Washington. Österreichs Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz hat bei US-Investor Peter Thiel angeheuert. Doch wer ist der Sohn deutscher Auswanderer?

An Peter Thiel scheiden sich beständig die Geister. Für die einen ist der Internet-Investor aus dem kalifornischen Silicon Valley ein belesenes Genie mit visionärem Riecher für Innovationen.

Für die anderen ist der 54-jährige Deutsch-Amerikaner ein mit der parlamentarischen Demokratie latent auf Kriegsfuß stehender Exzentriker, der in den USA gezielt in rechtskonservative, libertäre Politiker investiert und seine Einflusssphäre weit über rein kommerzielle Interessen ausdehnt. Eine frische Biografie des Bloomberg-Journalisten Max Chafkin über Thiel („The Contrarian”) hat letzterem just neue Nahrung gegeben.

Seit der seit 2017 mit seinem Partner Matt Danzeisen verheiratete homosexuelle Milliardär, laut „Forbes” rund 3,3 Milliarden Dollar schwer, sich für seine Firma „Thiel Capital” die Dienste des österreichischen Ex-Kanzlers Sebastian Kurz gesichert hat, ist das Medien-Interesse an dem glänzenden Schachspieler so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Peter Thiel unterstütze Donald Trump bei Wahlkampf 2016

Der 35-jährige Politiker soll bei Thiel künftig als „Globaler Stratege” rund eine halbe Million Dollar im Jahr verdienen. Genaue Arbeitsplatzbeschreibung? Unbekannt. Türöffner dürfte nicht falsch sein.

2016 griff Thiel als einziger Tech-Unternehmer von Rang Donald Trump als Rat- und Geldgeber (mehr als 1,3 Millionen Dollar) unter die Arme. Lesen Sie auch: Trump: Dieser Mann will ihn wieder zum US-Präsidenten machen

An Trump faszinierte ihn - neben der Aussicht auf massive Steuersenkungen - der unbedingte Wille zum Tabubruch. Auf „political correctness” reagiert der von Natur aus Unwirschheit ausstrahlende Thiel allergisch. Er sieht die USA einem Linksrutsch ausgesetzt. Biograf Chafkin erklärt Thiels ausgeprägte Trump-Begeisterung unter Verweis auf einen ehemaligen Geschäftspartner so: „Er wollte Rom brennen sehen.”

Thiel investiert in Trumpismus ohne Trump

Inzwischen ist die Zuneigung zum Ex-Präsidenten erloschen. Thiel investiert gezielt in Trumpismus ohne Trump. Vor den Zwischenwahlen im Senat im kommenden November hat er zwei politischer Nobodys mit jeweils zehn Millionen Dollar Wahlkampfmunition ausgestattet. Blake Masters, führender Mitarbeiter in seinem Unternehmen, war Mit-Autor des seit 2014 über drei Millionen Mal verkauften Bestsellers „Zero to One.” Dabei geht es um den Einfluss von technologischen „start-up”-Unternehmen auf die Zukunft.

J.D. Vance ist Autor des verfilmten Bestsellers „Hillbilly Elegie”, in dem die Versäumnisse der Demokraten in strukturschwachen Regionen wie Ohio eindrucksvoll nachgezeichnet werden. Vance ist inzwischen zum Hardcore-Trumpianer mutiert.

In der Rolle des großzügigen Bestäubers hat Thiel mehrfach Schiffbruch erlitten. Millionenspenden in den kauzig-libertären Präsidentschaftskandidaten Ron Paul (2012) und den amtierenden Senator Ted Cruz (Texas) haben sich nie rentiert. Auch interessant: Donald Trump vs. Liz Cheney: Ex-Präsident beschimpft größte Gegnerin

Die Ansichten des Unternehmers sind oft schwere Kost

Die Datenkrake „Palantir”, benannt nach den „sehenden Steinen” aus Tolkiens „Herr der Ringe”, war de facto Thiels Antwort auf die islamistischen Terror-Anschläge vom 11. September 2001. Das heute in Denver/Colorado residierende und für seine Geheimniskrämerei bekannte Analyse-Unternehmen bewältigt riesige Daten-Mengen und ist Datenschützern ein Dorn im Auge. Der US-Geheimdienst CIA gehört zu den wichtigsten Kunden.

Thiels Traktate über Wirtschaft, Demokratie, Politik und Globalisierung wie auch seine Auftritte bei elitären Talk-Runden sind oft schwere Kost. Sein Idol ist der amerikanisch-französische Philosoph René Girad. Von ihm stammt die Theorie, Menschen ahmten einander nur nach, im Wollen wie im Handeln.

Falls die westliche Welt durch Krieg oder Umwelt-GAU in die Bredouille geraten sollte, kann Thiel auf eine Farm in Neuseeland flüchten. Die Kiwi-Staatsbürgerschaft hat er schon.

Unsterblichkeit ist eines von Thiels Zielen

Thiels Investments sind breit gefächert. So gibt er Geld an Firmen, die das menschliche Altern verlangsamen wollen. Fernziel: Unsterblichkeit. Früher propagierte er den Bau künstlicher Inseln, auf denen sich autonome Gemeinschaften staatlichem Zugriff entziehen. Seine Stiftung hilft Studienabbrechern, die lieber ein Unternehmen gründen möchten.

Thiel politisch eindeutig zu etikettieren, fällt nicht leicht. Zum einen hält er Monopole für erstrebenswert. Zum anderen gewinnt er der Forderung manches ab, Mega-Konzerne wie Google zu entflechten. Seine Handlungsmaxime fußt auf radikalem Technikoptimismus. Marktwirtschaftliche Konkurrenz und Fairness-Prinzipien stören ihn.

Geboren 1967 in Frankfurt, wanderte Thiel als Knirps mit seinen Eltern in die USA aus. Vater Klaus war Chemiker. Adresse: Silicon Valley. An der Elite-Uni Stanford studierte er Philosophie, später Jura. Er wollte ursprünglich Richter am Obersten Gerichtshof werden. Stattdessen wurde er Investmentbanker bei Credit Suisse in New York. 1998 stieg er mit Elon Musk bei einem Online-Bezahldienstleister ein. Daraus wurde Paypal. 2002 ging das Unternehmen für 1,5 Milliarden Dollar an eBay. Thiel stieg 2004 mit einer halben Million Dollar bei Facebook ein. Durch den Börsengang des sozialen Netzwerks acht Jahre später erlöste er eine Milliarde Dollar. Lesen Sie auch: Donald Trump: Ex-Generäle äußern schlimme Befürchtung

Thiels Verhältnis zu den Medien ist angespannt

Thiels Verhältnis zu den Medien gilt als gespannt. Obwohl er für „maximale Meinungsfreiheit” eintritt. Als der Internet-Blog Gawker sein Schwulsein outete, übte Thiel über Umwege Vergeltung. Der Kult-Wrestler Hulk Hogan verklagte Gawker wegen eines Sex-Videos auf Schadenersatz. Thiel bezahlte Hogans Anwaltskosten. Zehn Millionen Dollar. Gawker meldete Bankrott an.

Um näher am Regierungs-Geschehen zu sein, hat Thiel, der unter anderem Domizile in Los Angeles und Miami Beach sein Eigen nennt, in Washington D.C. unlängst für 13 Millionen Dollar die Immobilie von Trumps Ex-Handelsminister Wilbur Ross gekauft. Dort wird irgendwann sicher auch Sebastian Kurz ab und zu Station machen.