Berlin. Mehrwertsteuer-Senkung und Kinderbonus: Der Bundestag und Bundesrat haben das milliardenschwere Corona-Konjunkturpaket beschlossen.

Der Bundestag und Bundesrat haben die Mehrwertsteuersenkung in einer Sondersitzung am Montag beschlossen. Die Steuer kann wie beabsichtigt zum 1. Juli für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent gesenkt werden. Die reduzierte Mehrwertsteuer vor allem auf Lebensmittel soll von sieben auf fünf Prozent gesenkt werden. Auch der einmalige Kinderbonus von 300 Euro pro Kind ist beschlossen worden.

Bereits Ende Mai hatte die Bundesregierung das Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. Das größte Konjunkturpaket in der deutschen Geschichte könne Millionen von Bürgern entlasten und die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs bringen.

Der Bund übernimmt den Großteil der Kosten für das Konjunkturpaket: Knapp 13 Milliarden Euro an Steuerausfällen entstehen durch die Senkung der Mehrwertsteuer, der Kinderbonus schlägt mit weiteren 5,4 Milliarden Euro zu Buche. Lesen Sie hier: Was die Mehrwertsteuer-Senkung wirklich für Kunden bringt

Um das zu stemmen, will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) noch einmal mehr Kredite aufnehmen. Inzwischen sind für 2020 Rekordschulden von 218,5 Milliarden Euro vorgesehen. Scholz plant, den größten Teil der Corona-Schulden innerhalb von 20 Jahren ab 2023 wieder zu tilgen. Seinen zweiten Nachtragshaushalt soll der Bundestag noch in dieser Woche beschließen.

Steuermindereinnahmen von knapp 28,2 Milliarden Euro

Die Bundesregierung rechnet damit, dass in diesem Jahr durch das Konjunkturpaket fast 23,4 Milliarden Euro weniger Steuern reinkommen. Etwa die Hälfte davon entfällt auf die für sechs Monate geplante Absenkung der Mehrwertsteuer, die bis zum 31. Dezember 2020 gelten soll. Lesen Sie auch: Konjunkturpaket mit „Wumms“: Feuerwerk oder Strohfeuer?

Das Konjunkturpaket soll insgesamt für 2020 und 2021 einen Umfang von 130 Milliarden Euro haben. 120 Milliarden entfallen dabei auf den Bund, 90 Milliarden im laufenden Jahr. Im Frühjahr hatte der Bundestag auf Wunsch von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für den Anti-Corona-Kampf bereits 156 Milliarden Euro an neuen Schulden bewilligt. Davon (und aus anderen Rücklagen) sind noch mehr als 60 Milliarden übrig.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Sondersitzung des Bundeskabinetts.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Sondersitzung des Bundeskabinetts. © dpa | Markus Schreiber

Roller oder Spülmaschine – das kaufen Eltern vom Kinderbonus

weitere Videos

    Kinderbonus: Wer profitiert davon?

    Alle kindergeldberechtigten Eltern sollen den Bonus von 300 Euro pro Kind einmalig erhalten. Nach jüngsten Plänen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) soll der Kindergeldzuschuss nun in zwei Teilbeträgen von jeweils 150 Euro gestaffelt werden.

    Die ersten 150 Euro pro Kind werden im September mit der Überweisung des monatlichen Kindergeldes auf dem Konto der Eltern landen. Die zweiten 150 Euro werden dann im Oktober von den Familienkassen überwiesen. Lesen Sie auch: Wer profitiert vom Milliarden-Konjunkturpaket?

    Auch für Kinder, die in diesem Jahr erst noch geboren werden, und für Kinder, deren Kindergeldanspruch in den vergangenen Monaten seit Januar bereits erloschen ist oder demnächst erlischt, gibt es die 300 Euro. Kindergeldanspruch besteht bis zu einem Alter von höchstens 25 Jahren, solange die Kinder in der Ausbildung sind. Lesen Sie weiter: Wann wird der Kinderbonus ausgezahlt?

    Der Kinderbonus muss versteuert werden, Besserverdiener haben deshalb nichts von der Einmalzahlung, weil sie bereits stärker von den Kinder-Steuerfreibeträgen profitieren. Für Geringverdiener und Hartz-IV-Empfänger zahlen sich die 300 Euro dagegen voll aus. Der Bonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.

    Außerdem wird der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende – befristet auf zwei Jahre – von derzeit 1908 Euro auf 4008 Euro angehoben. Damit hätten Alleinerziehende deutlich mehr Geld netto in der Tasche.

    Werden die Preise im Handel ab dem 1. Juli sinken?

    Es liegt am Handel und den Unternehmen selbst, die Politik hat keine Sanktionsmöglichkeiten. Der Lebensmittelhandel hat bereits niedrigere Kosten für Verbraucher angekündigt. Handelsketten und Discounter wollen zum großen Teil die Kunden von den steuerlichen Vorteilen profitieren lassen.

    So will die Edeka-Tochter Netto Marken-Discount die steuerlichen Vorteile „vollumfänglich“ an die Kunden weitergeben. Der nahezu namensgleiche Konkurrent Netto will von Juli an „viele unserer Produkte deutlich im Preis senken und so alle unsere Kundinnen und Kunden an der Mehrwertsteuersenkung ganz direkt teilhaben lassen“. Lesen Sie weiter: Rente, Handel, Mehrwertsteuer – das ändert sich im Juli.

    Elektroauto-Prämie- Jetzt ist die Zeit, sich einen Neuwagen zu kaufen

    weitere Videos

      Ähnlich äußerten sich andere Unternehmen wie Rewe, Aldi Nord und Süd, Lidl sowie die Tochter Kaufland. Zurückhaltender zeigte sich der Konzern Ceconomy, Mutter der Elektronikketten Media Markt und Saturn. Handelsexperten haben zudem Zweifel, ob auch andere Branchen den Schritt mitgehen. Gerade bei kleineren Geschäften oder Restaurants seien Preisveränderungen schwerer nachvollziehbar.

      Die Deutsche Bahn will die von der Regierung für das zweite Halbjahr geplante Mehrwertsteuersenkung vollständig an die Kunden weitergeben und Fernverkehrstickets daher ab 1. Juli billiger anbieten. Dies soll sowohl für Flextickets als auch für Spar- und Supersparpreistickets gelten, sagte eine Unternehmenssprecherin am Montag in Berlin. Lesen Sie auch: Mehrwertsteuersenkung: Chaos und Insolvenzen drohen

      Der Preisunterschied wird demnach 1,9 Prozent ausmachen. Betrage beispielsweise der Nettopreis eines Tickets bisher 100 Euro, so werde dieses einschließlich sieben Prozent Mehrwertsteuer derzeit für 107 Euro verkauft.

      Durch den ab Juli niedrigeren Steuersatz von fünf Prozent werde dieses Ticket dann 105 Euro kosten, also zwei Euro weniger. Allerdings gilt die Verbilligung wegen der Befristung der Steuersenkung nur bis zum Jahresende.

      Wer profitiert vom Milliarden-Konjunkturpaket?

      weitere Videos

        Was passiert mit der Kfz-Steuer?

        Die Bundesregierung will die Deutschen dazu bringen, klimafreundlichere Autos zu kaufen. Die Kfz-Steuer für große Spritschlucker soll deshalb zum 1. Januar 2021 steigen. Die Steuer solle einen Anreiz geben, beim nächsten Neuwagenkauf „ohne Verbote und Strafabgabe“ ein umweltfreundlicheres Auto zu wählen, schreibt das Finanzministerium in einem ersten Entwurf.

        Die Grünen kritisierten die Pläne als „Reförmchen ohne wirkliche Lenkungswirkung“. Für eine echte Verkehrswende seien die Steueraufschläge für SUV definitiv zu klein, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion. „Andere Länder wie Norwegen oder Frankreich haben effektivere Steuerungsinstrumente entwickelt und entlasten sparsame Fahrzeuge deutlich besser.“

        Auch CDU und CSU im Bundestag kritisieren den Scholz-Vorschlag als nicht ausgewogen genug. Kommentar: Kfz-Steuer-Reform ohne „Wumms“: Scholz muss nacharbeiten

        Wie ist der weitere Zeitplan für das Konjunkturpaket?

        Während die Steuerteile des Pakets vor der Sommerpause verabschiedet werden sollen, folgen andere Maßnahmen später. Dazu zählt die höhere Übernahme der Unterbringungskosten von Hartz-IV-Beziehern durch den Bund, um die Kommunen zu entlasten.