Berlin. Wenn die Preise steigen, nimmt auch der Staat mehr ein. So hoch ist das Plus von Bund und Ländern, diese Entlastungen werden gefordert.

Vom derzeit außergewöhnlich starken Anstieg der Verbraucherpreise profitiert auch der Staat: Je teurer Produkte und Dienstleistungen werden, um so höher sind die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. In den ersten drei Monaten des Jahres 2022 haben Bund und Länder insgesamt 73,6 Milliarden Euro Mehrwertsteuer eingenommen. Das sind 18,8 Milliarden Euro oder 34,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus Berechnungen der Linke-Fraktion im Bundestag hervor, die unserer Redaktion vorliegen.

Angesichts der immer weiter steigenden Belastungen durch die hohe Inflation ist eine Debatte um weitere Entlastungen für Verbraucherinnen und Verbraucher entbrannt. Das bereits beschlossene Entlastungspaket der Bundesregierung geht vielen Seiten längst nicht mehr weit genug. „Es ist nicht vermittelbar, dass der Staat an den explodierenden Preisen verdient“, sagte Linke-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch unserer Redaktion.

Insbesondere die Preise für Öl, Gas und Strom sind im Zuge des russischen Einmarschs in die Ukraine stark gestiegen. Auch Lebensmittel verteuern sich zusehends. Weiterlesen: Hartz IV: Tafel alarmiert – „Menschen wissen nicht weiter“

Greenpeace: Höhere Steuern auf Fleisch, keine Steuern auf Obst und Gemüse

Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Bundestag.
Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Bundestag. © imago/photothek | imago stock

„Das Geld muss den Bürgern zurückgegeben werden und wir brauchen unter anderem die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel“, sagte Bartsch. Wenn die Preise durch die Decke gehen, sei steuerliche Zurückhaltung gefragt. Bartsch: „Die Ampel muss bei der Mehrwertsteuer endlich handeln. Die Preise sind die soziale Frage der Stunde.“

Bei einer möglichen Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel hat sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace für ein zweigeteiltes Vorgehen ausgesprochen: Vergünstigungen für Fleisch und Milch sollten gestrichen und Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Unterm Strich senke dies die Belastungen der Verbraucher und Verbraucherinnen deutlich. Zugleich würden die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verringert, erklärt Greenpeace.

„Mit einer kombinierten Reform der Mehrwertsteuer, die gesunde Produkte günstiger und klimaschädliche teurer macht, kann die Bundesregierung gleichermaßen wirkungsvoll die Menschen unterstützen, die jetzt den Druck der Inflation spüren, und zugleich die Erderhitzung bekämpfen“, sagte Matthias Lambrecht, Volkswirt und Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace, unserer Redaktion.

Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel: So viel sparen Verbraucher

Die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Lebensmittel würden bei diesem Modell in Deutschland um 29,80 Euro sinken. Das ergab eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace. Auch für den sozialen Wohnungsbau wird eine Senkung der Mehrwertsteuer gefordert.

In europäischen Nachbarländern würden die Einsparungen teilweise sogar noch höher ausfallen. In den Niederländen würden Konsumenten laut Studie im Schnitt 48,10 Euro im Jahr sparen, in Österreich 41,70 Euro. Für Belgien und Polen haben die Fachleute Ersparnisse von 32,50 Euro, beziehungsweise 14,90 Euro errechnet.

Für ein solches Steuermodell haben sich auch der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) ausgesprochen. In der Ampel-Koalition stoßen die Forderungen aber auf Skepsis. Kommentar zu Preisexplosionen durch Corona und Krieg: Die Folgen werden teuer für uns alle

Dieser Artikel erschien zuerst bei abendblatt.de.