Berlin/Neuhardenberg. Horst Seehofer lässt bei der Migration nicht locker. Damit mischt er die Union auf – und veranlasst die Kanzlerin zu einer Replik.

Es sollte vor allem eine selbstbewusste Botschaft sein: Nach dem erbitterten Unions-Streit über die Migration und der anschließenden friedlichen Sommerpause trifft sich die CSU-Landesgruppe in idyllischer Kulisse auf dem brandenburgischen Schloss Neuhardenberg. Und macht deutlich: Wir sind mehr als eine regionale Partei, wir haben im Bund etwas mitzureden.

Aber jetzt – fünfeinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Bayern – geht es auch um Stabilität. Der Unions-Streit hat allen Beteiligten geschadet, diese Lesart gilt für CDU und CSU gleichermaßen. Doch es kommt anders.

Der als Gast erschienene CSU-Chef und Bundesinnenminister

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bricht mit einer Äußerung eine neue Debatte vom Zaun. Die Migration sei die „Mutter aller politischen Probleme“ sagt er, zuerst vor Teilnehmern der Klausur, später in einem Interview mit der „Rheinischen Post“.

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, das Schwächeln der CSU und letztlich auch die

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haben vor allem einen Grund: die Migrationspolitik der Kanzlerin, die er seit drei Jahren massiv kritisiert.

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    Diese Deutung wiederholt er auch vor den Kameras in Neuhardenberg. Die zweistelligen Umfragewerte für die AfD in Bayern seien eine Neuerscheinung, „wo ja die Grundlage oder die Ursache dafür in der Migrationspolitik liegt“, sagt er.

    Angela Merkel widerspricht für ihre Verhältnisse ungewöhnlich deutlich. Im RTL-Sommerinterview antwortet sie auf die Frage, ob sie die Äußerung ihres Innenministers unterschreiben könne:

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    Die Migrationsfrage stelle Deutschland vor Herausforderungen, „und dabei gibt es auch Probleme“. Aber es gebe eben auch Erfolge.

    Das Problem, das beide gemeinsam haben: Mit Sachthemen dringt die Union derzeit kaum durch.

    Auch Merkel nimmt in dem Interview ausführlich Bezug

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    . In Chemnitz habe man Demonstrationen erlebt „mit Erscheinungen, die nicht in Ordnung sind. Hasserfüllt und auch gegen andere Menschen gerichtet“. Es habe aber auch Demonstrationen gegeben, die gezeigt hätten, „wie Menschen auch dagegen aufstehen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“.

    Die Kanzlerin ist besorgt über die Veränderungen im Land: „Es ist eine angespannte Stimmung, in der auch jeder, glaube ich, und jede Position beziehen sollte.“

    Eigentlich wollte auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eher die Botschaft vermitteln, sich unterzuhaken und gemeinsam die AfD zu bekämpfen. Mit dieser Botschaft zieht auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder durch die Lande. Die Umfragewerte für die Wahl sehen die absolute Mehrheit der CSU gefährdet. Und Streit, das wissen eigentlich alle Strategen von CDU und CSU, ist das Letzte, was sich die Anhänger wünschen.

    Die wichtigsten Zitate: Horst Seehofer im Interview mit unserer Redaktion

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      Doch die inhaltlichen Gräben und persönlichen Differenzen in der Union sind tief, sehr tief. Merkels Credo, man müsse den „eingeschlagenen Weg“ weitergehen und „Schritt für Schritt“ die Probleme lösen – das regt viele in der CSU auf.

      Nur so ist es zu erklären, dass im Papier, das die CSU-Abgeordneten beschließen, dafür plädiert wird, die Zurückweisung bestimmter Asylbewerber auf weitere Abschnitte der deutschen Grenze auszuweiten: „Außerdem behalten wir uns vor, bei Bedarf das an der deutsch-österreichischen Grenze gestartete System der Zurückweisung im Rahmen intelligenter Grenzkontrollen auch auf andere Grenzabschnitte wie beispielsweise zu Frankreich, zu den Niederlanden und zur Schweiz auszudehnen, sofern das polizeiliche Lagebild dies erforderlich macht“, lautet die Passage.

      Das bedeutet ein verändertes Grenzregime, was im so mühevoll verhandelten Friedensvertrag vor der Sommerpause so nicht steht.

      Merkel bläst jedoch auch CDU-intern der Wind ins Gesicht. Die zunächst etwas uneindeutige Ankündigung einer zweiten Kandidatur um das Amt des Fraktionsvorsitzenden ist nun klar. Der Fraktionsvize, der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus, ist fest entschlossen, am 25. September gegen den langjährigen Fraktionschef und Merkel-Vertrauten Volker Kauder anzutreten und sich zur Wahl zu stellen.

      „Ich betrachte meine Kandidatur nicht als Kampfkandidatur, sondern als Alternativangebot“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Er habe „sowohl ein respektvolles Verhältnis zur Bundeskanzlerin als auch zu Volker Kauder“.

      Und doch, das weiß Brinkhaus auch, bietet seine Kandidatur jede Menge Zündstoff, bringt er doch Merkel in die Bredouille. Unabhängig von den Personen gibt es einige Stimmen, die vor allem die Tatsache eines zweiten Kandidaten begrüßen. Somit wird die Wahl dann auch zur Abstimmung über den regierungsfreundlichen Kurs von Kauder.

      Brinkhaus ist von seinem Weg überzeugt: „Bislang bekomme ich sehr viel und gute Resonanz von der Basis und meinen Fraktionskollegen für meine Kandidatur.“ Gerade weil mit Brinkhaus kein Anti-Merkel-Hardliner sich zur Wahl stellt, hat die Kanzlerin ein Problem.