Berlin. Anke Rehlinger schafft den großen Wurf und holt eine absolute Mehrheit für die SPD. Sie will jetzt vor allem ein Thema voranbringen.

Ein kleines Lächeln erlaubt sich Anke Rehlinger, als sie im Willy-Brandt-Haus am Montag bejubelt wird, und zieht die Augenbrauen nach oben, wie um zu sagen, „irre, oder?“. Die „strahlende Wahlsiegerin“ (SPD-Chefin Saskia Esken über Rehlinger) wirkt einen Tag nach der Landtagswahl im Saarland vor allem geschäftsmäßig, als wöllte sie jetzt möglichst schnell an die Arbeit gehen.

Lautes Triumphgeheul ist Rehlingers Sache nicht. Dabei könnte sie es sich durchaus leisten. Denn die 45-Jährige, die bisher Vizeministerpräsidentin war, und ihre SPD werden das Saarland in den kommenden fünf Jahren allein regieren können. Die absolute Mehrheit hat Rehlinger geholt, das schaffte im Saarland zuletzt CDU-Ministerpräsident Peter Müller 2004.

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Das kleine Bundesland im Westen bekommt damit eine Regierungschefin, die tief in der Region verwurzelt ist. Aufgewachsen ist Rehlinger in Nunkirchen, einem 2.500-Seelen-Ort nahe der Grenze zu Rheinland-Pfalz. Bis heute ist sie ein „bekennender Dorfmensch“, wie sie selbst sagt. Im Saarland hat sie studiert, nach dem zweiten juristischen Staatsexamen als Anwältin gearbeitet. Auch ihren Sohn, der 2008 geboren wurde, zieht sie hier gemeinsam mit seinem Vater groß. Das Paar gab zu Beginn dieses Jahr seine Trennung bekannt.

Rehlinger hält bis heute einen saarländischen Rekord im Kugelstoßen

Eine wichtige Rolle in ihrem Privatleben spielte der Sport: Rehlinger war lange Zeit ambitionierte Leichtathletin. 1996 stellte sie im Kugelstoßen einen saarländischen Rekord auf, der bis heute nicht eingestellt ist.

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In die Politik zog es Rehlinger schon während des Studiums, 1998 trat sie der SPD bei und begann, was häufig mit „Ochsentour“ umschrieben wird: Über den Kreisvorsitz und den Vorsitz des Stadtverbandes arbeitete sie sich nach oben, war stellvertretende Juso-Vorsitzende und engagierte sich bei den Frauen in der SPD. 2004 wurde sie zum ersten Mal in den Landtag gewählt.

Unter Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stieg Rehlinger schließlich auf zur Ministerin für Justiz und Umwelt. Als Heiko Maas 2014 nach Berlin wechselte, folgte sie ihm nach als stellvertretende Regierungschefin und als Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr.

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Es ist ein Amt, in dem sie aus der Nähe gesehen hat, wie groß die wirtschaftlichen Herausforderungen im Saarland sind. Und so steht das Thema Arbeitsplätze ganz oben auf der Agenda der neuen Ministerpräsidentin. „Der Strukturwandel ist in unserem Land allgegenwärtig“, sagte Rehlinger am Montag. Arbeitsplätze wolle sie deshalb zur „Chefinnen-Sache“ machen.

Das überzeugte offenbar auch viele bisherige Wählerinnen und Wähler des Koalitionspartners: 38.000 Stimmen, so die Analysen am Tag nach der Wahl, haben die Sozialdemokraten der CDU im Saarland abgenommen. Ein weiterer großer Block von Wechselwählern kam von der gebeuteltenLinken, die 14.000 Stimmen an die SPD verlor.

38.000 Stimmen holte Rehlinger von der CDU

Dass sie Zuspruch aus so unterschiedlichen Lagern für sich verbuchen konnte, führt Rehlinger darauf zurück, dass die SPD „als Volkspartei sehr breit aufgestellt“ sei. SPD-Chefin Esken sieht auch die persönlichen Qualitäten der neuen Regierungschefin am Werk - die habe gezeigt, wie man auch in unruhigen Zeiten mit „staatsfrauischer Verantwortung“ regieren kann.

Dass eine absolute Mehrheit der Wähler und Wählerinnen an der Saar ihr diese Verantwortung als Ministerpräsidentin geben will, „das hat auch meine Vorstellungskraft übertroffen“, sagte Rehlinger, „und ich bin schon ein grundoptimistischer Mensch.“

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Sie hofft jetzt, dass das Ergebnis aus dem Saarland den SPD-Wahlkämpfenden in NRW und Schleswig-Holstein Rückendwind verschafft. „Wir haben am gestrigen Abend gezeigt, die SPD, sie ist da“, sagte sie. Das Ergebnis der Bundestagswahl sei „keine Eintagsfliege“ gewesen.

Dieser Text erschien zuerst auf www.waz.de