Berlin. Die Bundeswehr startet ihre Ausbildung freiwilliger Wehrdienstleistender als Heimatschützer. Die Nachfrage nach dem Angebot ist groß.

  • Die Bundeswehr will sich verändern - dabei helfen soll ein neuer Dienst
  • Der Heimatschutz der Truppe soll massiv verstärkt werden
  • Es stehen 1.000 Plätze zur Verfügung, ein Bruchteil davon zum Start

Es ist fast wie früher. Die Bundeswehr kümmert sich verstärkt um die Landesverteidigung. Nach Ostern rücken am Dienstag die ersten Rekruten in die Kasernen ein, die sich für den „Heimatschutz“ gemeldet haben – ein Nebengleis des Freiwilligen Wehrdienstes, der schon bisher angeboten wurde.

Die Truppe soll auch schneller aufwachsen können. Ab dem 1. Oktober ist für alle ausscheidenden Soldaten eine „Grundbeorderung“ als Reservist für sechs Jahre vorgesehen. Auch sie sollen heimatnah eingesetzt werden. Dort treffen dann beide Gruppen aufeinander.

Bild der Bundeswehr soll sich ändern

Denn die jungen Heimatschützer sollen nach der siebenmonatigen soldatischen Ausbildung ebenfalls sechs Jahre lang als Reservisten bereit stehen. In der Folge könnte sich das Bild der Bundeswehr ändern, die zuletzt mit Auslandseinsätzen identifiziert wurde.

Die Bundeswehr verspricht mehr als sie halten kann

„Das bedeutet, dass du in diesem Zeitraum an Übungen und Einsätzen, zum Beispiel bei Naturkatastrophen teilnimmst, bis du insgesamt weitere fünf Monate Dienst geleistet hast“, heißt es in der Werbung. „Dein Jahr für Deutschland“ besteht also aus sieben Monaten Dienst zum Einstieg und weitere fünf Monate über die Jahre verteilt.

Die Werbung seit dem letzten Herbst. Mit Erfolg. Das Interesse überstieg das Angebot von 1000 Plätzen um ein Vielfaches. Gerade für Schulabgänger dürfte das Einstiegsgehalt von monatlich 1400 Euro netto reizvoll sein. Zum Start von „Dein Jahr für Deutschland“ plant Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt in Berlin. Hintergrund: Greift Kramp-Karrenbauer bei den Elite-Soldaten durch?

Die Wehrbeauftragte Eva Högl beobachtet den Rummel mit zwiespältigen Gefühlen. „Ich höre häufig von Soldatinnen und Soldaten, dass bei der Personalgewinnung ein falsches Bild von der Bundeswehr vermittelt wird und sich der Alltag dann ganz anders darstellt“, sagte sie unserer Redaktion. „Das schadet mehr als es nützt.“

Prinzipiell sei der künftige Dienst ein „Baustein zu mehr gesellschaftlichem Engagement“. Aber eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg sei, „dass die Bundeswehr den jungen Menschen ein realistisches Bild vermittelt“.

Högl: Den jungen Menschen ein realistisches Bild vermitteln

Es stehen 1.000 Plätze zur Verfügung, ein Bruchteil davon zum Start. Die größere Herausforderung ist für Högl die Einbindung der Reserve, um die Truppe im Spannungs- und Verteidigungsfall zu verstärken. Es bedeutet in der Praxis, dass jährlich rund 15.000 ausscheidende Soldatinnen und Soldaten für Dienstposten eingeplant und erfasst werden müssen. „Hier müssen effektive Strukturen geschaffen und hinterlegt werden, damit diese Aufgabe sachgerecht umsetzt werden kann“, fordert Högl.

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Schon bisher können sich ausgeschiedene Soldaten freiwillig beordern lassen und Reservistendienst leisten; dafür sind in der Bundeswehr rund 3.500 Stellen vorgesehen. Diese Zahl soll deutlich steigen. Die möglichst heimatnahe Ausbildung und Verwendung Reservistendienstleistender wird im kleinen Maßstab seit Langem erprobt; seit 2018 mit dem Pilotprojekt „Landesregiment Bayern“ im Freistaat.

Vor dem bundesweiten Start muss noch erfasst werden, wer als Reservist im Krisenfall unabkömmlich ist, weil er etwa für Energieversorger, die IT-Infrastrstuktur, Krankenhäuser und Logistikunternehmen arbeitet.

Eine Erleichterung sollte schon ab April bereitstehen: die App „USG-Online“. Reservisten sollen Anträge auf Unterhalt – den Ersatz für entgangenen Einkünfte – digital stellen können.

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