Berlin. Eine neue Umfrage zur Bundestagswahl dürfte die Union nervös machen. Die SPD legt derweil zu. Diese Koalitionen wären jetzt möglich.

  • Für die Union um Kanzlerkandidat Armin Laschet sieht es derzeit in Umfragen nicht gut aus
  • Die Union verliert an Zustimmung, die Grünen halten sich stabil und die SPD holt auf
  • Annalena Baerbock oder Olaf Scholz haben beide gute Chancen, ins Kanzleramt zu gelangen

Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Bundestagswahl am 26. September. Entschieden ist noch nichts: Konnten sich anfangs die Grünen und dann die Union über gute Umfragewerte freuen, so ist das Feld im August deutlich unklarer. Die Parteien liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das liegt auch daran, dass die SPD derzeit zunehmend Wähler für sich begeistern kann.

Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage hat die Union derweil binnen einer Woche deutlich an Zuspruch verloren. In dem am Mittwoch veröffentlichten „RTL/ntv-Trendbarometer“ büßten CDU und CSU ganze drei Prozentpunkte ein, sie käme demnach nur auf 23 Prozent.

Forsa-Umfrage: Union verliert, SPD verbessert sich

Bisher kamen Verluste der Union häufig den Grünen zugute – doch das scheint nicht mehr in Stein gemeißelt. In der neuen Umfrage verbesserte sich stattdessen die SPD um drei Punkte auf 19 Prozent. Für die Sozialdemokraten ist das der beste Wert in dieser Umfrage seit April 2018. Die CDU/CSU war hier im Januar noch auf 36 Prozent gekommen.

Für die Grünen würden sich, wie bereits in der Vorwoche, aktuell 20 Prozent der Befragten entscheiden. Die FDP verlor einen Punkt und erreichte zwölf Prozent, die Linke verbesserte sich um einen Punkt auf sieben Prozent. Die AfD verbleibt bei zehn Prozent.

Kopf-an-Kopf-Rennen wenige Wochen vor der Bundestagswahl

Neun Prozent würden sich für eine der sonstigen Parteien entscheiden. Die Zahl der Nichtwähler und Unentschlossenen lag mit 26 Prozent über dem Anteil der Nichtwähler bei der Bundestagswahl 2017 (23,8 Prozent).

CDU/CSU, SPD und Grüne liegen damit wenige Wochen vor dem Urnengang nur vier Prozent auseinander. Ein klarer Favorit zeichnet sich nicht mehr ab.

Wahlumfragen sind aber immer mit Unsicherheiten behaftet, sie sind keine Prognosen für den Wahlausgang. Sie spiegeln lediglich das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider. Der Wind könnte sich also noch einmal drehen. Das Meinungsforschungsunternehmen Forsa hatte vom 3. bis 9. August insgesamt 2509 Menschen in Deutschland befragt. Die statistische Fehlertoleranz wurde mit plus/minus 2,5 Prozentpunkten angegeben.

Kanzlerpräferenz: Laschet verliert weiter an Beliebtheit – Scholz legt zu

Doch im Konrad-Adenauer-Haus, der Bundesgeschäftsstelle der CDU, dürfte vor allem ein weiterer Teil der Forsa-Umfrage für Stirnrunzeln sorgen. Bei der Kanzlerpräferenz zeichnet sich ein immer deutlicherer Trend ab – der für den Unions-Kandidaten Armin Laschet bitter ist.

Wenn die deutschen Wählerinnen und Wähler ihre Kanzlerin oder ihren Kanzler direkt wählen würden, würden die wenigsten für Laschet stimmen. Der Umfrage zufolge würden sich derzeit

SPD-Kandidat Scholz gewann gegenüber der Vorwoche sogar fünf Prozentpunkte hinzu. Laschet verlor nochmals drei Prozentpunkte, auch die Grünen-Kandidatin Baerbock erzielte zwei Prozentpunkte weniger als zuvor.

Armin Laschet und Olaf Scholz besuchen Stolberg bei Aachen.
Armin Laschet und Olaf Scholz besuchen Stolberg bei Aachen. © dpa

Mehr als die Hälfte der CDU-Anhänger will Söder als Kanzlerkandidaten

Auch auf die Anhänger seiner Partei kann Laschet nicht zählen: Nur 39 Prozent der Unions-Anhänger würde derzeit den CDU-Chef zum Kanzler wählen, wie die Umfrage weiter ergab. Für viele scheint zudem der Machtkampf im Frühjahr nicht zugunsten des richtigen Kandidaten ausgegangen zu sein: CSU-Chef Markus Söder wäre aus Sicht vieler Wähler der bessere Kandidat der Union. Zwei Drittel der Deutschen (68 Prozent) machen der Umfrage zufolge vor allem Laschet für die schlechten Werte der Unionsparteien verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund war in der Umfrage die Hälfte der Befragten (50 Prozent) der Meinung, Laschet solle zugunsten von Söder auf seine Kanzlerkandidatur verzichten. 35 Prozent meinten, er solle an seiner Kandidatur festhalten. Auch 59 Prozent der CDU-Anhänger und – weniger überraschend – 64 Prozent der CSU-Anhänger fänden es richtig, wenn Laschet die Kanzlerkandidatur Söder überlassen würde, wie die Umfrage weiter ergab.

Markus Söder (CSU, r) steht neben Armin Laschet (CDU). Beide wollten Kanzlerkandidat der Union werden – am Ende zog Söder seine Bewerbung zurück.
Markus Söder (CSU, r) steht neben Armin Laschet (CDU). Beide wollten Kanzlerkandidat der Union werden – am Ende zog Söder seine Bewerbung zurück. © dpa

Enges Rennen: Diese Koalitionen wären jetzt möglich

Interessant an der neuen Umfrage ist auch, dass das Kopf-an-Kopf-Rennen von Union, SPD und Grünen die Karten für mögliche Koalitionen neu mischt. Kein einziges Zweierbündnis hätte demnach eine regierungsfähige Mehrheit. Weder eine große Koalition aus Union und SPD noch Schwarz-Grün wären möglich. Auch die wohl von Laschet favorisierte Koalition Schwarz-Gelb mit der FDP käme nicht auf genug Stimmen.

Regieren könnten demnach folgende Dreier-Koalitionen: Eine sogenannte Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP; eine auch „Deutschland-Koalition“ genannte Koalition aus Union, SPD und FDP; und eine „Ampel-Koalition“ aus Grünen, SPD und FDP. Der Zugewinn der SPD in der Forsa-Umfrage öffnet aber auch die Tür für ein linkes Machtbündnis: Mit knapper Mehrheit könnte tatsächlich Rot-Rot-Grün regieren – eine Koalition mit SPD, Grünen und Linken. Lesen Sie auch: Bundestagswahl: Siegt Olaf Scholz am Ende doch noch?

Aktuelle Koalitions-Optionen: Kanzler-Chance für Annalena Baerbock

Die Machtoptionen, die sich aus dem aktuellen Meinungsbild ergeben, dürften auch die Grünen erfreuen: Derzeit liegt die Partei vor der SPD. Käme es nach der Wahl im September zur Bildung einer Ampel-Koalition oder zu einem grün-rot-roten Bündnis hätten die Grünen eine Chance auf die Führung der Regierung. Annalena Baerbock könnte also doch noch Bundeskanzlerin werden.

Die Ergebnisse der Forsa-Umfrage wurden am selben Tag noch durch das aktuelle Meinungsbild von Kantar untermauert. 22 Prozent der Befragten würden der CDU/CSU ihre Stimme geben, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, wie die am Mittwoch veröffentlichte Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Focus“ ergab. Damit verlor die Union im Vergleich zur Vorwoche 2 Prozentpunkte an Zustimmung. Die Grünen verloren 1 Prozentpunkt und kämen jetzt auf 21 Prozent. Die SPD legte einen Punkt auf nun 19 Prozent zu. Die FDP käme auf 12 Prozent (-1), die AfD auf 11 Prozent (unverändert), die Linke auf 7 Prozent (+1).

(mit afp)