Berlin. Finanzminister Christian Lindner will per Nachtragshaushalt 60 Milliarden Euro für das Klima parken. Die Reaktionen sind gemischt.

Die Schuldenbremse war der FDP wichtig. Im Wahlkampf. Und auch bei den Koalitionsverhandlungen. Ab 2023 soll der Staat im Wesentlichen nur noch das ausgeben können, was er auch einnimmt, Schulden sind nur in geringem Maße möglich. So hat die FDP es durchgesetzt.

Das Problem: Die Vorhaben der neuen Ampel-Koalition kosten jede Menge Geld – und werden auch die Wirtschaft belasten, die sich in den kommenden Jahren massiv umstellen muss, will sie klimaneutral werden.

Christian Lindner: 60 Milliarden Euro sollen in Transformationsfonds fließen

Als erste Amtshandlung bedient sich der neue Finanzminister Christian Lindner daher direkt einem Trick, um sich etwas Puffer für die anstehenden Investitionen zu verschaffen. Am kommenden Montag soll das Bundeskabinett über einen Nachtragshaushalt beraten.

240 Milliarden Euro soll dieser schwer sein. Nur: Gebraucht werden eigentlich nur 180 Milliarden Euro. Die anderen 60 Milliarden Euro waren als Corona-Hilfen gedacht, die nun aber nicht genutzt werden.

Geld soll Firmen beim Wandel unterstützen

Anstatt den Nachtragshaushalt geringer ausfallen zu lassen, räumt Lindner das Geld aber zur Seite. Die 60 Milliarden Euro sollen in den jetzigen Energie- und Klimafonds fließen, der zu einem Klima- und Transformationsfonds umgestaltet werden soll. Das Geld soll beispielsweise Unternehmen bei der Umwandlung zur Klimaneutralität helfen.

Ein „Booster“ für die Volkswirtschaft nannte Christian Lindner das Vorhaben am Freitag. Er verwies auf das sogenannte „Klima-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts Ende April, das strengere Vorgaben beim Klimaschutz verlangte.

Mittelstandsverband begrüßt Vorhaben

Das Vorhaben von Lindner stößt auf gemischte Reaktionen. Aus der Wirtschaft kommt Befürwortung. „Dieser staatliche Fonds, der betriebliche Investitionen in die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland erleichtert, sollte ein Volumen von wenigstens 40 Milliarden Euro pro Jahr für die nächsten zehn Jahre umfassen. Wenn zur Finanzierung durch einen Nachtragshaushalt nicht verbrauchte Corona-Hilfen verwendet werden, findet das unsere Unterstützung“, sagte Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), unserer Redaktion.

Das kommende Jahrzehnt werde zum tiefgreifendsten Strukturwandel der deutschen Wirtschaft seit der Wiedervereinigung führen, sagte der Unternehmerverbandschef. Um diesen zu bewältigen, brauche es ein intelligentes Zusammenspiel von Staat und Unternehmen. „Der Transformationsfonds unterstützt Unternehmen dabei entscheidend und ist daher schlicht eine Notwendigkeit“, sagte Jerger.

Kritik vom Steuerzahlerbund

Anders sieht das der Präsident des deutschen Steuerzahlerbunds, Rainer Holznagel. „Richtig wäre, die hohen Steuereinnahmen im kommenden Jahr für prioritäre Projekte zu nutzen, die weiterhin bestehende Rücklage von 48 Milliarden Euro endlich aufzulösen und dort zu sparen, wo Ausgaben unnötig und überdimensioniert sind – wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.

Doch jetzt werden Ziele in der Klimapolitik gegen weiter steigenden Staatsschulden ausgespielt“, sagte Holznagel. Er nannte das Vorhaben ein „gewagtes Manöver in verfassungsrechtlicher Hinsicht“.