Berlin. Die Union will die GroKo, die SPD möchte die Gespräche „ergebnisoffen“ halten. Streit mit gibt es vor allem in der Gesundheitspolitik.
Das wichtige Wort ist „stabil“. Die Union wolle mit der SPD „Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen“, lautet der entscheidende Satz, der nach einem ersten Spitzentreffen der Spitzen von CDU, CSU und SPD am Mittwochabend verbreitet wird. „Stabil“ bedeutet: Die Union redet mit den Sozialdemokraten nur über eine
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Es war das erste Mal, dass sich die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, und SPD-Chef Martin Schulz ohne den Bundespräsidenten getroffen haben, um über die Bildung einer Regierung zu sprechen. Dabei waren die Fraktionschefs Andrea Nahles (SPD) und Volker Kauder (CDU) sowie Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (CSU).
Am Freitag Entscheidung über Sondierungen
Über das Gespräch wurde nichts bekannt. Schulz dürfte mit den Unions-Leuten aber über eine Minderheitsregierung gesprochen haben und auch über die neueste Idee: eine „Kooperationskoalition“. Dabei will die SPD zwar Ministerposten haben, aber nicht alle Entscheidungen mittragen. Dass die Union diesen Traum nicht mitträumt, ist nun klar.
Parteichef Schulz hatte auf dem Parteitag noch versprochen, „ergebnisoffen“ zu verhandeln. Daran habe sich nichts geändert, hieß es am Donnerstag aus der SPD. An diesem Freitag soll der Parteivorstand entscheiden, ob es
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geben soll.
Bundespräsident Steinmeier sagte am Rande eines Staatsbesuchs in Gambia, die Beteiligten seien erfahren genug, um zu wissen, dass nach dem Scheitern der Gespräche über eine Jamaika-Koalition „für die Öffentlichkeit Zeitdruck entsteht“. Geht es nach den Bürgern, soll es eine neue große Koalition geben: Laut einer Umfrage von Infratest Dimap für die ARD fänden 61 Prozent der Wahlberechtigten eine
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„sehr gut“ oder „gut“. Eine von CDU und CSU geführte Minderheitsregierung lehnen 59 Prozent ab.
Union gegen mehr Zentralisierung
Teile der Union zweifeln inzwischen jedoch, dass die Schnittmengen mit der SPD groß genug sind. In der Kritik stehen besonders Schulz’ Vorstellungen von den „Vereinigten Staaten von Europa“. Schulz habe „die fatale Erwartungshaltung geweckt, dass Deutschland auf noch mehr europäische Transfers einschwenkt“, kritisiert etwa der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger. Von den Gesprächen mit der SPD müsse das Signal ausgehen, dass die Union die Vorschläge des SPD-Chefs nicht teile, forderte er.
Mehr Zentralisierung, mehr finanzielle Transfers und mehr Brüsseler Bürokratie dürften mit der Union nicht zu machen sein, warnte Steiger. Am Ende stünden Streit, Spaltung und höhere Kosten für Deutschland. „Der Europa-Vorstoß von Schulz zeigt eine der größten Gefahren und entscheidenden, kaum überwindbaren Bruchstellen einer möglichen großen Koalition“, so der Generalsekretär.
Krankenkassen sehen Bürgerversicherung skeptisch
Auch in der Gesundheitspolitik stößt die SPD mit ihren Forderungen auf Widerstand. CDU und CSU halten von den Plänen für eine Bürgerversicherung nichts. Sogar die gesetzlichen Krankenkassen, die ja eigentlich von der Bürgerversicherung profitieren sollen, sind skeptisch. Christoph Straub, Chef der zweitgrößten Kasse, der Barmer, sagte dieser Redaktion: „Ich kann derzeit nicht erkennen, welche Vorteile eine Bürgerversicherung für die gesetzlichen Krankenkassen hätte.“
Im besten Fall habe eine Bürgerversicherung keine Nachteile für die Kassen, so Straub. „Im negativen Fall kommen erhebliche Belastungen auf die gesetzlichen Kassen zu, weil ältere Privatversicherte und solche mit Kindern die PKV verlassen wollen“, sagte der Kassenmanager. Zwar sei es langfristig sinnvoll, die Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung (PKV) aufzuheben. Der Übergang sei aber unklar: „Ich warne deshalb davor, die Einführung einer Bürgerversicherung übers Knie zu brechen.“
Debatte um einheitlichen Versicherungsmarkt
Auch der Chef des Marktführers Techniker Krankenkasse, Jens Baas, zweifelt daran, dass die SPD weiß, was sie bei der Bürgerversicherung will. Die Diskussion um einen einheitlichen Versicherungsmarkt sei richtig, so Baas. Der Weg dorthin müsse aber sorgfältig geplant und der Wettbewerb fair gestaltet werden.
Es bestehe die Gefahr, dass die Solidargemeinschaft die Probleme der Privatversicherungen löse: „Viele der gerade diskutierten Ansätze wie ein Wechselfenster oder eine einheitliche Gebührenordnung der Ärzte für GKV- und PKV-Patienten hätten genau das zur Folge.“ Beide Systeme dürften nicht parallel existieren, gesetzlich Versicherte seien dann benachteiligt. Genau wie Baas warnt auch die Chefin des obersten Kassenverbands, Doris Pfeiffer: „Lösungen von PKV-Problemen darf es nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung geben.“
Lauterbach: „Keine Honorarkürzungen durch die Hintertür“
In einem Informationspapier zur Bürgerversicherung, das dieser Redaktion vorliegt, nennt SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach erste Details. Die Einführung der neuen Krankenversicherung sei „ein Prozess“, heißt es dort. Nicht alle Bürger würden „von heute auf morgen in die Bürgerversicherung wechseln“.
Privatversicherungen würden auch nicht abgeschafft, sie sollten aber dieselben Leistungen wie gesetzliche Kassen anbieten und außerdem Zusatzversicherungen verkaufen. „Gleichzeitig sollen überflüssige Leistungen der PKV reduziert werden“, so Lauterbach. Ärzte sollten künftig ein einheitliches Honorar bekommen. Über die Höhe macht der Gesundheitspolitiker noch keine Angaben. Es werde aber „keine Honorarkürzungen durch die Hintertür geben“. Die Finanzierung solle weiter nur aus Arbeitseinkommen und aus Steuergeld erfolgen: Neben den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen solle der existierende Steuerzuschuss „als dritte Finanzierungssäule ausgebaut“ werden.