Berlin. Sozialverbände fordern in der Corona-Pandemie mehr Unterstützung für Hartz-IV-Empfänger. Denkbar wären mehr kostenlose Schnelltests.

  • Schnelltests gelten als wichtiges Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie
  • Deshalb will die Bundesregierung einen kostenlosen Test pro Woche ermöglich
  • Wer mehr will soll Zahlen – Hartz-IV-Empfänger können sich das aber häufig nicht leisten
  • Sozialverbände fordern daher mehr Unterstützung

Corona-Schnelltests gelten als ein Weg aus dem Lockdown. Immer mehr Tests werden zugelassen, die Politik will außerdem kostenlose Tests zur Verfügung stellen. Die Hoffnung: Jeder und jede soll über Selbsttests wissen können, ob eine Corona-Infektion besteht – und bei positivem Test etwa vom Besuch der Großeltern, des Zoos oder eines Frisörs absehen. Lesen Sie hier: Spahn – Bald anderthalb Millionen Corona-Schnelltests täglich

Voraussetzung dafür ist, dass Menschen bei einem positiven Testergebnis auch die Verantwortung haben, sich schnell selbst zu isolieren und das Ergebnis eines PCR-Tests abzuwarten. Und dass natürlich immer genug Tests im Haus sind, denn von Staatsseiten wird es zunächst nur einen Test pro Person und Woche geben.

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Die Ergebnisse der Schnelltests zur Selbstanwendung sind nur Momentaufnahmen, ihr Ergebnis nur ein paar Stunden gültig. Wer seinen kostenlosen Test also Dienstags verbraucht hat, muss nachkaufen, will man Sonntags zur Oma fahren und keine potenziell tödliche Krankheit mitbringen. Mehr zum Thema: Kein Recht auf FFP2-Masken für Hartz-IV-Empfänger? Das sagen die Gerichte

Wie stellt man den Hartz-IV-Antrag?

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    Hartz IV: Kosten für Corona-Tests spalten Gesellschaft

    „Kein Problem“, denkt sich mancher vielleicht, „gehe ich eben in den Supermarkt, da haben sie Selbsttests an der Kasse.“ Doch deren Preis schlägt derzeit mit rund 25 Euro pro Packung zu Buche – Geld, das nicht jeder Mensch immer zur Verfügung hat. Sozialverbände warnen nun davor, dass Menschen deswegen von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen werden könnten, weil sie es nicht genug kostenlose Selbsttests gibt. Lesen Sie hier: Corona-Schnelltests bei dm und Co. – Das müssen Sie wissen

    „Ein kostenfreier Test pro Person und Woche ist nicht genug, besonders wenn der Besuch von Veranstaltungen von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht wird“, sagte etwa die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) am Samstag. Bentele verwies auf die ohnehin schon schwierige Lage von Hartz-IV-Empfangenden.

    „Zu den Kosten für Masken oder Desinfektionsmittel kommen jetzt noch die Kosten für die Tests obendrauf“, kritisierte sie. „Das spaltet die Gesellschaft weiter: in die, die sich jeden Tag einen Test leisten können, und die, die sich zukünftig fragen müssen, ob sie die Großeltern besuchen oder mit den Kindern in den Zoo gehen.“ Gesellschaftliche Teilhabe dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen.

    Schon am Freitag gab der VdK eine Pressemitteilung heraus, in der es heißt: „Bei einer vierköpfigen Familie kann schnell mal ein Betrag von 180 Euro für den Test im Testzentrum zusammen kommen, wenn sie Oma besuchen möchten. Im Discounter zahlen sie zwar weniger, aber ob das Testergebnis gilt, ist noch nicht geklärt.“ Ein kostenfreier Test pro Woche reiche nicht. „Da muss die Regierung nochmal nachlegen.“

    Grundsicherung: Sozialpaket III soll helfen

    Die VdK-Präsidentin forderte in der NOZ außerdem, dass der Bund während der Corona-Pandemie den monatlichen Grundsicherungsbetrag um 100 Euro aufstockt. Bisher ist nur vorgesehen, über das Sozialpaket III zusätzliche Kosten in Form eines einmaligen Corona-Zuschlags von 150 Euro abzudecken. Am Freitag gab der Bundesrat seine Zustimmung zu den Hilfen. Lesen Sie jetzt: Hartz IV – Diese Sanktionen gibt es auch in der Corona-Pandemie

    Ob dieser Zuschlag für Menschen mit Hartz IV ausreicht, die Kosten für Test, Masken und Desinfektionsmittel zu decken, darf in des bezweifelt werden. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) etwa warnte schon Ende Februar, die Einmalzahlung bleibe „weit hinter den pandemiebedingt zusätzlich anfallenden Bedarfen der Betroffenen zurück“.

    Weil diese zusätzlichen Kosten außerdem schon seit Beginn der Pandemie im März 2020 bestehen und diese nicht im Regelsatz für Hartz-IV-Empfangende berücksichtig sind, fordert die AWO monatliche Sonderzahlungen.

    Hartz IV: Verband will höhere Regelsätze

    Genauso wie Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, der 100 Euro monatliche Zuschüsse für Pandemiezeiten fordert. Hesse sagte der NOZ, Menschen in der Grundsicherung seien ohnehin verstärkt ausgegrenzt.

    „Wenn sie sich nicht regelmäßig testen lassen können oder sich FFP2-Masken nicht leisten können, werden wohl viele noch stärker daheim bleiben müssen und können noch weniger am sozialen Leben teilnehmen, als es jetzt schon der Fall ist.“ Die Corona-Spaltung in der Gesellschaft werde sich sicherlich noch weiter vertiefen, betonte Hesse. Er sprach sich zudem dafür aus, die Hartz-IV-Regelsätze „zügig auf mindestens 600 Euro zu erhöhen“.

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      Immerhin: Familien mit Kindern – auch solche, die Grundsicherung beziehen müssen – können sich mit dem Sozialpaket III über wenigstens etwas mehr Geld vom Staat freuen. Der Kinderbonus in Höhe von 150 Euro wird für jedes kindergeldberechtigte Kind gezahlt. Das Gesetzespaket sieht außerdem vor, auch die Kostenerstattung von Mittagsverpflegung, die wegen der Schließung von Schulen und sozialen Einrichtungen entfällt, zu verlängern.

      Ob damit dann aber genug Geld für die vielen Schnelltests übrig ist, bleibt abzuwarten. (mit dpa/AFP)