Berlin. Der neue „Tatort“ aus Wiesbaden mit Ulrich Tukur als Kommissar Murot ist mal wieder durchgeknallt. Lohnt sich das Einschalten trotzdem?

  • Der „Tatort“ aus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist speziell
  • Die Folge an diesem Sonntag ist sogar besonders durchgeknallt
  • Was die Zuschauenden erwartet

Der Preis der durchgeknalltesten „Tatort“-Folgen geht von jeher an den Wiesbadener Kommissar Felix Murot: Ob seine Folgen als blutiger Western enden, ob in Zeitschleife täglich das Murmeltier grüßt oder ob er Zwiesprache mit einem Hirntumor hält. Ja, es scheint fast, als habe Ulrich Tukur überhaupt nur zugesagt, diese Rolle anzunehmen, wenn sie nur ja nicht im Durchschnitts-Einerlei des Sonntagabendkrimis unterginge.

Diese Gefahr besteht auch im jüngsten Fall „Murot und das Prinzip Hoffnung“ keineswegs. Die Folge ist sogar so durchgeknallt, dass ganz andere Gefahr droht: dass der Zuschauer nicht mehr mitkommt.

Anfangs versteht man nur Bahnhof. Murot wird von einem Fernseh-Team bedrängt, das ihm vorwirft, er habe nach drei Morden noch immer keine Spur. Er packt die Kamera und schreit durch diese direkt den Täter an: Er solle ihn und nicht schwache Opfer töten. Dazwischen sind einige Szenchen geschnitten, die man erst später versteht.

Tatort: Murot vermutet fremdenfeindliche Motive

Dann endlich gibt es eine Rückblende, von der man hofft, nun alles von Anfang an erzählt zu bekommen. Aber von wegen! Auch hier sind bereits zwei Morde geschehen. Das erste Opfer war ein türkischer Gemüsehändler, das zweite ein asiatischer Geschäftsmann. Schnell wird ein fremdenfeindliches Motiv vermutet.

Der dritte, der durch gezielten Genickschuss aus einer Wehrmachtswaffe hingerichtet wird, ist ein Obdachloser, was in Nazi-Kreisen als „lebensunwertes Leben“ galt. Aber dann stellt sich heraus: Der Obdachlose war nicht irgendwer, sondern ein angesehener Philosophieprofessor. Und Murot war nicht nur sein fleißigster Student, sondern fast ein Teil von dessen Familie.

Tatort: Lars Eidinger unter den Verdächtigen

Nun trifft er wieder auf die Kinder des Toten. Sohn Paul ist eine Paraderolle für Lars Eidinger. Der glänzte gerade erst im Kieler „Tatort“. Diese Folge wird fast zur Eidinger-Show, mit großem Auftritt auf einer Bühne, wo er in einer „Anleitung zum Pulsadernaufschneiden“ orakelt, wie es wäre, „wenn du Sonntagabend nicht mehr einschalten kannst, 20.15 Uhr, unseren täglichen Mord gib uns heute“. Da watscht sich der „Tatort“ kräftig selber ab.

Aber auch Tochter Inga (Karoline Eichhorn) ist mehr als abgedreht. Wenn sie als Psychotherapeutin systemische Aufstellungen mit Holzfiguren visualisiert, sehen wir immer wieder, wie die echten Personen, auch Murot, als Figuren auf dem Tisch hin- und hergeschoben werden.

Zu dem star-illustren Kreis der Verdächtigen kommen noch Angela Winkler und Christian Friedel dazu. Dabei aber wird so viel Philosophisches angerissen und sarkastisch zerredet, das einem der Kopf schwirrt. Wer am Ende der Täter ist, ist kaum noch von Bedeutung. Bei so viel Ironie und Grenzauslotung bleibt trotz starken Spiels die Spannung auf der Strecke. Die Logik sowieso.

„Tatort: Murot und das Prinzip Hoffnung“: ARD, 21. November, 20.15 Uhr