch die Kommune mithilfe des Notfallfonds auch der Weg für Mischnutzung unbürokratisch frei gemacht werden.“ Die Kommunen sollten frei gewordene Ladenflächen auch erwerben, um Raum für kulturelle und gemeinnützige Einrichtungen zu schaffen – von der Bibliothek bis zum Repaircafé.

Fordert eine Milliarde Euro zur Belebung der Innenstädte: Katrin Göring-Eckardt.
Fordert eine Milliarde Euro zur Belebung der Innenstädte: Katrin Göring-Eckardt. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Die aus Thüringen stammende Grünen-Politikerin will auch ordnungsrechtliche Instrumente nutzen. So ruft sie die Kommunen dazu auf, mehr öffentliche Flächen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Zudem sollten Bundes- und Landesregierungen wie bei Spielen der Fußballweltmeisterschaft „den Kommunen die Möglichkeit einräumen, temporär – und wo mit dem Lärmschutz vereinbar – die Sperrstunde von 22 auf 24 Uhr zu verschieben“.

Grüne wollen knapp 300 Millionen Euro für die Digitalisierung

Darüber hinaus soll in der Städtebauförderung ein Sondertopf mit 290 Millionen Euro geschaffen werden, der sogenannten Smart-City-Projekten dienen soll – etwa Digitalisierungsinitiativen zur Belebung der Innenstädte. Als Beispiele nennt Göring-Eckardt Online-Plattformen für den lokalen Handel und Förderprogramme für umweltfreundliche Lieferdienste per Lastenrad.

In der Krise müssten vor allem alteingesessene Händler, Traditionsbetriebe und das lokale Handwerk aufgeben, beklagt die Fraktionsvorsitzende. Die Existenz von Läden, Cafés und Restaurants hänge an einem seidenen Faden.

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Gerd Landsberg unterstützte den Vorstoß. „Viele Geschäfte müssen schließen, Kaufhausketten ziehen sich zurück“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds unserer Redaktion. Landsberg verwies auf eine Schätzung des Handelsverbands HDE, wonach bis zu 50.000 Geschäfte für immer schließen müssen. „Vor diesem Hintergrund ist es richtig und wichtig, ein Aktionsprogramm zur Belebung der Innenstädte zu konzipieren“, forderte er. „Die Kommunen müssen in der Lage sein, Leerstände gegebenenfalls selbst zu erwerben und einer neuen Nutzung zuzuführen.“ Darunter sollten nicht nur neue Geschäfte fallen, sondern auch Wohnraum oder etwa die Schaffung neuer grüner Oasen in den immer heißer werdenden Innenstädten, so Landsberg.

Auch der Deutsche Landkreistag hat sich für ein Förderprogramm für deutsche Innenstädte ausgesprochen. „Corona hat verschiedene schwierige Entwicklungen in den größeren Städten, aber auch in der Wirtschaftsstruktur der Landkreise beschleunigt“, sagte Präsident Reinhard Sager unserer Redaktion.

Konkret forderte er Nutzungskonzepte für freiwerdende Immobilien in Innenstadtlagen, ebenso eine Digitalisierungsoffensive im ländlichen Raum. „Das Wegbrechen vieler Karstadt-Filialen ist natürlich schmerzlich, die kleinen und mittelständischen Unternehmen überall im Land sind aber mindestens ebenso wichtig“, betonte der Landrat des Kreises Ostholstein. Die Stoßrichtung einer entsprechenden Grünen-Initiative sei richtig.

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