Berlin. Ein Immobilienmogul gegen Oskar Lafontaine: „Hart aber fair“ zum Thema Wohnen hatte es in sich. Wer entschied die Debatte für sich?

Der Niedriglohnsektor wächst, zugleich steigen die Mieten und Immobilienpreise: Bei „Hart aber fair“ wurde das Thema Wohnen als Teil der sozialen Frage diskutiert. „Wird nur reicher, wer sich ein Haus oder eine Wohnung kaufen kann?“, fragte Frank Plasberg in die Runde.

Interessant waren dabei zwei polarisierende Gäste: Auf der einen Seite der Immobilienmogul Christoph Gröner, auf der anderen Seite der frühere Chef der Linken, Oskar Lafontaine. Außerdem mit in der Runde:

• Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD)
• Sozialunternehmerin Sina Trinkwalder
Alexander Graf Lambsdorff (FDP, stellv. Fraktionsvorsitzender)

„Hart aber fair“ mit Thema Wohnen: Muss es denn immer Innenstadt sein?

Gröner und Lafontaine, das war in der Debatte wie Feuer und Wasser. Hier der Immobilienunternehmer, der sich anfänglich hart gab. „Die jungen Mütter kriegen mehr Kinder, die Alten wollen nicht sterben“, beschrieb Gröner etwas eigenwillig das Bevölkerungswachstum. Dennoch gebe es nicht etwa zu wenige Wohnungen.

Entscheidend sei vielmehr, dass zu viele Menschen in den Innenstädten wohnen wollten, kritisierte Gröner. Auch, weil die Politik genau das ohne jede Grundlage verspreche – und noch immer nicht ermögliche, dass schnell und unbürokratisch neu gebaut werde.

Lafontaine bei „Hart aber fair“: Wohnungen neu bauen, dauert zu lange

„Hart aber fair“ zu „Arm durch Arbeit, reich durch Immobilien: Keine Chance auf sozialen Aufstieg?
„Hart aber fair“ zu „Arm durch Arbeit, reich durch Immobilien: Keine Chance auf sozialen Aufstieg?" mit den Gästen v.l.n.r.: Christoph Gröner, Sina Trinkwalder, Alexander Graf Lambsdorff, Oskar Lafontaine. © WDR/Oliver Ziebe | WDR/Oliver Ziebe

Lafontaine sah das Problem dagegen bei den Immobilienkonzernen, die ohne Rücksicht Gewinne machen wollten. Deshalb warb er indirekt für Enteignungen: „Wohnungen neu zu bauen, dauert zu lange“, sagte der frühere Chef der Linkspartei. Stattdessen müsse der kolossale Fehler der Privatisierung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften schnell rückgängig gemacht werden.

„Die Menschen verlieren die Möglichkeit, ihr Leben zu gestalten“, warnte Lafontaine. Am Ende sei dadurch die Demokratie gefährdet.

Lafontaine: „42 Reiche besitzen so viel wie die Hälfte der Ärmeren“

So weit, so unterschiedlich die Analyse des Wohnproblems. Zwischendrin stritten sich Gröner und Lafontaine allerdings auch noch über die große Systemfrage. „42 Reiche besitzen in Deutschland so viel wie die Hälfte der Ärmeren“, attackierte Lafontaine die bestehende Wirtschaftsordnung – und damit indirekt auch den wohlhabenden Gröner.

„Haben diese 42 so viel gearbeitet wie die eine Hälfte der Bevölkerung?!“ Wer diese Enteignung der Arbeitnehmer auch noch verteidige, sei „irre“. Eine alte, leicht populistische, aber doch irgendwie zutreffende Argumentation. Doch Gröner reagierte nicht so, wie man es erwartet hätte.

Gröner: Nicht den alten Geist des Kommunismus rufen

Plötzlich war die anfängliche Gefühlskälte aus seiner Argumentation verschwunden: „Ich werde alles dafür tun, dass die Vermögen gerechter verteilt sind“, behauptete der Unternehmer. Er sei für den Mindestlohn, zahle allen 700 Mitarbeitern auch deutlich mehr.

Immobilienunternehmer Christoph Gröner beharkte sich bei „Hart aber fair“ mit Oskar Lafontaine.
Immobilienunternehmer Christoph Gröner beharkte sich bei „Hart aber fair“ mit Oskar Lafontaine. © imago/Future Image | Christoph Hardt

Die Kaufkraft zum Beispiel in Berlin sei grundsätzlich zu niedrig, was dazu führen könne, dass sich Menschen Mieten und Immobilienpreise nicht mehr leisten könnten. Und Gröner wurde sogar etwas selbstkritisch: Natürlich seien auch die Unternehmer gefragt, sich einzubringen. „Aber nehmen Sie nicht den alten Geist des Kommunismus dazu“, warnte er Lafontaine vor der Debatte,

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Das Fazit

Ein Unternehmer und ein Ur-Linker an einem Tisch: Bei dieser Ausgabe von „Hart aber fair“ wurden manche erwartbaren Standpunkte vertreten. Und doch überraschte Christoph Gröner am Ende mit einer relativ differenzierten Argumentation, die durchaus auch linke Positionen beinhaltete – und etwas wegging vom üblichen „die Politik ist Schuld!“-Gejammer.

Gehören Forderungen, wie sie Lafontaine oder Kühnert formulieren, also in die Besenkammer der Geschichte? Möglich. Vielleicht ist der leichte Anflug von Demut bei Menschen wie Christoph Gröner aber auch der Sorge geschuldet, dass solche „sozialistischen“ Forderungen irgendwann doch mehrheitsfähig werden könnten. Das wäre dann wohl Ironie der Geschichte.

• Lust bekommen? Hier gibt es die Sendung zum Nachschauen – in der Mediathek. (Paul Ritter)