Berlin. Markus Söder blockiert die Teil-Impfpflicht. Bei “Anne Will“ hat der Karl Lauterbach der CSU dazu nochmal klar die Meinung gesagt.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird dieser Tage heftig diskutiert. Ab dem 16. März gilt diese für das Personal in Gesundheits- und Pflegeberufen, auch ein Gesetz gibt es dafür. Doch in beinahe allen unionsgeführten Ländern wird deren Umsetzung in Zweifel gezogen. Zunächst vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Doch dann zogen auch Sachsen, Hessen und das Saarland – und schließlich auch CDU-Chef Friedrich Merz. Das Thema dürfte auch am Mittwoch beim neuen Corona-Gipfel Raum einnehmen, ebenso wie weitere Lockerungen. Lesen Sie hier: Corona: Das sagen Pandemie-Experten zu möglichen Lockerungen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisiert Söder zu dessen Impfpflicht-Volte und sagt, das sei ein "sehr problematischer Vorgang". "Wenn er das Gesetz nicht mehr will, muss ein anderes Gesetz kommen, aber er kann nicht einfach sagen: 'Das will ich nicht'", sagt er. CSU-Generalsekretär Markus Blume hingegen sieht in der Kritik an Söder eine "Erzählung der Ampel", die damit ablenken wolle. Die Situation habe sich geändert und die Bundesregierung mache zu wenig, um die Impfpflicht voranzutreiben. Mehr zum Thema: Corona: Warum die EU-Kommission bei der Impfpflicht bremst

"Anne Will": Diese Gäste waren dabei

  • Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit
  • Markus Blume (CSU), Generalsekretär und Mitglied des Bayerischen Landtags
  • Jana Schroeder, Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
  • Joachim Stamp (FDP), Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und stellvertretender Ministerpräsident
  • Elke Keiner, Geschäftsführerin Soziale Dienste Pesterwitz GmbH in Sachsen und dort Leiterin eines Pflegeheims

Karl Lauterbach bei "Anne Will": Schwere Vorwürfe gegen CSU-Spitzen

"Ich glaube, Sie haben Angst, im Bundestag keine Regierungsmehrheit für die Impfpflicht zu kriegen", sagt Blume in Richtung des Bundesgesundheitsministers. "Jetzt haben Sie drei Dinge eingebracht, die falsch waren, und eine Polemik", entgegnet Lauterbach. Und fügt hinzu: "Stellen Sie sich doch nicht dümmer als Sie sind." Das meint er im Hinblick darauf, dass etwaige Gesetzentwürfe in der Frage der allgemeinen Impfpflicht nicht von der Bundesregierung, sondern vom Parlament kommen. Lauterbach nennt die Aussagen von Blume "hässliche Legenden" und spricht von "Unterstellungen".

Doch auch Joachim Stamp (FDP), der stellvertretenden Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, kritisiert Söder. Alle CSU-Mitglieder hätten im Bundestag für die einrichtungsbezogene Impfpflicht gestimmt. "Dann kann man sich da nicht so breitbeinig hinstellen und sagen: 'Das ist ein schlechtes Gesetz'", sagt er. Lesen Sie mehr: Wie sich Paare trotz Corona-Pandemie verlieben

"Anne Will": Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (rechts, SPD) hält Markus Blume (links, CSU) Polemik in Sachen Impfpflicht vor. © NDR/ Wolfgang Borrs | NDR/ Wolfgang Borrs

Lauterbach bei "Anne Will": "Die Welt ist durch Corona schlechter geworden"

"Ich würde mich freuen, wenn diejenigen, die ein Problem sehen, auch mal eine Lösung zeigen", sagt Lauterbach. "Wir haben Angst vor ganz anderen Varianten im Herbst", so der Bundesgesundheitsminister. Dass die Omikron-Welle zurückgehe, habe man auch gesehen, "dafür brauchen wir Söder nicht." Die Welt sei durch Corona etwas schlechter geworden. Das Virus gehe nicht mehr weg, sagt er. "Die Idee, dass das jetzt immer ungefährlicher wird, ist ein ganz gefährlicher Mythos", so der Gesundheitsminister. "Wir müssen jetzt auch mal aus dieser Angst-Erzählung rauskommen", widerspricht Joachim Stamp. Auch interessant: Mysteriöse Corona-Mutationen in New Yorker Abwasser entdeckt

"Wir haben die Welle verpasst", klinkt sich CSU-General Blume erneut in die Impfpflicht-Diskussion ein. "Es mag Ihnen nicht gefallen, aber es wurde entschieden, dass die Entscheidung im Bundestag fällt und nicht in der Regierung. Da kann man jetzt nicht laufend fordern, die Regierung müsse mehr machen", erwidert der Bundesgesundheitsminister. Lesen Sie hier: Corona: Wie und wann Kanzler Scholz vorsichtig lockern will

Heimleiterin bei "Anne Will" in der ARD: 27 von 81 Mitarbeitenden sind nicht geimpft

Elke Keiner leitet ein Pflegeheim in Sachsen und ist deshalb von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht direkt betroffen. Denn 27 ihrer 81 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bislang ungeimpft, wie sie sagt. "Von den 27 Ungeimpften warten 18 auf Informationen zum neuen Impfstoff", so Keiner. Damit meint sie Novavax. "Mein Vertrauen in die Regierung ist da" so die Heimleiterin weiter. Der Bundesgesundheitsminister sagt dazu, dass am 21. Februar eine Million Dosen Novavax geliefert werden und verspricht: "Einrichtungen haben absolute Priorität. Der geht nicht an andere, bevor er nicht in die Pflege gebracht wurde." Mehr zum Thema: Corona: Vakzin Novavax soll Jugendliche sehr gut schützen

"Anne Will": Elke Keiner leitet ein Pflegeheim in Sachsen. Sie berichtet Karl Lauterbach, wie viele Mitarbeiter noch ungeimpft sind. © NDR/ Wolfgang Borrs | NDR/ Wolfgang Borrs

"Ich gehe davon aus, dass die Gesundheitsämter den Ermessensspielraum nutzen", sagt Elke Keiner. Wenn sie die 27 ungeimpften Mitarbeitenden entlassen müsse, "dann haben wir eine Situation, die wir nicht beherrschen". Anne Will möchte wissen, ob die Heimleiterin es richtig findet, dass ungeimpftes Personal mit Heimbewohnern arbeite. "Nein", sagt Elke Keiner nach einigem Zögern. Sie finde es aber auch nicht richtig, dass ungeimpfte Menschen zu Besuch kommen.

Anders sieht die Situation in der Klinik der Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Jana Schroeder aus. Dort seien rund 95 Prozent geimpft. Sie appelliert an die drei Politiker in der Runde, Debatten wie die über die Impfpflicht doch "bitte intern" zu führen. Diese Energie hätte man in die Erhöhung der allgemeinen Impfquote stecken müssen, meint Schroeder. "Wir hätten klar sagen müssen: Ohne Immunität wird es keine Normalität geben."

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