Prien am Chiemsee/Berlin. Mehrere CDU-Abgeordnete wollen Jens Spahn als neuen Parteichef. Nun hat sich der Bundesgesundheitsminister zu der Forderung geäußert.

Schnell noch ein Selfie mit dem bayerischen Ministerpräsidenten: Markus Söder nimmt sich am Chiemsee Zeit und lässt sich mit Touristen fotografieren - mit weitem Abstand und einer Gesichtsmaske mit der bayerischen Raute. Stolz sei man, erzählt ein Wirt, wie der Ministerpräsident Bayern durch die Krise führe. Er sei der geeignete Kanzlerkandidat der Union, daran bestehe kein Zweifel.

Das sagt sich einfach in diesen Juli-Sommertagen. Doch der Union steht ein heißer Herbst bevor. Die derzeit in Umfragen dominierende Partei muss aufpassen, dass ihr die V-Frage (Suche nach dem CDU-Vorsitz) und die K-Frage (Frage nach der Kanzlerkandidatur) nicht implodiert.

CDU: Das ist der Fahrplan zur Kanzlerkandidatur

Noch scheint es so, als wüssten die Protagonisten selbst nicht annähernd, wie ihre persönliche Zukunft im Jahr 2021 aussieht. Der offizielle Fahrplan sieht so aus, dass Anfang Dezember der CDU-Parteitag in Stuttgart einen Vorsitzenden wählt - aus derzeit drei Bewerbern: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Außenpolitiker Norbert Röttgen. Kurz darauf hält die CSU einen Parteitag in Nürnberg ab. Und zu Beginn des Jahres 2021 klären die Parteivorsitzenden und die Gremien von CDU und CSU dann die Frage der Kanzlerkandidatur.

Die CDU hat dabei das Vorschlagsrecht, die CSU ein Vetorecht - so die Sprachregelung. Doch in den Parteien beginnt das Grummeln. Schon vor der Krise hatte Söder gute Umfragewerte in der Frage der Kanzlerkandidatur, im Sommer hat er nun alle CDU-Politiker weit hinter sich gelassen.

Dabei hatte Laschet sich gerade mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Konkurrenten um den Parteivorsitz auf seine Seite gezogen und konnte auf eine positive Zwischenbilanz als Düsseldorfer Regierungschef verweisen. Doch dann kam Corona.

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Corona: Laschet erntet viel Kritik

Die Pandemie brachte dem Aachener viel Kritik an seinem Führungsstil ein. Am Freitag nun brachten CDU-Politiker aus Baden-Württemberg eine Kandidatur von Spahn offiziell ins Spiel.

„Laschet, Merz und Röttgen sollten über den Sommer in sich gehen und überlegen, ob sie der Partei wirklich noch den notwendigen Impuls geben können oder nicht doch lieber den Weg frei machen für einen echten Generationswechsel,“ sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich der „Stuttgarter Zeitung“. „Wir dürfen nicht die Augen vor der Stimmung im Land verschließen, die ganz klar zugunsten von Spahn und Söder geht, weil sie in der Corona-Krise ihre Feuertaufe bestanden haben.“

Spahn erhält Untersützung von Innenexperte

Für Spahn machte sich auch der CDU-Innenexperte Armin Schuster stark. Er forderte eine einvernehmliche Lösung zwischen den bisherigen Kandidaten und Spahn: „Jens Spahn sehe ich dabei nicht in der von ihm selbst gewählten Zurückhaltung, sondern eindeutig auf Augenhöhe mit den anderen Kandidaten.“

In ähnliche Richtung wurden jüngst auch Äußerungen von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) interpretiert - auch er aus dem Landesverband Baden-Württemberg. Schäuble hatte für Spahn sehr lobende Worte gefunden. Und was Schäuble sagt, hat in der Partei nach wie vor Gewicht. Spahn schrecke nicht vor Streit, anderen Meinungen und Diskussionen zurück, „und er hat den Willen zur Macht“.

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Spahn neuer Favorit von Schäuble?

Die Einlassungen sorgten für Aufsehen, ein Ritterschlag für Spahn. 2018 noch hatte sich Schäuble deutlich für Merz positioniert. Diesmal scheint Schäuble die Dinge anders zu sehen. Spahn stand in der Corona-Krise in vorderster Reihe und hat sich mit seinem Pandemie-Management viel Anerkennung verschafft. Söder wiederum bekam Rückenwind durch den pompösen Besuch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Schloss Herrenchiemsee. Hier sind zwei auf Augenhöhe, vermittelte der Besuch. Es war ein Fingerzeig der immer noch mächtigen Kanzlerin.

Spahn selbst will den Rufen von Parteifreunden nach einer eigenen Kandidatur für den CDU-Vorsitz aber offenbar nicht folgen. Es sei eine „bewusste Entscheidung“ gewesen, dass er im Team die Kandidatur von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet unterstütze, und dies gelte „weiterhin“, sagte Spahn am Samstag im Deutschlandfunk. „Herr Laschet und ich, wir haben entschieden, im Team ein Angebot an die Partei zu machen“, sagte Spahn. Ihnen gehe es darum, dass „Zusammenhalt auch an der Spitze gelebt wird, als Team gelebt wird“.

Zu Besuch bei Söder- Merkel weicht der K-Frage aus

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    Die Nervosität nimmt dennoch zu, auch im Laschet-Lager, dem aussichtsreichsten Kandidaten auf den CDU-Vorsitz. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) blies zu Wochenbeginn erstmals zum Frontalangriff auf Söder: Ihm sei „unerklärlich“, wie Leute auf die Idee kommen könnten, dass Söder ein guter Kanzlerkandidat wäre, sagte Reul. „Heiße Luft und eine Politik, die auf Inszenierungen setzt“, brächten die Union nicht weiter. In der CSU reagierte niemand öffentlich auf die Vorwürfe - registriert hat man sie allerdings sehr genau.

    Spahn besucht Laschet am Bodensee

    Spahn und Söder jedenfalls verstehen sich sehr gut, kennen sich lange, vertrauen sich. Diese Kombination würde die Frage der Kanzlerkandidatur neu bewerten – theoretisch wäre es möglich, dass Spahn Söder den Vortritt lässt, wenn die Umfragen so bleiben sollten.

    Doch selbst wenn – Spahn kann keine Bewegung in diese Richtung machen, sie müsste von Laschet selbst kommen. Vorwürfe der Illoyalität kann er nicht gebrauchen. Jüngste Bilder vom Bodensee, Laschets Urlaubsort, an dem ihn Spahn besuchte, demonstrierten zumindest ein harmonisches Miteinander.

    Gesundheitsminister Jens Spahn versteht sich sowohl mit Armin Laschet, als auch mit Markus Söder gut. Ein Vorteil?
    Gesundheitsminister Jens Spahn versteht sich sowohl mit Armin Laschet, als auch mit Markus Söder gut. Ein Vorteil? © Getty Images | Pool

    Merz gehen die Unterstützer aus

    Und Merz? Er führt Gespräche in Berlin, stellt ein Team zusammen. Aber die Unterstützer schwinden. Röttgen wiederum machte deutlich, dass er als CDU-Chef mit einem Kanzlerkandidaten Söder leben könnte. Das kam nicht überall gut an.

    Bleibt die Moderatoren-Rolle der jetzigen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Das Adenauer-Haus muss den Wahlkampf vorbereiten - Corona hin oder her. Nach der Sommerpause will sie mit ihnen besprechen, wie der Fahrplan bis zum Parteitag aussieht. „Ich gehe bei allen dreien davon aus, dass sie zu ihrer Kandidatur stehen. Zumindest habe ich keine anderen Signale bisher.“

    Eines ist klar: AKK muss in den nächsten Wochen vermitteln, ausgleichen, Interessen abwägen - und dabei vor allem das Wohl der CDU über persönliche Interessen stellen. Dass sie selbst keine Ambitionen mehr auf eines der Spitzenämter hat, es hilft dabei.

    CDU-Parteivorsitz – Mehr zum Thema

    Nach dem Rückzug von AKK muss die CDU einen neuen Parteivorsitz wählen. Das sollte bereits im April passieren – dann kam die Pandemie. Das waren die CDU-Vorsitzenden seit 1946. Die Bewerber Laschet, Röttgen und Merz dürften die bekanntesten Anwärter sein, wenn auch nicht die Einzigen: CDU-Vorsitz: 13 Bewerber neben Laschet, Merz und Röttgen. Doch wer wird am Ende das Rennen machen? Lesen Sie hier die Einschätzung unserer Autorinnen: Wer hat die besten Chancen auf den CDU-Parteivorsitz?