Olaf Scholz hat beim politischen Aschermittwoch für den Koalitionsvertrag geworben. Der SPD-Politiker teilte gegen Angela Merkel aus.

Eine politische „Rampensau“ wird Olaf Scholz in diesem Leben nicht mehr. Schwer erkältet bahnt sich der neue Kurzzeit-SPD-Chef am Mittwoch im bayerischen Vilshofen den Weg ins Bierzelt. Politischer Aschermittwoch. Das bedeutet Attacke und große Klappe. So gar nicht die Welt des Strategen aus Hamburg, der für eine große Koalition das Amt des Regierungschefs an der Elbe gegen die Posten als Vizekanzler und Bundesfinanzminister an der Spree eintauschen will.

Aber Scholz macht seine Sache nicht schlecht. Für seine Verhältnisse geht er sogar ein bisschen aus sich heraus. In seiner 35-minütigen Rede ballt er mehrfach die Fäuste, rudert mit den Armen. „Nicht nur ein bayerischer Politiker hat wohl den Zenit seiner politischen Karriere überschritten, sondern wohl auch eine Frau aus dem Norden“, teilt Scholz gegen CSU-Chef Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aus.

Scholz will der verunsicherten Basis Mut machen

Nach den Chaostagen in der SPD – Parteichef Martin Schulz warf entnervt den Vorsitz und seine Ambitionen auf das Außenministerium hin – will Scholz der verunsicherten Basis Mut machen. Vor einem Jahr jubelten Tausende SPD-Anhänger im völlig überfüllten Zelt noch frenetisch Schulz zu. Jetzt ist die Stimmung gedämpfter. „Vielen Dank für die Einladung, moin moin“, sagt Scholz zur Begrüßung.

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Bei einem Sonderparteitag am

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. An Nahles’ Kür bestehen kaum Zweifel – aber es gibt Gegenkandidaten. Nach der Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) gab der Kommunalpolitiker Dirk Diedrich aus Dithmarschen seine Kandidatur bekannt. Er wolle eine „basisdemokratische Entscheidung“, begründete der Berufsschullehrer seinen Schritt: „Die Kür einer Einzelbewerberin erinnert an das, wie es immer war.“

Andrea Nahles: Ihre Karriere in Bildern

Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben.
Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben. © dpa | Martin Gerten
Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos.
Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andreas Altwein
Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996.
Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996. © REUTERS /
Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand.
Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand. © REUTERS /
Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne.
Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne. © Getty Images | Sean Gallup
Die praktizierende Katholikin ist Mutter einer Tochter.
Die praktizierende Katholikin ist Mutter einer Tochter. © Meike Boeschemeyer
Von ihrem Ehemann – dem Kunsthistoriker Marcus Frings – lebt sie seit Anfang 2016 getrennt.
Von ihrem Ehemann – dem Kunsthistoriker Marcus Frings – lebt sie seit Anfang 2016 getrennt. © Getty Images | Sean Gallup
Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt.
Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt. © REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
Im Bundestagswahlkampf 2017 machte Nahles sich für den damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz stark.
Im Bundestagswahlkampf 2017 machte Nahles sich für den damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz stark. © Getty Images | Carsten Koall
Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion.
Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei.
Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei. © dpa | Kay Nietfeld
Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende.
Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will.
Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will. © Reto Klar | Reto Klar
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SPD feiert das Ende bei Kettenbefristungen von Arbeitsverträgen

Olaf Scholz und Natascha Kohnen in Vilshofen.
Olaf Scholz und Natascha Kohnen in Vilshofen. © REUTERS | MICHAELA REHLE

Davon unbeeindruckt wirbt Scholz in Vilshofen vehement für den gerade mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag: „Das ist ein guter Vertrag.“ Das zeige sich allein schon daran, wie groß das Entsetzen in der CDU darüber sei: „Man muss sich ja nur die Diskussion in der Union anschauen, dass wir es richtig hinbekommen haben.“ Die SPD habe erreicht, dass die „Schweinerei“ bei den Kettenbefristungen von Arbeitsverträgen aufhören soll. Auch bei gebührenfreien Kitas und dem Recht auf eine Ganztagsbetreuung für Schüler hätten die Sozialdemokraten viel herausgeholt. „Wir sind die Partei des Volkes“, ruft Scholz. Die bayerischen Genossen applaudieren freundlich.

In Umfragen liegt die SPD nur noch zwischen 16 und 18 Prozent. Scholz glaubt dennoch, dass bis zur nächsten Bundestagswahl 30 Prozent plus x drin sind. Die Bürger müssten nun schnell wieder das Gefühl bekommen, dass das Land bei der SPD in guten Händen sei. Doch erst einmal müssen Scholz und Nahles im Doppelpack die skeptischen SPD-Mitglieder von der GroKo überzeugen.

In Hamburg und Hannover beginnen die Regionalkonferenzen

An diesem Samstag wird das Duo in Hamburg und Hannover bei den ersten von sieben Regionalkonferenzen auftreten. Die Liste der potenziellen sechs SPD-Minister wollen Scholz und Nahles weiter unter Verschluss halten. Keine guten Chancen auf Weiterbeschäftigung werden Außenminister Sigmar Gabriel eingeräumt.

Nahles und Scholz wollen die SPD ohne den langjährigen Vorsitzenden erneuern. Deutschlands populärster Politiker wolle auch nicht um jeden Preis im Amt bleiben. Jeder Parteivorstand habe das Recht, Ministerposten neu zu besetzen. „Da gibt es nichts zu kritisieren und schon gar nicht zu grollen oder zu jammern, sondern zum Abschied leise Servus zu sagen“, sagte Gabriel der „Zeit“.

Bei Schulz habe er sich für seine „Mann-mit-Haaren-im-Gesicht“-Bemerkung zunächst per SMS und dann persönlich entschuldigt. „Wir verstehen beide, wo unsere gegenseitigen Verletzungen liegen und dass alles menschlich ist. Wir sind schließlich keine Polit-Maschinen.“

Scholz an der SPD-Basis: Mit Humor gegen #NoGroKo

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