Berlin. In deutschen Kliniken herrscht Personalknappheit. Die Corona-Welle verschärft die Lage - Intensivmediziner schlagen schon Alarm.

Busfahrerinnen fallen aus, Verkäufer, Fluglotsen und Pflegefachkräfte – die Corona-Sommerwelle rauscht durch Deutschland und trifft verschiedene Branchen hart: Angestellte stecken sich an, melden sich krank. Die aktuelle Omikron-Variante des Virus führt zwar nicht zu einer hohen Zahl an Schwerkranken, doch sie ist hochansteckend.

Auch in deutschen Klinken. Auch auf den Intensivstationen. Auch hier ist nicht die gestiegene Zahl der Patientinnen und Patienten das Problem. Zur Belastung werden die vielen Fachkräfte, die sich im Dienst oder der Freizeit mit Corona anstecken. „Zudem einige auch endlich noch ihren verdienten Urlaub antreten, um mit neuer Kraft in die Wintermonate zu starten“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, unserer Redaktion. Lesen Sie auch: Inkubationszeit und Symptome der Omikron-Variante

„Trotzdem ist die Versorgung der lebensbedrohlich erkrankten Patienten gesichert“

So würden derzeit 55 Prozent der Intensivstationen in Deutschland vermelden, dass „sie im teilweise eingeschränkten oder eingeschränkten Betrieb arbeiten“. Das sind demnach insgesamt 736 Stationen. „Das ist leider schon eine sehr hohe Zahl, die wir sonst nur in den kälteren Jahreszeiten und einer höheren Covid-Belastung gesehen haben“, hob Marx hervor. „Trotzdem ist die Versorgung der lebensbedrohlich erkrankten Patienten und Notfallpatienten überall gesichert, aber in den Krankenhäusern werden schon wieder zahlreich Operationen verschoben und Personal muss umgesetzt werden.“

Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).
Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). © dpa | FABRIZIO BENSCH

Zugleich sagte der DIVI-Präsident, dass die Intensivstationen derzeit „einen moderaten Anstieg“ der Covid-Patienten verzeichnen würden. „Exakt werden gerade 1.045 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt.“ Das seien etwa doppelt so viele wie zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr (545 Patienten) und knapp viermal so viele (299) wie 2020. Gleichzeitig ist laut DIVI die Zahl an verfügbaren Intensivbetten im Vergleich zum Vorjahr aufgrund des Personalmangels um fast 2000 gesunken.

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Die Belastung ist hoch. Ein Beispiel: Schleswig-Holstein. Wegen Corona-Fällen in der Belegschaft ist die Lage in den Krankenhäusern auch dort angespannt. „Es ist überall nennenswert bis schwierig“, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein, Patrick Reimund, der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem die Notaufnahmen seien derzeit überproportional belastet. Gut 30 Krankenhäuser im Norden behandeln Notfallpatienten.

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Die Verkehrsbetriebe in Köln kämpfen mit „ungewöhnlich vielen Personalausfällen“

Auch andere Bundesländer wie Sachsen und Hamburg melden Engpässe. „In den vergangenen zwei Wochen hat sich der Krankenstand des Personals erheblich erhöht“, sagte die Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Claudia Brase. „Das führt zu Herausforderungen, die Versorgung aufrechtzuerhalten.“

In anderen Branchen sieht es ähnlich aus. Die Verkehrsbetriebe in Köln kämpfen laut einem Bericht des WDR mit „ungewöhnlich vielen kurzfristigen Personalausfällen“ – vor allem aufgrund der „erneuten Zunahme der Coronafälle“. Genauso sieht es demnach in Pflegeheimen und an den Flughäfen aus. Dort sind ohnehin in der Zeit von Lockdown eine Vielzahl an Mitarbeitenden aus dem Beruf ausgestiegen.

Am Ende trifft die Corona-Welle auch Freizeitangebote in den Sommerferien. Der Hamburger Bäderland-Betreiber schließt bis Ende August alle Saunen. Das frei werdende Personal werde auf die anderen Standorte verteilt, um den Betrieb der Sommerbäder aufrecht erhalten zu können. Auch dort heißt es: Derzeit sorge ein hoher Krankenstand, nicht zuletzt in Folge wieder steigender Corona-Zahlen, für personelle Ausfälle. (mit dpa)