Berlin. Nach einer Stammzellentransplantation ist womöglich der dritte Mensch weltweit frei von HIV. Forscher dämpfen aber die Hoffnungen.

Vor elf Jahren machte der Fall des „Berliner Patienten“ weltweit Schlagzeilen: Medizinern der Berliner Charité war es gelungen, den HIV-positiven und an Blutkrebs erkrankten Timothy Ray Brown nach der Transplantation von besonderen Stammzellen von dem Virus und später auch von dem Krebs zu heilen.

Bis heute lebt Brown Berichten zufolge ohne HIV-Therapie. Ein Einzelfall, hieß es damals. Doch nun könnte es weitere Fälle geben. Nachdem britische Wissenschaftler erst vor kurzem im Fachmagazin „Nature“ berichtet hatten, dass ein HIV-Patient seit 18 Monaten ohne im Blut nachweisbare HI-Viren lebt, obwohl er keine Therapie erhält, könnte mit dem „Düsseldorfer Patienten“ möglicherweise ein dritter Mensch von HIV geheilt worden sein.

Therapie nur unter sehr speziellen Bedingungen

Nach einer speziellen Stammzelltransplantation sei bei dem Mann das HI-Virus aktuell nicht nachweisbar, teilte die Universität Düsseldorf mit. Allerdings sei es noch zu früh, um von einer Heilung zu sprechen. Der Patient habe erst vor dreieinhalb Monaten Medikamente abgesetzt, die die Vermehrung des HI-Virus unterdrücken.

Der Fall wurde bislang nicht in einem begutachteten Fachjournal publiziert. Die angewendete Therapie kommt nur unter sehr speziellen Bedingungen für HIV-Infizierte in Frage. Zuvor hatten andere Medien über den Fall berichtet.

Gegen HIV resistente Stammzellen transplantiert

Die Stammzelltransplantation war bei dem Patienten wegen einer Form von Blutkrebs notwendig geworden. Das Besondere daran: Der Spender hat in seinem Erbgut eine sehr seltene Mutation, die ihn immun gegen bestimmte Formen des HI-Virus macht, wie es in einer Mitteilung des Forschungsnetzwerks Icistem heißt.

Über seine Identität wollte die behandelnde Uniklinik am Donnerstag keine Angaben machen. Auch die Deutsche Aidshilfe schreibt auf ihrer Internetseite, dass es sich um den dritten Menschen weltweit handeln könnte, bei dem eine Heilung gelungen ist.

Der zuvor von den britischen Forschern beschriebene Patient litt an einer Krebsart, die das blutbildende System betrifft und bekam ebenfalls Stammzellen von einem Spender transplantiert, der genetisch resistent gegen eine HIV-Infektion ist.

Mehr als anderthalb Jahre ohne HIV-Medikamente

Diese Resistenz entsteht durch fehlerhafte Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen, die das HI-Virus braucht, um die Zellen zu infizieren. Für 16 weitere Monate erhielt der Patient nach der Operation eine HIV-Therapie und lebt nun seit mehr als anderthalb Jahren ohne die Medikamente.

Das seien Ergebnisse von großer Bedeutung, sagt Professor Hans-Georg Kräusslich vom Uniklinikum Heidelberg, da der „Berliner Patient“ bisher ein Einzelfall sei. „Wiederholbarkeit ist ein entscheidendes Kriterium wissenschaftlicher Evidenz“, sagte Kräusslich, der nicht an der Studie beteiligt war.

Transplantation auch künftig keine Option

Für die Behandlung von HIV-Patienten ohne zusätzliche Erkrankung wie im aktuellen Fall sei eine Stammzellentransplantation jedoch auf Grund der Schwere des Eingriffs und der im Vergleich dazu gut verträglichen Therapieoptionen auch künftig keine Option.

Dennoch liefere der Fall wichtige Ergebnisse für die Entwicklung gentherapeutischer Behandlungsoptionen, sagte Dr. Gero Hütter, damals Browns behandelnder Arzt, „um ein Verfahren zu entwickeln, dieses Prinzip der HIV-Heilung praktikabler und für den Patienten risikoärmer umzusetzen.“

Mit Hilfe einer Gentherapie hoffen Forscher, das Erbgut von HIV-Patienten irgendwann so verändern zu können, dass sie resistent gegen das Virus sind.

HIV-Infizierte können mit Behandlung fast normal leben

Schon heute kann eine HIV-Infektion gut behandelt werden – sofern sie früh genug entdeckt wird. Wer sich einem HIV-Risiko ausgesetzt hat, sollte also nicht vor einem Test zurückschrecken. Den kann man anonym bei Hilfsstellen wie etwa der Aidshilfe oder auch beim Hausarzt oder Gynäkologen machen lassen.

Seit einigen Monaten sind zudem

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die in Drogerien oder Apotheken verkauft werden.

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Wird die Infektion nicht behandelt, vermehrt sich das Virus im Körper und schwächt das Immunsystem. Es kommt zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Lungenentzündungen, bestimmten Krebsarten oder Schädigungen des Nervensystems und Gehirns. Erst in diesem Stadium spricht man von Aids, erklärt die Deutsche Aidshilfe auf ihrer Website.