Washington. US-Präsident Trump hat den Ton gegenüber dem Iran massiv verschärft. Experten sind sich unsicher über die Ernsthaftigkeit der Attacke.

Im Krieg der Worte zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Iran wird schärfer geschossen denn je. Nach einer Verwarnung durch Staatspräsident Hassan Ruhani, der das Ansinnen Washingtons anprangerte, den Iran nach der einseitigen US-Aufkündigung des Atomabkommens wirtschaftlich in die Knie zwingen zu wollen,

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Über die Ernsthaftigkeit der Verbal-Attacke des US-Präsidenten herrschte allerdings Uneinigkeit. Während einige US-Kommentatoren ein „Ablenkungsmanöver“ erkannten, sieht der frühere Anti-Terror-Berater von Präsident George W. Bush, Richard Clarke, ein Szenario, in dem – quasi als letztes Bollwerk – Verteidigungsminister James Mattis Trump davon abhalten müsse, einen Krieg gegen den Iran anzuzetteln.

Trumps Tweet waren Anschuldigungen von Ruhani vorausgegangen, der am Sonntag mit Blick auf das von den USA angekündigte Abwürgen iranischer Öl-Lieferungen gesagt hatte: „Spielen Sie nicht mit dem Schwanz des Löwen, andernfalls werden Sie es bereuen.“

Ruhani erklärte, dass Teheran in diesem Fall regionale Energie-Transporte unterbrechen könnte, und setzte hinzu: Ein Frieden zwischen Amerika und Iran sei „die Mutter“ allen Friedens, ein Krieg beider Länder hingegen „die Mutter aller Schlachten“.

Donald Trump droht dem Iran

Darauf gemünzt konterte Trump in der Nacht zu Montag martialisch in Großbuchstaben: „Bedrohen Sie die Vereinigten Staaten nie, nie wieder, sonst werden Sie Konsequenzen erleiden, wie sie in der Geschichte nur wenige jemals erleiden mussten.“ Amerika sei nicht länger gewillt, Ruhanis „wahnsinnige Worte von Gewalt und Tod“ hinzunehmen. „Seien Sie vorsichtig!“, schloss Trump seine Antwort an Ruhani.

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In Internetforen sorgte die Zuspitzung unmittelbar für heftige Diskussionen und Empörung. Präsident Trump sei „von allen guten Geistern verlassen“ und führe die Welt „fahrlässig an den Abgrund eines Krieges“, erklärten Experten wie David Rothkopf und sahen einmal mehr einen Beweis dafür, dass Trump dem höchsten Amt im Staate nicht gewachsen sei.

In US-Medien erklärten Iran-Kenner Trumps Aussetzer dagegen mit dem „leicht zu durchschauenden“ Versuch, die innenpolitische Debatte von der

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wegzudrehen, die rund 60 Prozent der Amerikaner laut Umfragen für missglückt halten.

Außerdem wolle Trump mit der Themen-Setzung dem am Mittwoch in Alexandria bei Washington beginnenden Prozess gegen seinen ehemaligen Wahlkampf-Chef Paul Manafort vorbeugen, der in der Russland-Affäre nach Einschätzung von Sonderermittler Robert Mueller eine Schlüsselrolle spielt. In der Sache selbst, so stellvertretend für viele das Magazin „Mother Jones“, bestehe kein wirklicher Grund zur Aufregung.

Chef-Diplomat vergleicht Führungselite Irans mit Mafia

Der iranische Präsident Hassan Ruhani.
Der iranische Präsident Hassan Ruhani. © REUTERS | Lisi Niesner

Der Grund: Die Tonlage von Trumps kriegerischer Breitseite gegen Teheran erinnere stark an die „Feuer und Zorn“-Androhung gegen Kim Jong-un im vergangenen Jahr. Das Ergebnis sei bekannt: ein PR-Show-Gipfel in Singapur, bei dem

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U.S. President Donald Trump and North Korea's leader Kim Jong Un hold a signing ceremony at the conclusion of their summit at the Capella Hotel on the resort island of Sentosa, Singapore June 12, 2018. Picture taken June 12, 2018. REUTERS/Jonathan Ernst
Von Felix Lee, Christian Kerl, Sören Kittel, Peter Heusch

, der sein Volk liebe und ernsthaft an einer friedlichen Lösung des Konflikts um die Atomwaffen des kommunistischen Regimes interessiert sei.

Andere Beobachter sehen deutlich mehr in Trumps Kriegsrhetorik und verweisen auf einen spektakulären Auftritt von US-Außenminister Mike Pompeo am Wochenende vor der starken iranisch-amerikanischen Exil-Gemeinde in Kalifornien.

In seiner Rede dort verglich Amerikas Chef-Diplomat die Führungsclique in Teheran mit der Mafia und warf den Schlüsselfiguren um den religiösen Führer Chamenei Korruption und „schamlose Selbstbereicherung“ auf Kosten der Bevölkerung vor, von denen 30 Prozent in Armut lebten.

Aus der „unversöhnlichen Wortwahl“, die Pompeo in der Präsidenten-Bibliothek von Ronald Reagan in Simi Valley an den Tag legte, schließen Analysten, dass die Regierung Trump de facto den Boden für einen „regime change“ in Teheran und eine militärische Auseinandersetzung vorbereite.

Donald Trump - Vom aufmüpfigen Jungen zum US-Präsidenten

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    US-Radiosender bald im Iran empfangbar

    Um die aus Pompeos Sicht unterdrückten und desinformierten Iraner über das tatsächliche Gebaren ihrer Regierung ins Bild zu setzen, soll künftig rund um die Uhr ein US-Radio- und Fernsehsender im Iran zu empfangen sein.

    Pompeo an die Adresse des iranischen Volkes: „Die Vereinigten Staaten hören euch. Die Vereinigten Staaten unterstützen euch. Die Vereinigten Staaten sind bei euch.“

    Besonders scharf ging der frühere CIA-Chef mit dem im Westen bisher als Garant einer gewissen Stabilität (inklusive Einhaltung des Atomabkommens) geltenden Duo Ruhani/Dscharif um. Der iranische Präsident und der amtierende Außenminister seien „lediglich getarnte“ Aushängeschilder des betrügerischen Ajatollah-Regimes. Sie seien keine „moderaten“ Kräfte, sondern „Wölfe im Schafspelz“, ereiferte sich Pompeo.

    Weil Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton, UN-Botschafterin Nikki Haley und Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani zuletzt ähnlich vernichtende Töne an die Adresse Teherans richteten, wächst in Washington die Besorgnis, dass Trump in eine „Eskalationsspirale“ geraten könnte, aus der es „kein Zurück“ mehr gebe, sagte ein Experte im Sender MSNBC.

    Dabei spiele auch eine Rolle, dass Trump nach dem „Debakel mit Putin“ und einem Nordkorea-Gipfel, der bislang keinerlei greifbare Ergebnisse gezeitigt habe, versucht sein könnte, sich mit einem „militärischen Muskelspiel gegen den Iran Luft zu verschaffen“.

    Internationale Reaktionen sind kritisch

    In Washingtoner Denkfabriken wurde gemutmaßt, dass Trumps verschärfte Drohung trotz der miserablen Wirtschaftslage im Iran eine „eher einende Wirkung“ haben werde. Auch weil das „Schreckgemälde vom ‚Großen Satan‘ Amerika“ noch immer funktioniere und die „Einmischungsversuche Trumps in die inneren Angelegenheiten Teherans unübersehbar“ seien.

    International waren die Reaktionen in der Tendenz Trump-kritisch. Die Bundesregierung in Berlin rief zur rhetorischen Abrüstung auf. Allein Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah Anlass, die „harte Haltung“ Trumps und Pompeos zu loben.