Havanna. Miguel Díaz-Canel hat lange treu an der Seite von Raúl Castro gedient. Wegen seiner Linientreue zweifeln viele am neuen Präsidenten.

Miguel Díaz-Canel hat lange auf die Krönung seiner Karriere gewartet und war Stufe für Stufe aufgestiegen in Kubas politischem System. Als gewissenhafter Parteikader ist er jetzt ganz oben angekommen. Der 57-Jährige löst Raúl Castro an der Spitze des kubanischen Staatsrats ab und wird Präsident der sozialistischen Karibikinsel.

Ein politischer Kurswechsel ist von

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jedoch wohl kaum zu erwarten. „Er ist ein diskreter und pragmatischer Apparatschik“, sagt der Analyst Carlos Alberto Montaner.

Díaz-Canels erste Äußerungen nach seiner Wahl sprechen deutlich für eine Beibehalten des bisherigen Kurses in Havanna. „Kuba verhandelt nicht über seine Prinzipien und beugt sich nicht angesichts von Druck und Drohungen. Diese Revolution setzt die Perfektionierung des Sozialismus fort“, sagte Díaz-Canel vor den Abgeordneten. „Wir setzen auf die Kraft, Intelligenz und Weisheit des Volkes. Vaterland oder Tod. Sozialismus oder Tod. Wir werden siegen!“

Nach seiner Zeit beim Militär stieg der Elektroingenieur schnell beim kommunistischen Jugendverband auf. Als Parteichef der Provinz Villa Clara ermöglichte der damals noch langhaarige Funktionär ein recht liberales Kulturleben.

Miguel Díaz-Canel war jüngstes Mitglied im Politbüro

Miguel Diaz-Canel hat früh in der kommunistischen Partei Kubas Karriere gemacht.
Miguel Diaz-Canel hat früh in der kommunistischen Partei Kubas Karriere gemacht. © REUTERS | STRINGER

Mit 43 Jahren zog er 2003 als jüngstes Mitglied in das Politbüro der Kommunistischen Partei ein und übernahm den Parteivorsitz in der Provinz Holguín. Später wurde er Minister für Hochschulbildung und Vizepräsident.

Der berühmte Dissident Guillermo Fariñas war in der Schulzeit mit Díaz-Canel befreundet. Er beschreibt den neuen Präsidenten als „neugierig, impulsiv, aggressiv und mutig“. Das Verhältnis zwischen dem Parteisoldaten und dem Oppositionellen kühlte sich später zwar ab. Als Fariñas sich allerdings im Krankenhaus von einem Hungerstreik erholte, kam sein alter Freund zu Besuch.

Díaz-Canel galt schon lange als Raúl Castros rechte Hand. „Der Genosse Díaz-Canel ist kein Emporkömmling und keine Notlösung“, sagt der bisherige Staatschef über seinen Wunsch-Nachfolger. „Er hat seine ideologische Standfestigkeit unter Beweis gestellt.“ Im Gegensatz zu anderen jungen Parteikadern seiner Generation gelang es Díaz-Canel, bei seinem politischen Aufstieg nie in Ungnade zu fallen.

Wirtschaftliche Lage Kubas ist weiter desolat

Als Präsident steht Díaz-Canel vor großen Herausforderungen: Das Verhältnis zu den USA hat sich seit dem Amtsantritt von Donald Trump wieder deutlich verschlechtert, die wirtschaftliche Lage ist auch wegen der Schwäche des verbündeten Landes Venezuela desolat und die sozialen Spannungen nehmen zu.

Im Gegensatz zu den Revolutionären Fidel und Raúl Castro verfügt der neue Staatschef nicht über die natürliche Legitimation der alten Führer. Er muss „liefern“, Erfolge vorweisen. „Wenn es ihm nicht gelingt, die wirtschaftliche Lage zu verbessern, wird er mit den politischen Folgen zu kämpfen haben“, sagt Arturo López-Levy von der Universität Texas-Rio Grande Valley. (dpa)