Berlin. Nächster Maskendeal: Die Tochter eines Ex-CSU-Generalsekretärs soll Lieferungen an Ministerien vermittelt und Millionen kassiert haben.

Agentur „Pfennigturm“, das klingt bescheiden. „Wir können Kommunikation“, wirbt die Firma. Und: „Denken strategisch.“ Andrea Tandler ist Geschäftsführerin der Münchner Werbeagentur – und sie braucht nun eine gute PR-Strategie. Denn die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler steht massiv in der Kritik. Und mit ihr die gesamte CSU. Mal wieder geht es um Maskendeals im Zuge der Corona-Krise. Mal wieder geht es um Millionen, die als Provisionen kassiert worden sein sollen.

Mit Beginn der Pandemie gründete Tandler laut Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ und dem „Spiegel“ eine weitere Firma, die „Little Penguin GmbH“ – und stellte sich mit Schutzmasken aus China bei mehreren Ministerien in Deutschland vor. Sie vermittelte Maskenlieferungen der Schweizer Firma Emix nach Berlin und Nordrhein-Westfalen.

Tandler erhielt eine Millionen-Provision

Tandler erhielt laut Bericht zwischen 5 und 7,5 Prozent Honorar und Provision. Gemessen an der Gesamtsumme von Lieferungen an deutsche Ministerien bedeute das einen Anspruch von 34 bis 51 Millionen Euro. Ein großer Teil der Summe sei tatsächlich geflossen. Allein das Bundesgesundheitsministerium kaufte bei Emix Masken für 712,5 Millionen Euro – zu stolzen Stückpreisen von bis zu 9,90 Euro.

Nicht nur die Tochter eines früheren ranghohen CSU-Politikers steht im Fokus. Angebahnt wurde der Maskendeal zwischen Tandler, deren Geschäftspartner und der Bundesregierung über Monika Hohlmeier, CSU-Politikerin – und Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten und Partei-Ikone Franz Josef Strauß. Geld soll Hohlmeier den Recherchen nach allerdings nicht für ihre Vermittlung erhalten haben.

Wieder ein Millionendeal im Umfeld seiner Partei: CSU-Chef Markus Söder.
Wieder ein Millionendeal im Umfeld seiner Partei: CSU-Chef Markus Söder. © AFP | Peter Kneffel

Spahn sagte, er kannte Tandler nicht

Tandler selbst und ihre Rechtsanwältin äußerten sich auf Anfrage von WDR, NDR und „SZ“ nicht zum Honorar. Die Geschäftsleitung der Firma Emix sagte demnach, sie hätten für das Geld auch viel geleistet, etwa das Risiko von Exportbeschränkungen und die Kosten für die Zwischenlager. Außerdem habe Emix beim Verkauf der Masken und Schutzkleidung „stets innerhalb des aktuellen Marktpreises“ gelegen.

Emix sei nach eigenen Angaben zugute gekommen, dass die Firma in der Hochphase der ersten Welle in der Lage gewesen sei, "große Volumina direkt nach Europa zu liefern". Emix sei "ein gefragter und gesuchter Geschäftspartner" in der Corona-Krise, teilt die Firma mit.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte gegenüber dem Bundestagshaushaltsausschuss angegeben, dass ihn Tandler im März 2020 über das Angebot der Firma Emix informiert habe. Gekannt haben will Spahn die Tochter des Ex-CSU-Generalsekretärs nicht. Es war einer der größten Maskendeals im Zuge der Corona-Pandemie.

Harsche Kritik aus CSU und CDU

Wieder mutmaßlich anrüchige Maskendeals, wieder Vorwürfe des Machtmissbrauchs. Wieder Union. Andere Politikerinnen und Politiker von CDU/CSU zeigen sich auf Nachfrage unserer Redaktion wütend. „Sofern die Vorwürfe zutreffen, bin ich über diese beschämende Geldmacherei inmitten der Krise entsetzt“, sagt die CSU-Abgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz. „Als CSU-Abgeordnete distanziere ich mich maximal von diesen Vorgängen.“

Der CSU-Vorstand und auch die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag hätten „umfangreiche Maßnahmenkataloge beschlossen, um unsere Partei gegen so ein unsägliches und parteischädigendes Fehlverhalten zu immunisieren“. Auch aus der CDU kommt Kritik: „Wer versucht, sich an dieser Pandemie zu bereichern, handelt nach meinem moralischen Empfinden zutiefst unanständig“, sagte der Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei.

SPD will die Verträge rückabwickeln

Die SPD forderte eine Prüfung einer Rückabwicklung der Verträge über die Maskenlieferung. „Im Fall Tandler wurden offenbar Masken zu 8,90 Euro das Stück verkauft. Das ist Wucher. Deshalb müssen jetzt schnell Rückforderungsansprüche geprüft werden“, sagte der Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, unserer Redaktion.

Spahns Ministerium kaufte Masken von Firma seines Mannes

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    „Wir haben hier eine Art der Clankriminalität in der CSU, das kann Söder jetzt nicht einfach aussitzen.“ Es sei „unfassbar, wie ein Teil der Union die Corona-Krise missbraucht und die Taschen mit Steuergeldern vollschlägt“, hob Fechner hervor. „Die Parteichefs von CDU und CSU müssen nun endgültig mit den Maskenraffkes in den eigenen Reihen aufräumen.“