Leinefelde-Worbis. In Thüringen wollte CDU-Chefin Angela Merkel erste Wahlkampfhilfe für ihre Partei leisten. Doch dann las sie ihr erst mal die Leviten.

Eigentlich war CDU-Chefin Angela Merkel nach Thüringen gereist, um ihre Partei nach der Wahlschlappe der CSU in Bayern zu motivieren. Vorher musste sie aber offenbar etwas angestauten Frust ablassen.

Vor allem von der ewigen parteiinternen Zeterei über die Flüchtlingskrise von 2015 hat die Bundeskanzlerin genug. Zwar gebe es in der Migrationspolitik sicher noch Probleme, sagte Merkel am Samstag auf dem Parteitag in Leinefelde-Worbis,

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Merkel: Keine Zeit mehr verplempern

„Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren“, warnte die CDU-Chefin. „Deshalb fordere ich, dass wir uns jetzt um die Zukunft kümmern.“

Angela Merkel in Thüringen - das Wichtigste in Kürze:

  • Kurz vor der Hessen-Wahl spricht Merkel zu den CDU-Delegierten aus Thüringen
  • Dabei mahnt sie an, dass die CDU ihren Status als Volkspartei verlieren könnte
  • Die Kanzlerin will deshalb in die Zukunft schauen
  • Zum Beispiel auf die Hessen-Wahl kommende Woche

In ihrer halbstündigen Rede kam Merkel auch mehrfach darauf zurück, dass die CDU nicht zu sehr um sich selbst kreisen dürfe. „Seit einem Jahr beschäftigen wir uns in viel zu hohem Maße damit, ob wir beleidigt sein sollen über das Wahlergebnis“, sagte sie mit Blick auf die Bundestagswahl. Attraktiv seien für Wähler aber nur Parteien, die optimistisch in die Zukunft blickten.

Zwar verteidigt sie, die Grenzen 2015 für kurze Zeit geöffnet zu haben. Aber sie gesteht auch den Fehler ein, „nicht geschaut zu haben, wie es dort zuging, wo die Menschen herkamen“.

Angela Merkel bekommt stehende Ovationen

„Nur dafür werden wir gewählt, für nichts anderes. Die Menschen wollen von uns, dass wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken, ohne uns die Welt schön zu malen.“ Angst sei ein schlechter Ratgeber.

Angela Merkel bei ihrer Rede in Thüringen.
Angela Merkel bei ihrer Rede in Thüringen. © dpa | Jens-Ulrich Koch

Merkel erhielt am Ende stehende Ovationen der thüringischen CDU-Delegierten. Eigentlich wollte Merkel nur eine Stunde in Leinefelde sein – am Ende sind es mehr als 90 Minuten. Ihre Rede ist am Ende aber sogar kürzer als geplant. Anfangs ist der Saal ruhig, dann zieht sie die Delegierten auf ihre Seite.

Was passiert nach der Hessen-Wahl?

Die Kanzlerin zeigt sich zwischen der Schlappe der Schwesterpartei CSU in Bayern und der Abstimmung in Hessen kommende Woche bürgernah. CDU und SPD müssen am 28. Oktober bei der Hessen-Wahl herbe Verluste befürchten.

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Angela Merkel mit Volker Bouffier, hessischer Spitzenkandidat.
Angela Merkel mit Volker Bouffier, hessischer Spitzenkandidat. © dpa | Bernd von Jutrczenka

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, die Grünen kommen auf 20 bis 22 Prozent, die SPD auf 20 bis 21 Prozent. Für Merkel könnte die Wahl in Hessen zur Schicksalswahl werden.

Am Sonntag traten Bouffier und Merkel nach einer Sitzung des CDU-Bundesvorstands vor die Presse. Merkel lobte Bouffier, der für Stabilität in Hessen gesorgt und „gut regiert“ habe. „Deshalb geht es darum, dass es keine linken Experimente gibt, sondern wirklich eine stabile Regierung in bewegten Zeiten in der ganzen Welt“, sagte die Kanzlerin.

Angela Merkel gemeinsam mit Volker Bouffier am Sonntag in Berlin.
Angela Merkel gemeinsam mit Volker Bouffier am Sonntag in Berlin. © Getty Images | Sean Gallup

In dieselbe Kerbe schlug die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer: Es bestehe „eine ganz reelle Gefahr“, dass es eine linke Regierung geben werde.

Sollte es auch dort eine Schlappe wie zuletzt bei der CSU in Bayern geben, könne für nichts garantiert werden, zitiert die „Welt am Sonntag“ ein Mitglied der Unionsfraktion.

Damit nichts schiefgeht, bekommt Bouffier am Montag Merkels Unterstützung. Sie tritt am Montag bei zwei Veranstaltungen in Hessen auf. Bouffier warnte am Sonntag vor Personaldebatten – auch mit Blick auf den CDU-Parteitag, zu dem sich viele in der Partei gegen eine Wiederwahl Merkels ausgesprochen hatten.

„Ich halte die Kombination von Parteichefin und Kanzlerschaft für richtig“, sagte Bouffier am Sonntagabend in Berlin nach den Sitzungen von CDU-Präsidium und -Bundesvorsta

Ein paar Selfies zum Schluss

In Thüringen schießt Merkel Selfies, unter anderem mit dem Fahrer eines Rettungswagen, der in der Halle zur Bereitschaft steht. Nicht ohne Grund: In ihrer Rede hatte sie extra betont, dass die Menschen, die fürs Gemeinwohl arbeiten, besonders wichtig seien.

Die Kanzlerin verlässt die Halle mit zwei großen Präsentkorben und der berühmten Eichsfelder Wurst. Proteste, wie sie Merkel andernorts schon häufig erlebt hat, bleiben an diesem Tag aus.

Angela Merkel bekommt am Ende ihrer Rede Standing Ovations.
Angela Merkel bekommt am Ende ihrer Rede Standing Ovations. © dpa | Jens-Ulrich Koch

Hintergrund der Mahnungen sind Flügelkämpfe innerhalb der CDU und die wiederholten

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In Thüringen wird im Herbst 2019 ein neues Parlament gewählt.

Mike Mohring Spitzenkandidat in Thüringen

Mike Mohring ist Spitzenkandidat in Thüringen.
Mike Mohring ist Spitzenkandidat in Thüringen. © dpa | Jens-Ulrich Koch

Unterdessen ist Mike Mohring von den Delegierten des Landesparteitags zum Spitzenkandidaten der Thüringer CDU für die Landtagswahl im kommenden Jahr bestimmt worden. Der 46-Jährige will Ministerpräsident im Freistaat werden.

Mohring war nach dem Machtwechsel in Thüringen 2014 auf die frühere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht an der Spitze der CDU gefolgt. Mohring ist auch Chef der CDU-Landtagsfraktion.

Merkel will Vertrauen zurückgewinnen

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    (rtr/cho/bekö)