Berlin. Bis 2023 könnten mehr als 200 Wirkstoffe gegen Krebs eine Zulassung bekommen. Beim Thema Alzheimer sind die Firmen aber zurückhaltend.

Gerade erst hat die Weltgesundheitsorganisation anlässlich des Weltkrebstages eine erschreckende Prognose veröffentlicht: Im Jahr 2040 könnten bis zu 37 Millionen Menschen weltweit neu an Krebs erkranken. Heute schon sind es 18 Millionen. Krebs ist also eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte.

Das haben auch Pharmafirmen verstanden: Die Zahl der Neuentwicklungen im Bereich der onkologischen Wirkstoffe ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Das zeigt auch eine noch unveröffentlichte Auswertung des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), die unserer Redaktion vorliegt.

2015 waren es nur halb so viele Krebs-Projekte

Demnach sind derzeit 206 Projekte bei unterschiedlichen Unternehmen in Arbeit, die sich mit der Entwicklung von Krebsmedikamenten beschäftigen und bis 2023 zu einer Zulassung kommen könnten. Vor fünf Jahren waren es den Angaben zufolge nur halb so viele. Der vfa hatte für die Auswertung seine 45 Mitgliedsunternehmen befragt.

An zweiter Stelle nach den Krebsmedikamenten folgen mit 72 Projekten die Entzündungskrankheiten wie Asthma oder Neurodermitis und 33 Projekte zu Infektionskrankheiten. „Die Krebsforschung ist in den vergangenen Jahren große Schritte vorangekommen“, sagte vfa-Präsident Han Steutel. „Wenn eine Erkrankung besser verstanden wird, weil es neue Entwicklungen in der Wissenschaft gibt, können unsere Unternehmen neue Wirkstoffe entwickeln.“

Alzheimer war für viele Unternehmen eine Sackgasse

Das ist auch einer der Gründe, warum sich laut der vfa-Auswertung nur acht Projekte mit der Entwicklung von Alzheimer-Wirkstoffen befassen. Denn die Krankheit ist nicht ausreichend verstanden. Zwar sind es doppelt so viele Projekte wie noch 2015, angesichts einer alternden Gesellschaft ist das dennoch sehr wenig.

Schon heute leben in Deutschland fünf Millionen Menschen über 80 Jahre. „Bei keiner anderen Krankheit sind Pharma-Unternehmen in den letzten Jahren so oft in die Sackgasse gelaufen wie bei Alzheimer“, sagte Steutel. „Gemessen daran sind acht Medikamente im letzten Erprobungsstadium viel. Sie zeigen, dass unsere Branche ungebrochen daran arbeitet, Alzheimer aufzuhalten.“

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„Die ökonomischen Erwartungen gehören bei Krebs zu den größten“

Auch der Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske sagt: „Viele Firmen haben sich aus der Alzheimerforschung zurückgezogen, weil es an einer richtig guten Theorie fehlt.“ Obwohl die Entwicklung von Alzheimerpräparaten große Profite verspreche, habe das viele Firmen abgeschreckt.

Die Konzentration auf Krebsmedikamentesei aus Sicht der Pharmaindustrie verständlich. „Die ökonomischen Erwartungen, Umsätze und Profite gehören in diesem Bereich im Moment zu den höchsten“, sagt Glaeske. Doch trotz der unbestreitbaren Durchbrüche, wie etwa in der Therapie von schwarzem Hautkrebs, erfüllten die Mittel in vielen Fällen nicht die Hoffnungen, die in sie gesetzt werden.

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