Berlin. Bei “Hart aber fair“ ging es lasch zu. Plasbergs Gäste diskutierten über die Unterschiede in der K-Frage zwischen Union und Grünen.

Frank Plasberg wirkte leicht genervt. Schon den zweiten Montagabend in Folge musste er sich bei "Hart aber fair" mit der ungelösten K-Frage der Unionsparteien beschäftigen – ohne vorher zu wissen, wie und wann eine Entscheidung fallen würde.

Der wiederholte Plan, topaktuell zu sein, geriet auf diese Weise fast zum Fluch: Obwohl an diesem "spannenden Abend, an dem Geschichte live gemacht wird" die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten der CDU für 20 Uhr angekündigt war, wollte schon wieder kein Rauchzeichen aus dem Konrad-Adenauer-Haus rechtzeitig zu seinem Polit-Talk aufsteigen.

Da gefiel Frank Plasberg die professionelle und "gelungene Inszenierung", mit der Bündnis90/ Die Grünen am Vormittag ihre Kanzlerkandidatin vorgestellt hatten, sichtlich besser: "Bitte mal hingucken, Herr Söder, Herr Laschet: So geht Kandidaten-Kür", funkte er, wenn auch rein rhetorisch, Richtung CDU-Bundesvorstand.

Plasberg: "Nicht nur Wahlkampftitel, auch echte Machtoption"

"Man kann ja schon mal üben: Bundeskanzlerin Annalena Baerbock", setzte er noch spitz hinzu. Denn auch Stilfragen könnten eine Wahlentscheidung beeinflussen: "Wenn die Union so weiter macht, ist das nicht nur ein Wahlkampftitel, sondern eine echte Machtoption."

"Offener Kampf bei den Schwarzen, Harmonie bei den Grünen" stand als Leitthema über der "Hart aber fair"- Sendung an diesem Montag. Und getalkt wurde ein bisschen auch über die Grünen, über ihr Wahlprogramm und die Wahl ihrer Partner, falls sie die nächste Regierung anführen sollten. Sogar über echte Inhalte, wie über Sinn und Höhe einer Vermögenssteuer, die die umfangreichen Staatsinvestitionspläne finanzieren sollte. Lesen Sie auch: So lief Baerbocks Interview bei ProSieben

Über allem aber schwebte immer auch die noch offene Personalfrage der CDU. Und die erlaubte leider nur halbgare Spekulationen, wer denn der beste Kanzlerkandidat wäre. Faktencheck hin oder her, würden die Meinungen dazu am nächsten Tag noch jemanden interessieren?

"Hart aber fair": Das waren die Gäste

  • Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen: Fraktionsvorsitzender der grünen Bundestagsfraktion
  • Wolfgang Bosbach, CDU: Langjähriger CDU-Innenpolitiker, ehemaliger stellv. Vorsitzender der Bundestagsfraktion
  • Kevin Kühnert, SPD: Stellvertretender Parteivorsitzender
  • Martin Richenhagen: Topmanager, war bis Ende 2020 Chef des Landmaschinenherstellers AGCO
  • Helene Bubrowski: Journalistin, Korrespondentin in der "FAZ"-Parlamentsredaktion in Berlin

Was soll Armin Laschet tun?

Was sollte, konnte Armin Laschet tun, um die verfahrene Situation noch zu retten, wollte Frank Plasberg zum Beispiel von Wolfgang Bosbach wissen, dem einzigen CDU-Mann am Tisch. "Dasselbe wie Habeck", schlug der vor – ebenso genervt, wenn nicht gar verzweifelt, über das lange hin und her. "Wenn er selber aufgibt und Söder vorlässt, kann er Parteivorsitzender bleiben."

CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach war sichtlich genervt vom Kampf zwischen Armin Laschet und Markus Söder.
CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach war sichtlich genervt vom Kampf zwischen Armin Laschet und Markus Söder. © WDR/Oliver Ziebe

Das klang wie ein Trostpreis. Dabei wollte der NRW-Mann, bis 2009 selbst viele Jahre stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, nur, dass der Kandidat "mit den besten Chancen" in die Bundestagswahl zog. Basis wie Umfragen präferierten Markus Söder, er deshalb jetzt auch: "Die Umfragen haben sich verstätigt, er liegt deutlich vorn."

"Jeder CSU-Kanzlerkandidat war Steigbügelhalter für SPD-Kanzler"

Helene Bubrowski, Parlamentskorrespondentin der FAZ, blieb skeptisch: Die "Lehren der Geschichte" zeigten, dass jeder CSU-Kanzlerkandidat bisher nur zum "Steigbügelhalter für einen SPD-Kanzler" wurde. Außerdem wunderte sie sich, dass der Bayerische Ministerpräsident überhaupt so lange und so gut in den Umfragen dastand, trotz seiner Performance: "Offenbar kommt jemand, der sich mit brachialer Gewalt durchsetzt, bei den Leuten an."

CDU und CSU: Immer wieder Streit um Kanzlerkandidatur

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    Nur Martin Richenhagen, bis Ende letzten Jahres noch Top-Manager eines internationalen Konzerns, nun bestens versorgter Rentner, wollte den CDU-Vorsitzenden als Kanzlerkandidaten noch nicht ganz aufgeben. Er kannte beide Kandidaten persönlich, betonte er. "Armin Laschet ist ein sehr sympathischer, honoriger Mann", bestätigte er dann. "Wie er jetzt kämpft, beweist auch, dass er Biss hat."

    Kanzlerinnen-Kür im "kleinsten Hinterzimmer"

    Anton Hofreiter wiederum war der CDU-Kanzlerkandidat herzlich egal, ließ er durchblicken. Probleme bereitete ihm höchstens, dass sich "unter dem internen Kampf die aktuelle Regierungsarbeit verzögerte."

    Anton Hofreiter (B'90/Die Grünen, links) lobte die ruhige Wahl der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock.
    Anton Hofreiter (B'90/Die Grünen, links) lobte die ruhige Wahl der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock. © WDR/Oliver Ziebe

    Mit einem deutlichen Seitenhieb auf die CDU-Rangelei befürwortete er daher die ungewohnt geräuschlose, weil geheime Kandidatinnenwahl seiner eigenen Partei: "Wir wissen, wie die Verfahren gehen."

    Kühnert: "Kein Mensch weiß, wofür Söder steht und wofür Laschet"

    Obwohl selbst er als Fraktionsvorsitzender der Bündnis 90/Die Grünen erst kurz vorher erfuhr, was die beiden Vorsitzenden seiner Partei im "kleinsten Hinterzimmer" beschlossen hatten, würde die Entscheidung im Nachhinein noch basisdemokratisch durch den Parteitag abgesegnet.

    Auch Kevin Kühnert, stellvertretender Parteivorsitzender der SPD, sah "die nächste Bundesregierung ohne eine Beteiligung der CDU auskommen". Entscheidend war für ihn dabei, dass die CDU/ CSU fünf Monate vor der Bundestagswahl noch immer kein Wahlprogramm hatte: "Kein Mensch weiß, wofür Söder steht und wofür Laschet", monierte er. Worin sollten die Menschen da Vertrauen setzen?

    Wer ist eigentlich Markus Söder?

    Apropos: "Wer ist eigentlich Markus Söder?", fragte an dieser Stelle Frank Plasberg Anne Clauß. Die Münchner Landeskorrespondentin des "Spiegel" musste es wissen: Seit neun Jahren beobachtet sie den CSU-Mann professionell, hat kürzlich sogar eine Biographie über ihn geschrieben – eine unautorisierte und offenbar auch eine wenig schmeichelhafte.

    Das Beste, was sie sagen konnte, verriet sie im Einzelinterview mit Frank Plasberg, war, dass Markus Söder ein "zäher, kritikfähiger Mensch" sei. Als gelernter TV-Redakteur sei er dazu ein "begnadete Redner", dem die digitalen Auftritte in Pandemie-Zeiten sehr entgegen kämen. "An einem Stammtisch sieht man ihn nie lange stehen."

    Ansonsten sei Markus Söder wie ein "Duracell-Hase: Immer im Einsatz" und auf dem Weg zum nächsten Termin. Einer also, der sich nicht entspannen könnte und der Selbstironie nur simulierte – ob er nun einen Baum umarmte oder sich einen Drei-Tage-Bart wachsen ließ wie Robert Habeck. Nur ein Teamplayer sei Markus Söder ganz sicher nicht, schon eher „ein Bundestrainer, der sich selbst einwechselt, um die Tore zu schießen“.

    Keine Entscheidung zum Ende der Sendung

    Ob der Bayer mit diesen Charaktereigenschaften die geheime Abstimmung des CDU-Parteivorstands akzeptieren würde, wie er in seiner Pressekonferenz am Mittag vor laufenden Kameras noch versprach?

    Die Frage stellte sich zu diesem Zeitpunkt nicht: Immer noch rang der CDU-Bundesvorstand um die Frage, wer und wann den Kanzlerkandidaten der Gesamt-Union wählen sollte. Das Rauchzeichen aus dem Konrad-Adenauer-Haus kam erst Stunden später, zum „Nachtmagazin“.