Berlin. Muss Hans-Georg Maaßen seinen Posten räumen? Im ARD-Talk von Anne Will gab es zumindest wenige Fürsprecher für den Geheimdienstler.

Wie gerne würde die SPD auf den Tisch hauen. Klare Kante zeigen, den umstrittenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, einfach vor die Tür setzen. „Ein SPD-Innenminister hätte ihn längst entlassen“, sagte der glücklose Kanzlerkandidat Martin Schulz am Sonntagabend bei Anne Will. Der Haken an der Sache: Das Bundesinnenministerium ist in CSU-Hand. Und Parteichef Horst Seehofer steht hinter Maaßen. Noch.

Fliegt Maaßen am Dienstag? Die SPD hat kein Druckmittel

Die SPD erhöht deshalb rhetorisch den Druck. Maaßen müsse gehen, heißt es aus der Partei. Doch was, wenn nicht? Bei Anne Will (Thema: „Streit um Maaßen – in welcher Verfassung ist unsere Demokratie?“) wurde das Dilemma der Partei einmal mehr deutlich: Sie hat kein Druckmittel – und keine Alternative zur Großen Koalition.

Ex-Parteichef Martin Schulz druckste zunächst herum. Er glaube, dass Maaßen am Dienstag, nach dem Treffen der Parteichefs von CDU, CSU und SPD, abtreten müsse. „Er ist nicht mehr zu halten“, so Schulz. Auf die Frage, ob die Sozialdemokraten sonst die Koalition platzen ließen, sagte Schulz: „Neuwahlen auszulösen, wäre unverantwortlich“. Die Partei muss also darauf hoffen, dass auch die Union genug hat von Maaßen, der sich mit einem „Bild“-Interview und umstrittenen

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selbst ins Abseits befördert hat.

Im Innenausschuss des Bundestags stand der Chef des Verfassungsschutzes den Abgeordneten Rede und Antwort, erklärte sich und bedauerte, dass seine Aussagen zu den Ausschreitungen in Chemnitz und den dort vermeintlich gemachten Videoaufnahmen falsch verstanden worden seien. „Für mich hat er keine Zweifel ausgeräumt“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) bei Anne Will. Auch Grünen-Chef Robert Habeck kritisierte Maaßen scharf. Es gebe – Stichwort NSU und Fall Amri – eine Tradition des Verfassungsschutzes, nicht sauber zu arbeiten.

CDU-Mann will nicht für Maaßen in die Bresche springen

Dass Pau und Habeck den Verfassungsschutz und seinen Präsidenten attackieren, war abzusehen. Schließlich wollen Linke und Grüne die Behörde komplett umkrempeln. Doch auch Paul Ziemiak, der Bundesvorsitzende der Jungen Union, wollte nicht in die Rolle des Maaßen-Verteidigers schlüpfen.

Dass der Chef des Inlandsgeheimdienstes seine Skepsis über ein Video öffentlich machte, das seine Behörde nicht mal geprüft habe, bezeichnete der Unions-Mann als Fehler. „Es war nicht gut, es war falsch“, so Ziemiak. Denn so wurde der Eindruck suggeriert, dass der Filmausschnitt eine Fälschung sei. Ob

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aber noch das Vertrauen der Koalition genieße, konnte Ziemiak nicht beantworten. Seine persönliche Meinung: „Nach der Innenausschusssitzung hatte ich keinen Grund zu sagen, dass Hans-Georg Maaßen den Posten räumen muss“.

Extremisten mobilisieren in kürzester Zeit

Der Journalist Georg Mascolo stellte fest, dass die Regierung vor der Sommerpause im Asylstreit am Abgrund stand – und jetzt schon wieder an einem ähnlichen Punkt angelangt sei. Und das in einer Situation, in der sich das gesellschaftliche Klima im Land aufheize. Die rechte Szene schafft es in kurzer Zeit, hunderte Teilnehmer für Demonstrationen zu mobilisieren.

In

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griffen Vermummte ein jüdisches Restaurant, das einzige in Ostdeutschland, mit Steinen an. Als „Schande“ bezeichnete das Ex-SPD-Chef Schulz und Paul Ziemiak sagte, dass es ein „riesiges Problem in Deutschland mit Antisemitismus“ gebe. Der Judenhass komme von links, von rechts und aus dem radikal-islamischen Milieu. Martin Schulz forderte „Konsequenz im Alltag“ – eine gesellschaftliche Mobilisierung sei nötig, man müsse sich Antisemiten immer und überall entgegen stellen.

Doch wie steht es nun um Deutschland im Jahr 2018? Die eigentlich spannende Frage ging etwas unter. Lediglich der Investigativ-Journalist Georg Mascolo sorgte zum Ende hin für etwas Einordnung. Er warnte vor Untergangsprophezeiungen, die Demokratie sei stark. „Die radikalsten Prophezeiungen bekommen die meiste Aufmerksamkeit“, sagte er. Sie seien aber oft falsch. Er jedenfalls sei „vorsichtig optimistisch“, was die Zukunft des Landes anbelangt.

Nach Chemnitz und

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ist das immerhin etwas.

Die aktuelle Ausgabe von „Anne Will“ sehen Sie in der ARD-Mediathek.