Andernfalls werde dem politisch isolierten Land „mit Feuer, Wut und Macht begegnet werden, wie es die Welt niemals zuvor gesehen hat“.
Ein Satz, der auch als Signal eines Atomangriffs gewertet wurde und in US-Medien für helle Aufregung sorgte. Nordkorea konterte mit der Aussage, gezielt einen Raketenangriff auf den US-Militärstützpunkt Guam im Pazifik zu erwägen. Die wichtigsten Facetten des Konflikts im Überblick:
Warum die erneute Zuspitzung im langen „Krieg der Worte“ zwischen Amerika und Nordkorea?
Nach zwei erfolgreichen Tests mit Interkontinentalraketen, die nach Ansicht von Experten US-Festland erreichen könnten, hat Nordkorea nach Erkenntnissen des US-Militärgeheimdienstes DIA und japanischen Stellen einen weiteren zentralen Fortschritt gemacht: den Bau von miniaturisierten Atom-Sprengköpfen, die auf besagte Raketen montiert werden können.
Nordkorea: Raketen für den Führer
1/20
Sollte sich der bisher weder vom Weißen Haus noch vom Nationalen Geheimdienstkoordinator offiziell bestätigte Befund der DIA erhärten, wäre das Gegenteil von dem eingetreten, was Trump bei Amtsantritt den Amerikanern versprochen hat: Nordkorea werde niemals in den Stand gelangen, eine atomar bestückte Rakete auf Amerika richten zu können.
Noch vor wenigen Tagen hatte Trumps Nationaler Sicherheitsberater H.R. McMaster bekräftigt, dass eine Atommacht Nordkorea für Trump „nicht tolerierbar“ wäre.
Woher kommt Trumps martialische Wortwahl, was will er?
Weil sich der US-Präsident nicht erklärt, sind nur Mutmaßungen möglich. Danach war der Satz, den Trump in seinem Urlaubsdomizil Bedminster/New Jersey sprach a) entweder aus dem Bauch gesteuert und impulsiv; Trump liebt einfach Superlative. Oder b) bewusst an Präsident Harry Truman angelehnt, der Japan im 2. Weltkrieg nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima mit ähnlichen Worten zur Kapitulation zwingen wollte.
Trump hat bereits in anderen Zusammenhängen oft die Formulierung „….wie es die Welt noch nicht gesehen hat“ benutzt. Dass er dies zum ersten Mal mitten in einer geopolitischen Krise tut, nennt der Präsidenten-Historiker Michael Beschloss „einzigartig“.
Was hat es mit dem angedrohten Angriff auf Guam auf sich?
Kims Drohung, das 3200 Kilometer entfernte US-Militärdrehkreuz (6000 Soldaten, Atom-U-Boote, Spezialkräfte etc.) ins Visier zu nehmen, wurde in Washington als Antwort auf militärische Manöver der USA über der koreanischen Halbinsel und den Test einer US-Interkontinentalrakete verstanden — und nicht als direkte Replik auf Trumps „Zorn-und-Feuer“-Einlassung.
Das US-Territorium im Pazifik ist schon häufiger Ziel von rhetorischen Muskelspielen gewesen. Nie ist etwas geschehen. US-Analysten halten einen Angriff Nordkoreas als Erstschlag auf Guam für abwegig: „Zu wenige Opfer und eine drakonische Antwort Amerikas wäre programmiert.“
Ist die Kriegsgefahr in Asien unmittelbar gestiegen?
Viele Experten sagen mit Verweis auf die potenziell verheerenden Folgen einer militärischen Konfrontation: nein. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass die verbalen Kraftmeierei in Pjöngjang und Washington „zu fatalen Missverständnissen und irreparablen Fehlern“ führen könnte.
Findet Trump Unterstützung?
Kein relevanter Politiker in den USA hat sich bislang hinter den Präsidenten gestellt. Die Demokraten werfen ihm gefährliches „Wutgeschrei“ vor. Trump habe sich mit Kim Jong Un gemein gemacht.
Der republikanische Außenexperte John McCain sieht in Trumps Auftritt die Umkehrung der von Präsident Teddy Roosevelt geprägten Doktrin: „Speak softly but carry a big stick“ (Sprich sanft, aber trage einen großen Stock). Echte Führer sprächen keine Drohungen aus, „solange sie nicht bereit zum Handeln sind“, sagte McCain. Er warf Trump vor, ohne Not eine rote Linie gezogen zu haben. Setze Kim Jong Un seine Drohungen fort, müsse Trump handeln. Andernfalls verlören die USA ihre Glaubwürdigkeit.
Spielt Religion eine Rolle?
Mit Besorgnis wurde in Washington registriert, dass radikale Prediger wie der texanische Baptist Robert Jeffress Trump geradezu ermutigen, gegen Nordkorea vorzugehen. Gott habe dem amerikanischen Präsidenten die Prokura erteilt, Kim Jong Un auszuschalten, sagte Jeffress. Die Evangelikalen gehören zu Trumps wichtigen Wählergruppen.
Dass Trump bei seinen Worten bewusst auf eine apokalyptische Bibelstelle im Alten Testament zurückgegriffen haben könnte, wird in Washingtoner Politikzirkeln als abwegig bezeichnet. „Trump kennt die Bibel nur von außen“, sagte ein republikanischer Analyst auf Anfrage.
Was sagen Fachleute?
Siegfried Hecker, ein Atomwaffenexperte der kalifornischen Stanford-Universität, der Nordkorea regelmäßig besucht hat, warnt davor, Kim Jong Un „größer zu machen, als er momentan ist“. Er bezweifelt, dass Nordkorea kurzfristig in der Lage ist, eine Atom-Rakete nach Amerika zu lenken. So sei zum Beispiel nicht getestet, ob die Trägerraketen den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre (Voraussetzug für einen Bombenabwurf) überstehen würden – oder verglühen.
Das ist Donald Trumps Kabinett
1/36
Wie andere warnt auch Hecker davor, Kim Jong Un verzerrt darzustellen. „Er ist weder verrückt noch selbstmörderisch veranlagt, geschweige denn ist er unberechenbar“. Dahinter steht die Überzeugung, dass Kim Jong Un das Atomprogramm als wichtigste Lebensversicherung ansieht, um sein Regime am Leben zu halten und nicht wie Irak und Libyen zu enden.
Wer wird jetzt wichtig?
Vor allem Top-Militärs. Mit John Kelly hat Trump einen ehemaligen Viersterne-General als Stabschef ganz eng bei sich. Dazu kommen Sicherheitsberater H.R. McMaster und Verteidigungsminister James Mattis, beide ebenfalls hoch dekorierte Ex-Generäle.
Das Trio verkörpert das Gegenteil von Scharfmachern. Mattis warnt seit Monaten vor einer militärischen Eskalation in Nordkorea, weil dies zu den „verheerendsten Opferzahlen“ seit Ende des Zweiten Weltkriegs führen würde
Hört Trump auf sie?
Obwohl in Militärkreisen Konsens ist, dass es keine einzige gute Lösung für eine gewaltsame Beendigung der atomaren Bedrohung durch Nordkorea gibt, schließen Analysten nicht aus, dass der strauchelnde Präsident (kaum vorzeigbare Leistungen, Zustimmungswerte in der Bevölkerung im Keller) einen außenpolitischen Befreiuungsschlag unternehmen könnte. Er hat die alleinige atomare Befehlsgewalt.
Warum treten die Militärs auf die Bremse?
Nordkorea nachhaltig in kurzer Zeit zu neutralisieren, kann aufgrund der Größe und letztlich unbekannten Schlagkraft des Gegners nicht gelingen. Das ist Konsens im Pentagon. Viele Abschussbasen für Raketen sind unterirdisch. Die konventionelle Feuerkraft Nordkoreas ist gewaltig.
Gleichzeitig ist programmiert, dass Nordkorea den Nachbarn Südkorea mit seinem 25 Millionen Einwohner-Großraum um Seoul in Schutt und Asche legen könnte. Dort leben über 100.000 Amerikaner. Außerdem sind 28.500 US-Soldaten dort stationiert. Der Tod von tausenden Zivilisten und Militärs wäre die Folge.