Wolfsburg. Die VfL-Nationalspielerin setzt für den VfL Wolfsburg spielentscheidende Akzente. Die Frage ist, wie lange sie das noch hier tut.

Jule Brand brauchte von allen Spielerinnen des VfL Wolfsburg mit am längsten, um den Weg zurück in die Kabine im Dietmar-Hopp-Stadion zu finden. Immer wieder stand sie den Fans für Fotos zur Verfügung, auch Freunde und Familie kamen, um die Germersheimerin in der Partie bei ihrem Ex-Klub TSG Hoffenheim zu treffen. Noch im Kabinentrakt, da plauschte sie gerade mit TSG-Spielerin Paulina Krumbiegel, riefen die Fans von draußen nach Jule-Autogrammen. Zu sehen bekamen sie alle beim 3:0-Erfolg im DFB-Pokal-Viertelfinale die 21 Jahre alte Nationalspielerin in TSG-Form. Fast immer, wenn es gegen Hoffenheim geht, dann ist Brand da. Drei ihrer acht VfL-Treffer erzielte sie gegen das Team, bei dem sie 2020 zur Bundesliga- und Nationalspielerin wurde. Die Frage ist, wie lange Brand das noch tun wird...

Brand: Ich will meine Leistung auf dem Platz bringen

Ihr Vertrag in Wolfsburg läuft noch bis zum Sommer 2025. Allerdings besitzt sie wie Lena Oberdorf, die daher im Sommer für rund 450.000 Euro zum FC Bayern wechseln wird, eine Ausstiegsklausel. Und mit Blick auf die öffentliche Kritik im vergangenen Herbst an ihr, als Ralf Kellermann, der Direktor Frauenfußball des VfL, unter anderem ihre schwankenden Leistungen kritisierte, sowie auf ihre wechselhaften Einsatzzeiten ist ein vorzeitiger Abschied aus Wolfsburg denkbar. Sie selbst sagte am Dienstagabend im Dietmar-Hopp-Stadion zu dem Knatsch im Herbst, nach dem es auch persönliche Gespräche mit Kellermann und Trainer Tommy Stroot gegeben hatte: „Das ist kein Thema mehr. Ich will meine Leistung auf dem Platz bringen.“

Auch im Rückwärtsgang leistete Jule Brand (links) beim Sieg in Hoffenheim wichtige Arbeit.
Auch im Rückwärtsgang leistete Jule Brand (links) beim Sieg in Hoffenheim wichtige Arbeit. © imago/foto2press | IMAGO/Oliver Zimmermann

Seit einigen Wochen darf Brand das wieder regelmäßig, und sie weiß dabei auch zu überzeugen. Beim 9:1-Kantersieg in der Bundesliga beim 1. FC Nürnberg kam sie zur Pause und war im zentralen Mittelfeld als Achterin gleich voll drin. Ihr selbst, so sagt sie, taten vor allem die Einsätze bei der Nationalmannschaft gut. Auch Bundestrainer Horst Hrubesch bot Brand im entscheidenden Spiel um die Olympia-Quali im zentralen Mittelfeld auf, setzte dafür sogar Svenja Huth auf die Bank.

Dank Nationalmannschaft: „Ich habe wieder Selbstvertrauen“

Das Ende ist bekannt: Deutschland ist in Paris dabei - und die 21-jährige Wolfsburgerin strahlte. „Horst hat mir sehr viel Vertrauen geschenkt, und das hat mir einfach ein sehr gutes Gefühl gegeben. Ich habe wieder Selbstvertrauen auf dem Platz bekommen, was meinem Spiel enorm hilft. Das möchte ich jetzt auch nach Wolfsburg mitnehmen.“

Der DFB-Pokal der Frauen

Viertelfinal-Ergebnisse:
TSG Hoffenheim - VfL Wolfsburg 0:3 (0:2)
FC Carl Zeiss Jena - FC Bayern München 0:3 (0:3)
Bayer Leverkusen - SGS Essen 1:2 (0:2)
Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg 4:1 (3:0)

Die Halbfinal-Paarungen (30./31. März):
FC Bayern München - Eintracht Frankfurt
VfL Wolfsburg - SGS Essen

Das Endspiel steigt am Donnerstag, 9. Mai, um 16 Uhr im Kölner Rheinenergiestadion.

VfL-Trainer Tommy Stroot teilt die Eindrücke, betonte nach Hoffenheim, dass die Entscheidung für Brand nicht erst gefallen sei, als kurzfristig am Spieltag mit Lena Oberdorf und Ewa Pajor zwei absolute Stammkräfte ausgefallen sind. „So wie sie ihre Chance gegen Nürnberg genutzt hat, so wie sie in der Trainingswoche und auch bei der Nationalmannschaft aufgetreten ist, war klar, dass sie spielt.“ Und ihr Coach lobte: „Jule hat es wirklich gut gemacht. Es gab viele kleine Situationen, in denen sie uns richtig gutgetan hat.“ So holte sie auch die Ecke heraus, nach der Alexandra Popp kurz vor der Halbzeit auf 2:0 stellte.

Erstmals traf Brand per Kopf für den VfL Wolfsburg

Brand zahlte das Vertrauen zurück. Es war kein einfaches Spiel für den VfL, er musste gegen einen hoch motivierten Gegner, der immer wieder gefährlich vor dem Wolfsburger Tor auftauchte, liefern. Das klappte vor allem, weil sich die Wölfinnen nach Eckbällen eiskalt zeigten. In Minute 27 war es ein Ball von Nuria Rabano von der rechten Seite, den ausgerechnet Brand in die Maschen setzte. Per Kopf, und das ist höchst ungewöhnlich.

Nationaltrainer Horst Hrubesch stattete VfL-Spielerin Jule Brand zuletzt beim DFB-Team mit neuem Selbstvertrauen aus.
Nationaltrainer Horst Hrubesch stattete VfL-Spielerin Jule Brand zuletzt beim DFB-Team mit neuem Selbstvertrauen aus. © IMAGO/ANP | Anp

„Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal ein Kopfballtor erzielt habe“, sagt sie grinsend und beschreibt: „Der Ball von Nuria kam sehr gut und ich bin gesprungen, und dann war er drin.“ Es war der Dosenöffner gegen die TSG. Die 21-Jährige sagt: „Es hat ein bisschen Druck rausgenommen, auch weil wir bis zu dem Zeitpunkt nicht so die großen Chancen hatten. Deswegen ist es schön, dass ich auch mal wieder ein Tor erzielt habe.“

Horst Hrubeschs Tipp an Jule Brand: Schießen, schießen, schießen

Brands Kopfballtreffer - vielleicht auch etwas, das ihr das frühere Kopfball-Ungeheuer Hrubesch bei der Nationalmannschaft mitgegeben hat. Neben anderen Tipps, wie die Nationalspielerin verrät: „Ich muss schießen, und ich muss Entscheidungen treffen und die dann zu 100 Prozent durchziehen.“

Auf ausschweifenden Jubel verzichtete Brand am Dienstag übrigens, hob fast beschwichtigend die Hände. Eine Geste, bei der sie sich etwas gedacht hat, denn: „Bei meinem ersten Tor gegen Hoffenheim habe ich ein bisschen zu viel gejubelt.“ Das war gleich am 2. Spieltag der Saison 2021/22. Wolfsburg lag lange zurück, dann traf Jill Rood und schließlich der damalige VfL-Neuzugang in der 89. Minute zum 2:1-Siegtreffer. Brand weiß aber, was sie an der TSG hatte: „Ich bin Hoffenheim sehr dankbar, hatte eine schöne Zeit hier.“

Jetzt liegt ihr Fokus auf wichtigen Wochen mit den Wölfinnen. Da war der am Ende souveräne Sieg an alter Wirkungsstätte zum Auftakt in einen heißen März natürlich „sehr wichtig. Wir sind noch in zwei Wettbewerben vertreten und wollen gerade im Pokal nach dem Ausscheiden in der Champions League so weit wie möglich kommen und den Titel verteidigen.“ Ob Brand dann auch in der nächsten Saison noch in Wolfsburg spielen wird, ist fraglich.