Berlin. Weil in Deutschland nicht ausreichend geimpft wird, sind die Masern nach 20 Jahren in Guatemala zurück. Ärzte fordern nun Konsequenzen.

Guatemala galt seit 20 Jahren als frei von Masern. Jetzt hat eine Jugendliche nach einem Schüleraustausch in Deutschland die Viruserkrankung wieder in das mittelamerikanische Land eingeschleppt. Um solchen Fällen in Zukunft vorzubeugen, fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland nun die Einführung einer generellen

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für alle Kleinkinder.

„Deutschland darf nicht zum Exporteur von Masern werden“, sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach am Dienstag. „Weil in Deutschland immer noch nicht ausreichend geimpft wird, sind die lebensgefährlichen Masern in Guatemala zurück, wo sie eigentlich schon ausgerottet waren.“

Masern-Export „tragisch und beschämend“

Von diesem Ziel sei Deutschland dagegen weit entfernt. „Nun haben wir die Masern sogar in ein Land exportiert, das trotz seiner Armut dank kluger Gesundheitspolitik dieses Ziel längst erreicht hatte. Dies ist tragisch und beschämend“, erklärte Fischbach. Zugleich kritisierte der Verband die „Unverantwortlichkeit hiesiger Politiker, die sich immer noch einer gesetzlich verankerten Impfpflicht verweigern“.

Die Masernerkrankung bei der 17-Jährigen war in der vergangenen Woche in einer Privatklinik entdeckt worden, nachdem die junge Frau aus Deutschland zurückgekehrt war. „Es besteht kein Risiko, dass die Patientin bei der Einreise am Flughafen jemanden angesteckt hat“, sagte Gesundheitsminister Carlos Soto Menegazzo.

Sie habe zu diesem Zeitpunkt noch keine Symptome gezeigt und sei demnach nicht ansteckend gewesen. Alle Schüler und Lehrer der Schule, die Mitarbeiter des Krankenhauses sowie die Angehörigen und Nachbarn der Patientin wurden geimpft.

Masern können lebensbedrohlich werden

Noch immer erkranken in Deutschland jedes Jahr Menschen an Masern.
Noch immer erkranken in Deutschland jedes Jahr Menschen an Masern. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

In Deutschland hat das Robert-Koch-Institut (RKI) im vergangenen Jahr knapp 1000 Masernfälle registriert,

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Masern sind eine Infektionserkrankung und führen zu hohem Fieber, Hautausschlag und Husten. In seltenen Fällen kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. An der Impfpflicht führt nach Angaben des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte kein Weg vorbei, Appelle an freiwillige Impfungen reichten nicht aus.

„Die ungeimpften Kinder sind nicht nur selbst den lebensbedrohlichen Masern ausgesetzt, sie gefährden auch andere Menschen, zum Beispiel Säuglinge und Kleinkinder, die noch nicht geimpft werden konnten, aber auch ungeimpfte Jugendliche und Erwachsene“, unterstrich Fischbach. Geimpft werden sollten nach Ansicht des Ärzteverbandes alle Kleinkinder, bevor sie in eine Kita gehen.

Zwei Impfungen vor dem zweiten Geburtstag

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI in Berlin empfiehlt bei Kindern zwei Impfungen vor dem zweiten Geburtstag, und zwar die erste zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat und die zweite zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat. Eine frühere Impfung ist möglich und zum Beispiel sinnvoll, wenn das Kind deutlich vor dem ersten Geburtstag in die Kita kommt. Vor dem 9. Lebensmonat sollten Kinder aber in aller Regel nicht geimpft werden.

In Deutschland üblich ist die Impfung mit dem sogenannten MMR-Kombinationsstoff, der außer vor Masern auch vor Mumps und Röteln schützt. Bei der zweiten Impfung ist dann mit dem MMRV-Impfstoff auch eine gleichzeitige Impfung gegen Varizellen möglich, die für das gleiche Alter empfohlen wird. Grundsätzlich rät die STIKO, verschiedene Impfungen zu kombinieren und ihre Gesamtzahl somit zu reduzieren – und dadurch auch das Risiko von Nebenwirkungen.

Welche Erwachsenen sich impfen lassen sollten

Wer nach dem Jahr 1970 geboren wurde und erst einmal oder noch gar nicht gegen Masern geimpft ist, sollte sich sicherheitshalber impfen lassen – ebenfalls mit dem MMR-Impfstoff. Das gilt auch für Erwachsene, die ihren Impfstatus nicht genau kennen. Bis einschließlich 1970 Geborene waren in den meisten Fällen dagegen bereits an Masern erkrankt und sind dann geschützt.

Wer dies nicht mehr so genau weiß und beruflich oder privat Kontakt zu Erkrankten hat, sollte die Impfung sicherheitshalber nachholen. Etwa zehn Tage nach der Impfung können sogenannte Impfmasern auftreten, eventuell auch in Kombination mit Fieber. Ansteckend sind sie nicht. (dpa/epd/cho)