Berlin. Einmalzahlung statt Lohnerhöhung: So will Scholz verhindern, dass die Inflation angeheizt wird. Der Vorschlag dürfte ins Leere laufen.

Es ist ein Vorschlag, der aus einem Lehrbuch für Volkswirtschaftslehre stammen könnte: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will Arbeitnehmer und Arbeitgeber dazu ermuntern, sich anstatt auf hohe Lohnabschlüsse auf eine steuerfreie Einmalzahlung zu einigen, um die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale zu verhindern.

In der Theorie mag das schlüssig klingen. Sorgt die hohe Inflation für stark steigende Löhne, die die Unternehmen wiederum auf die Preise umlegen, kann sich die Inflation verfestigen. Ist eine solche Spirale erst einmal in Gang gesetzt, wäre sie nur schwer zu stoppen.

Inflation: Gewerkschaften werden sich nicht abspeisen lassen

Verlierer bei einer solchen Lohn-Preis-Spirale wären all jene, die in Branchen ohne Tarifbindungen arbeiten und die nicht auf Gehaltserhöhungen hoffen können – das ist mittlerweile die Mehrheit in Deutschland. Soziale Ungerechtigkeiten würden sich weiter verschärfen.

In der Praxis aber wird Scholz' Vorschlag nicht funktionieren. Die Gewerkschaften verlieren seit Jahren an Bedeutung, ihre Mitgliederzahlen sinken. Nun schlägt ihre Stunde. Sie müssen den Beschäftigten beweisen, warum sie auch in der heutigen Zeit noch eine Relevanz haben.

Einmalzahlung als Instrument: Selbst die Arbeitgeber reagieren zurückhaltend

Natürlich tragen die Gewerkschaften dabei eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung. Auch sie müssen angesichts der drohenden Rezession Maß halten. Das heißt aber nicht, dass sie sich mit einer Einmalzahlung abspeisen lassen sollten.

Damit würden sie in Zeiten, in denen keineswegs sicher ist, dass die Inflation bald wieder zurückgeht, die Glaubwürdigkeit derer verlieren, die sie vertreten: der Beschäftigten.

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Dass selbst die Arbeitgeber, denen Scholz' Vorschlag eigentlich gelegen kommen sollte, darauf hinweisen, dass Tarifverhandlungen nicht im Bundestag geführt werden, zeigt bereits: Dieser Vorschlag wird wohl keine Unterstützung finden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.