Berlin. Deutschland hat im Kampf gegen die Ausbreitung von Corona-Mutationen Krenzkontrollen eingeführt. Was gilt jetzt für die Einreise?

  • Angst vor Corona-Mutationen: Die Einreise aus Tschechien und Tirol ist seit dem 14. Februar eingeschränkt
  • Zuletzt verlängerte Deutschland die Kontrollen an den Grenzen bis zum 3. März
  • Seit dem 19. Februar gelten neue Regeln für Pendler

Seit dem 14. Februar sind die Grenzübergänge nahezu dicht: Im Kampf gegen die Ausbreitung von Mutationen des Coronavirus hat Deutschland die Einreise aus Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol weitgehend eingeschränkt.

Ungeachtet der Kritik aus der EU hat Deutschland die Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Tirol um eine Woche bis zum 3. März verlängert. Die Maßnahmen, die zunächst bis 23. Februar befristet waren, sollten unverändert fortgeführt werden.

Welche Regeln gelten jetzt für die Einreise aus Tschechien, Tirol und anderen besonders gefährdeten Gebieten?

Welche Gebiete sind betroffen? Wie und wo wird kontrolliert?

An den wichtigsten Grenzübergängen zu Tschechien und Tirol sind stationäre Kontrollen errichtet worden. Seit dem 14. Februar werde nun nach Angaben der Bundespolizei jedes Fahrzeug kontrolliert. Die neuen Regeln gelten wegen des Infektionsgeschehens auch für Reisende aus der Slowakei.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) zufolge hat die Bundespolizei vom 14. bis zum 16. Februar (morgens) 12.194 Personen an der deutsch-tschechischen Grenze kontrolliert. 3414 wurde die Einreise verweigert.

Auf der Schiene geht unterdessen gar nichts mehr: Die Deutsche Bahn, die Tschechische Staatsbahn CD sowie die Länderbahn mit ihren Marken Vogtlandbahn und Trilex haben ihre grenzüberschreitenden Züge eingestellt. Die neuen Regeln gelten nach Angaben des Bundesinnenministeriums nun bis zum 3. März. Eine weitere Ausweitung auf bis zu drei Monate ist möglich.

Wer darf trotzdem nach Deutschland einreisen?

Seit dem 14. Februar dürfen aus den besonderen Risikogebieten nur noch deutsche Staatsangehörige mit ihren Ehepartnern und minderjährigen Kindern einreisen. Auch Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland dürfen die Grenze passieren. Ausnahmen gibt es zudem für einige Berufsgruppen: Ärzte und Ärztinnen sowie Kranken- und Altenpfleger, Fahrer im Güterverkehr und Saisonkräfte in der Landwirtschaft.

Die Einreise ist auch aus humanitären Gründen möglich – zum Beispiel Väter zur Geburt ihres Kindes oder nahe Angehörige zu einer Beerdigung: Dazu zählen Eltern, Ehepartner und Kinder von Verstorbenen. Auch für dringende medizinische Behandlungen ist der Weg nach Deutschland mit einem ärztlichen Attest weiter offen.

Welche Bedingungen gelten für die Einreise nach Deutschland?

Grundsätzlich gilt für alle Einreisenden: Sie müssen an der Grenze einen negativen Corona-Test vorlegen und sich anschließend in Deutschland für zehn Tage in Quarantäne begeben.

Für Personal im grenzüberschreitenden Gütertransport entfallen bisherige Privilegien. Lkw-Fahrer müssen jetzt wie alle anderen Einreisenden auch ein negatives Testergebnis dabei haben. Dieses dürfe nach Angaben des Verbandes VDA nicht älter als 48 Stunden und ärztlich bestätigt sein und müsse dreisprachig vorliegen. Mehr zum Thema: Corona-Impfpass: Reisen bald nur noch mit Impf-Nachweis?

Dürfen Pendler aus Grenzregionen nach Deutschland einreisen?

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit stammen rund 45.000 in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, also keine Mini-Jobber, aus Österreich und Tschechien. Für bestimmte Berufspendler hat Bayern die Einreisebestimmungen gelockert, teilte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit.

Dies betrifft Mitarbeiter in systemrelevanten Branchen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zählt zu den Ausnahmebranchen etwa Wasser- und Elektrizitätswerke, die Lebensmittelproduktion oder einen Betrieb, der Glasprodukte für die Pharmaindustrie herstellt. Neben einem höchstens 48 Stunden alter negativer Corona-Test müssen Berufspendler eine Bescheinigung über die Systemrelevanz ihrer Tätigkeit vorweisen.

Zwei Polizisten der Bundespolizei bei der Kontrolle von Reisenden und Pendler auf dem Parkplatz Am Heidenholz an der A17 nahe Breitenau.
Zwei Polizisten der Bundespolizei bei der Kontrolle von Reisenden und Pendler auf dem Parkplatz Am Heidenholz an der A17 nahe Breitenau. © dpa

Der entsprechende Nachweis, einen systemrelevanten Beruf auszuüben, erfolgt bis zum Ablauf des 18. Februar 2021 durch die Glaubhaftmachung des Reisenden. Dies kann derzeit zum Beispiel durch die Vorlage des Arbeitsvertrages und einer entsprechenden Bescheinigung des Arbeitgebers geschehen.

Ab dem 19. Februar 2021 ist eine individualisierte amtliche und sowohl auf den Betrieb als auch auf die Person bezogene Bescheinigung der jeweiligen Landesbehörden in Bayern und Sachsen bei der Einreise mitzuführen und bei der Grenzkontrolle vorzulegen.

Warum wurden die Einreisebestimmungen verschärft?

In Tschechien, Tirol und der Slowakei breiten sich derzeit zwei Mutationen des Coronavirus verstärkt aus. In Tschechien grassiert die britische Mutante B.1.1.7., in Tirol die südafrikanische Variante B.1.351. Beide gelten als deutlich ansteckender. Die südafrikanische Mutante ist nach bisherigen Erkenntnissen zudem tödlicher – und manche Impfstoffe gegen das Coronavirus büßen ihre Wirkung ein. Mediziner vermuten zudem, dass die Rate an Zweitinfektionen durch die Mutanten deutlich steigen könnte.

In Bayern befinden sich alle Hotspots der Corona-Infektionen entlang der Grenzen zu Tschechien und Österreich. In Regionen nahe Tschechien ist insbesondere die britische Virusmutation auf dem Vormarsch. Aus Tirol habe es bislang keine nennenswerte Einschleppung gegeben, erklärt der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner.

Mehr zum Thema: Corona: Brasilianische Mutation ist dreimal ansteckender

Drohen jetzt weitere Grenzschließungen?

Das will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht ausschließen. Allerdings grassieren in den anderen Nachbarländern der Bundesrepublik die gefährlichen Mutationen des Coronavirus nicht besonders stark. Weiterlesen: Finnland, Norwegen, Israel: Hier sind die Grenzen dicht

Der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) bekräftigte, dass die Bundesregierung Kontrollen auch im Grenzgebiet zu Frankreich möglichst vermeiden wolle. Er verwies dabei auf die enge Verzahnung der Grenzregionen. Allerdings müssten dafür „entsprechende Bedingungen erfüllt werden“, sagte der Staatsminister weiter. So müssten Beschränkungen wegen der Pandemie in den Gebieten beiderseits der Grenze besser aufeinander abgestimmt werden.

Lesen Sie hier: Diese Mutationen breiten sich in Deutschland aus

Dazu fand am Dienstag (23.2.) eine erste Video-Konferenz der am Vortag eingerichteten deutsch-französischen Taskforce statt. „Ich baue darauf, dass Frankreich wirkungsvolle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergreift“, erklärte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der ebenso wie Roth und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) an dem Online-Treffen teilnahm. Geplant sind demnach zusätzliche Corona-Tests bei Grenzpendlern.

Bereits jetzt gebe es auf französischer Seite große Anstrengungen, Infektionsketten zu durchbrechen, erklärte Hans weiter. Auch die in Frankreich geltende nächtliche Ausgangssperre sei „ein wirkungsvoller Ansatz“. Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune verwies ebenfalls auf geplante zusätzliche Anstrengungen bei Corona-Tests.

Gibt es Kritik an der Grenzschließung?

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides kritisierte das Vorgehen Deutschlands. „Die Furcht vor den Mutationen des Coronavirus ist verständlich, aber trotzdem gilt die Wahrheit, dass sich das Virus nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten lässt“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“. Sie hält es für falsch, „zu einem Europa mit geschlossenen Grenzen wie im März 2020 zurückkehren.“ Gegen die Mutanten helfe nur „konsequentes Impfen sowie die Einhaltung der Hygiene-Regeln.“

Die EU-Kommission hatte in einem Brief an den deutschen EU-Botschafter in Brüssel erneut die Kontrollen und Einreiseverbote zu Tschechien und Österreich kritisiert. Nach dem Schreiben, kann der Schutz der deutschen Bevölkerung durch „weniger einschränkende Maßnahmen“ erreicht werden. Die Kommission forderte Deutschland zu einer Stellungnahme binnen zehn Arbeitstagen auf.

Ähnliche Briefe gingen laut einem Kommissionssprecher auch an Belgien, Dänemark, Finnland, Schweden und Ungarn. Mit Blick auf Deutschland argumentiert die EU-Kommission, dass es zwar in Tirol einen hohen Anteil der südafrikanischen Virus-Variante gibt. Dies sei aber in Tschechien nicht der Fall. Auch die britische Variante tauche dort nur vergleichsweise wenig auf.

Dagegen betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): „Der Gesundheitsschutz hat oberste Priorität.“ (aky/msb/dpa)

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