Berlin. Mit dem Jahreswechsel wird auch die Grundrente eingeführt. Doch bis zur Auszahlung wird es noch Monate dauern, räumt Arbeitsminister Heil ein.

  • Nach langem Streit der Regierungsparteien wird mit dem Beginn des Jahres 2021 die Grundrente eingeführt
  • Doch die Probleme scheinen damit noch nicht zu Enden
  • Wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Gespräch mit unserer Redaktion nun bestätigte, könnte es bis zur Auszahlung noch Monate dauern

Lange gearbeitet und trotzdem wenig Rente - das ist für viele Menschen in Deutschland die Realität. Ab kommendem Jahr soll es für dieses Problem eine Lösung geben: Die Grundrente. Sie ist ein individuell berechneter Aufschlag für langjährig Versicherte mit kleinen Renten. Sie sollen im Alter besser dastehen als diejenigen, die gar nicht oder nur kurz in die Renten­versicherung einge­zahlt haben.

Heil: Grundrente als "sozialpolitischer Meilenstein"

Im vergangenen Sommer verabschiedeten Bundestag und Bundesrat dieses rentenpolitische Mammutvorhaben, nachdem die Koalitionspartner Union und SPD im Vorfeld über viele Monate diskutiert und gestritten hatten. Vor allem für die SPD ist es ein Prestigeprojekt. „Die Einführung der Grundrente ist ein sozialpolitischer Meilenstein und eine Frage der Leistungsgerechtigkeit“, bekräftigt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

1,3 Millionen Menschen profitierten davon, „vor allem Frauen, die immer gearbeitet haben, aber viel zu niedrige Löhne hatten“, sagte Heil unser Redaktion. Am ersten Januar nun tritt die Grundrente in Kraft. Doch ausgezahlt wird sie erstmal trotzdem nicht. Wer Anspruch hat, muss noch etliche Monate warten. Manche wohl sogar bis Ende 2022.

Grundrente: Warum verzögert sich die Auszahlung?

Das liegt vor allem an der aufwendigen Prüfung der Ansprüche. Sie werden bei Bestandsrentnern in jedem Einzelfall über einen Einkommensabgleich ermittelt. Denn der Zuschlag wird nur für Renten bis zu einer bestimmten Höhe gewährt. Dadurch soll verhindert werden, dass Rentner den Zuschlag erhalten, die ihn finanziell nicht benötigen – etwa weil sie neben einer niedrigen gesetzlichen Rente noch auskömmliche Miet­einnahmen haben. Lesen Sie auch: Altersvorsorge: So können sie den Wegfall des Soli nutzen

Um die Einkommenssituation eines jeden Ruheständlers zu prüfen, findet zwischen den Finanzbehörden und der Rentenversicherung ein automatischer Datenabgleich statt. Allerdings wird es geraume Zeit dauern, bis genau berechnet ist, wer welchen individuellen Anspruch in welcher Höhe hat. Denn die Berechnung ist kompliziert. Aufwendig dürfte es zudem werden, ausländische Einkommen der Rentner zu prüfen. Hier ist mit einiger Bürokratie zu rechnen. Zudem sind die deutschen Behörden darauf angewiesen, dass Rentner ihr Einkünfte im Ausland anzeigen.

Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, rechnet erst ab Sommer mit der Auszahlung der Grundrente.
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, rechnet erst ab Sommer mit der Auszahlung der Grundrente. © dpa

Wann fließt das erste Geld aus der Grundrente?

Der Bundesarbeitsminister geht davon aus, dass dies ab Sommer der Fall ist. „Aufgrund des verwaltungsmäßigen Aufwands erfolgt die Auszahlung zur Mitte des Jahres, rückwirkend zum 1. Januar. Rentnerinnen und Rentner, denen die Grundrente zusteht, werden ihre Ansprüche also in voller Höhe bekommen“, betont Heil.

Kein Rentner müsse sich „mit Anträgen herumschlagen oder Behörden kontaktieren“. Alles werde automatisch erfolgen. Das sei zwar „für die Verwaltung ein Kraftakt, aber kommt denjenigen zugute, denen die Grundrente zusteht“. Auch interessant: CDU-Politiker wollen Renten-Reform – Kritik an Plänen

Wer genau bekommt die Grundrente?

Um die Grund­rente in voller Höhe zu bekommen, müssen Versicherte mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben. Einen Teilanspruch hat, wer mindestens 33 Jahre Beiträge abgeführt hat. Der Aufschlag soll gestaffelt werden. Im Schnitt wird er 75 bis 80 Euro betragen, er kann sich aber auch auf bis zu 400 Euro belaufen.

Berücksichtigt werden bei der Berechnung Zeiten mit Pflichtbeiträgen aus Berufstätigkeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten sowie Zeiten, in denen man Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation bekommen hat. Anerkannt werden auch sogenannte Ersatzzeiten wie Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft oder politische Haft in der DDR.

Was wir nicht berücksichtigt?

Nicht mitgezählt werden Zeiten, in denen Arbeitslosengeld I und ALG II bezogen wurde, Phasen der Schulausbildung sowie freiwillig gezahlte Rentenbeiträge. Das Gleiche gilt für Minijobs, in denen keine eigenen Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt wurden. Auch häusliche Pflege von Angehörigen vor Januar 1992 wird bei der Berechnung nicht anerkannt. Auch interessant: Hartz IV und Kindergeld steigen: Wo es 2021 mehr Geld gibt

Wie hoch sind die Einkommensgrenzen bei der Grundrente?

Den vollen Aufschlag auf die Rente bekommen nur diejenigen, deren monatliches Einkommen als alleinstehender Rentner bei maximal 1250 Euro liegt. Bei Eheleuten oder Lebenspartner sind es höchstens 1950 Euro. Jener Anteil des Einkommens, der über dieser Grenze liegt, wird zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet.

Ein Beispiel: Bei 1450 Euro Einkommen eines Alleinstehenden würden jene 200 Euro, die über der genannten Grenze liegen, zu 60 Prozent angerechnet. Damit fiele die Grundrente 120 Euro niedriger aus. Der Zuschlag von 304 Euro würde also um 120 Euro gekürzt. Die Grundrente beliefe sich somit auf 184 Euro.

Welche Berufsjahre werden berücksichtigt?

Alle Beitragsjahre, in denen der Verdienst mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes in Deutschland betragen hat. Im Jahr 2020 sind das zum Beispiel monatlich rund 1000 Euro brutto im Monat. Liegt der eigene Verdienst darunter, wird diese Zeit nicht mitgezählt. Diese Unter­grenze soll verhindern, dass Personen vom Zuschlag profitieren, deren Entgelt nur die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatte, etwa eines Minijobs.

Allerdings gibt es auch eine Obergrenze. So darf der Verdienst während das gesamten Berufslebens höchstens 80 Prozent des deutschen Durchschnittsverdienstes betragen haben. Das waren im Jahr 2020 etwa 2700 Euro brutto im Monat. Liegt das durchschnittliche Einkommen des gesamten Berufslebens darüber, wird die Grundrente nicht bezahlt. Auch interessant: Altersvorsorge: Warum es nun Ärger um die Riester-Rente gibt

Wie teuer ist die Grundrente?

Sie kostet den Steuerzahler schätzungsweise 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro im Jahr. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wollte das Geld über eine Finanztransaktionssteuer bereitstellen. Doch die ist bislang nicht in Sicht. Nun wird das Geld aus dem Bundeshaushalt kommen.