Washington. Mit Musk als Großaktionär wird es bei Twitter nicht langweilig: Erst soll er in den Verwaltungsrat einziehen, nun aber doch nicht.

Seit Elon Musk vor einer Woche für drei Milliarden Dollar Twitters größter Einzel-Aktionär geworden ist, sorgt der von über 200 Millionen Menschen genutzte Kurzmitteilungsdienst in dichter Abfolge für eine Kakophonie von Nachrichten.

Jüngste Volte: Der laut "Forbes" mit 270 Milliarden Dollar reichste Mann der Welt, der auf Twitter 81 Millionen Follower hat und massive Veränderungen in der Unternehmensstrategie propagiert, wird anders als noch am vergangenen Dienstag verlautbart nun doch nicht in den Verwaltungsrat des Unternehmens einziehen.

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Twitter-Chef Parag Agrawal verkündete die überraschende Wende ohne nähere Begründung am späten Sonntagabend. "Ich glaube, dass dies das Beste ist", schrieb der Nachfolger des legendären Jack Dorsey. Musk selber hat sich bisher nicht zum Verzicht erklärt, der an der Börse für einen leichten Rückgang der Twitter-Aktie sorgte, die nach dem Einstieg des Tesla- und SpaceX-Chefs zeitweilig um fast 30 Prozent zugelegt hatte. In gewohnt kryptischer Manier postet er in der Nacht zu Montag ein Emoji. Darauf zu sehen: ein Gesicht, das sich die Hand vor den Mund hält.

Elon Musk: Doch kein Einzug in Twitter-Verwaltungsrat

Dass Musk die Übernahme von strategischer Mitverantwortung im "Board" von Twitter nun doch scheut, wirft Fragen auf. Als wahrscheinlichste Deutung schält sich in US-Medien heraus, dass Musk sich dadurch zwei Optionen offenhält: Als Nicht-Verwaltungsrat könnte er weit mehr Anteile an dem auf knapp 40 Milliarden Dollar taxierten Unternehmen erwerben; bis hin zu einer Komplett-Übernahme. Zurzeit besitzt er knapp neun Prozent, als Board-Mitglied wäre er bei rund 15 Prozent limitiert gewesen. Lesen Sie auch: Musk und Bezos wollen Twitter-Zentrale für Obdachlose öffnen

Zum anderen sind Musks gewaltigem Mitteilungsdrang, was Probleme und Zukunft von Twitter anbelangt, weniger Grenzen gesetzt. Der 50-Jährige hatte sich zuletzt mehrfach von der Außenbahn in die Produktpolitik des Unternehmens eingemischt; etwa mit dem Vorschlag, für den Premium-Abonnementdienst Twitter Blue mit der umstrittenen Krypto-Währung Dogecoin bezahlen zu können.

Seitenhieb auf Twitter-Belegschaft

Mal war er für die Einführung eines "Edit Buttons", mit dem Tweets nachträglich korrigiert werden könnten. Dann führte er in Eigen-Regie eine Umfrage durch, die der Frage nachging, ob die Corona-bedingt leere Konzernzentrale in San Francisco nicht besser in eine Obdachlosen-Unterkunft umgewandelt werden müsste. Schließlich machte er sich unter der Überschrift "Stirbt Twitter?" darüber lustig, dass die zehn Anhänger-stärksten Twitter-Konten, darunter sind Ex-Präsident Barack Obama und Popstars wie Taylor Swift und Lady Gaga, weder "zwitschern" noch Inhalte teilen. Lesen Sie auch: Verändert Geld die Persönlichkeit? So ticken Millionäre

Ein Seitenhieb, der in Kreisen der tendenziell linksliberalen Twitter-Belegschaft als Wink verstanden wurde, dass Musk die Aufhebung des Banns gegen Donald Trump befürworten würde. Der Ex-Präsident, jahrelang durch tägliche Twitter-Botschaften einer der größten Erzeuger von Retweets (vulgo: Traffic), war wegen der Verbreitung von Desinformation im Umfeld der Erstürmung des Kapitols Anfang 2021 von der Plattform geschmissen worden. Musk betont hingegen bei jeder Gelegenheit, dass ihm Zensur oder Moderation von "freier Rede" gegen den Strich geht.

Als mächtiger Aktionär ohne Verpflichtung, auf die Unternehmenszwänge gesondert Rücksicht zu nehmen, hieß es im US-Frühstücksfernsehen, werde Musk dem Konzern mit dem weißen Vögelchen im Logo in den nächsten Monaten noch schwer zusetzen.