Berlin. Eine Handy-App soll helfen, Corona-Infektionen zu verhindern. Man sollte die Warn-App nutzen – und ein Signal der Solidarität senden.

Viele Deutsche stehen vor einem Dilemma: Sie sorgen sich wegen des Coronavirus. Aber sie sind auch ängstlich, wenn es um das Preisgeben ihrer Daten geht – vor allem bei sehr privaten und sensiblen Informationen. Und besonders: wenn auch der Staat da mitreden will.

Beide Ängste sind berechtigt – und sie prallen jetzt im Kampf gegen die Pandemie aufeinander. Eine App für das Handy soll helfen, Infektionen mit dem Virus zu verhindern. Der Schlüssel zum Erfolg dieser Maßnahme: Je mehr Menschen in Deutschland ihre Daten preisgeben und teilen, desto besser könnte die Corona-Pandemie zurückgedrängt werden.

Die Daten sind der digitale Impfstoff der Gesellschaft. Deutschland steht vor einem noch nie da gewesenen Daten-Experiment. Noch weiß niemand, wie das ausgeht. Und doch sollten wir es versuchen.

Wer die App nutzt, sendet nicht nur ein Signal – sondern auch ein Zeichen der Solidarität mit Risikogruppen, mit Älteren, mit Vorerkrankten. Sie zu schützen, muss höchstes Gut sein. Die Freiheit und Mobilität der Gesellschaft auf diesem Weg nicht zu verlieren – dabei kann die App helfen.

Die Corona-Warn-App kommt viel zu spät

Gefragt ist Entschlossenheit – und Schnelligkeit. Beides ist im Kampf gegen Corona ein zentraler Erfolgsfaktor. Und da beginnt das erste Problem: Die Corona-App kommt viel zu spät. Seit März verkündet die Bundesregierung regelmäßig, dass es nun bald losgehe. Monate sind vergangen.

Der nächste Startschuss: Mitte Juni. Pünktlich zur Öffnung der Grenzen für den Reiseverkehr. Wird dieser Zeitpunkt erneut gerissen, wäre im Kampf gegen die Pandemie wieder eine Schlacht verloren.

Christian Unger kommentiert.
Christian Unger kommentiert. © Reto Klar

Ein Grund für die Verzögerung: Die Bundesregierung hat zu lange gewackelt, den Datenschutz und die Transparenz voll und ganz in den Fokus der Debatte zu rücken. Stattdessen waberte die Debatte hin und her: Mal hieß es, die Daten aller Nutzer würden auf Behörden-Servern gespeichert, mal hieß es, die Daten blieben allein auf den Handys. Meist hieß es, beide Wege würden geprüft.

Der nächste Schlingerkurs: Oft wurde die freiwillige Nutzung der App hervorgehoben. Nur so gehe es, sagte auch die Kanzlerin. Doch selbst aus der eigenen Partei werden immer wieder Stimmen laut, die Privilegien für App-Nutzer fordern oder sogar über eine App-Pflicht nachdenken. Andere wiederum stellen den Nutzen dieser Handydaten ganz infrage.

All das schadet dem Kern dieses Experiments: dem Vertrauen in diese Technik. Fehlt das, scheitert die App.

Die Daten werden nicht auf staatlichen Servern gespeichert

Die gute Nachricht: Einige wichtige Weichen sind mittlerweile gestellt. Die Daten werden nicht auf staatlichen Servern gespeichert. Die Firmen machen auf einer Plattform im Internet auch den Code der Programmierer öffentlich – das ist wichtig, denn so können unabhängige Experten genau bewerten, was die App mit unseren Daten macht.

Und noch etwas hilft: Mundschutzmasken sind vielerorten verteilt, Menschen tragen sie in Bussen und Bahnen, in Supermärkten, viele auch im Trubel der Einkaufsstraßen. Die Menschen halten Abstand, verinnerlichen Kontaktbeschränkungen. Ohne diese Regeln geht es nicht. Ohne diese Regeln hilft auch keine Corona-Warn-App. Die Zahlen machen Mut. Die Infektionen gehen zurück, Menschen werden wieder gesund.

Masken tragen, Abstand halten – es bleibt die neue Normalität. Nutzen möglichst viele Menschen jetzt auch noch moderne Handytechnik, um sich und auch andere zu schützen – dann ist in dieser neuen Normalität wieder vieles möglich: shoppen, reisen, sich treffen, Essen gehen. Und das alles fast ohne Angst. Vielleicht ist das Dilemma doch schnell gelöst – und Corona besiegt.