Hannover. Kommunale Waffenbehörden kontrollieren, wer Pistolen oder Gewehre besitzen und führen darf. Nach einer Reform kommt auf diese nun mehr Arbeit zu.

Für manchen sind Waffen Sportgeräte. In falschen Händen können Pistolen oder Gewehre allerdings viel Leid und Schaden anrichten. Anfang März erst sorgte eine Gewalttat mit einer Schusswaffe im Landkreis Rotenburg für Entsetzen: Ein 32 Jahre alter Bundeswehrsoldat soll vier Menschen erschossen haben – mit Waffen, die der Mann privat besaß.

Wie werden Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer in Niedersachsen kontrolliert? Fragen und Antworten rund um das Thema.

Wie viele Niedersachsen besitzen Waffen?

Immer mehr Niedersachsen dürfen Waffen besitzen und führen. Das ist etwa an der Zahl der sogenannten Waffenbesitzkarten abzulesen, die zum Erwerb und Besitz von scharfen Schusswaffen berechtigen. Wie aus Daten des Innenministeriums in Hannover hervorgeht, gab es bis Ende des vergangenen Jahres 252.770 Waffenbesitzkarten – das waren rund 500 mehr als 2022. Laut Ministerium kann ein Mensch auch mehrere Karten besitzen. In der großen Mehrzahl wird Jägern und Sportschützen eine solche Karte erteilt.

Zudem dürfen immer mehr Menschen Schreckschuss- und Reizstoffwaffen führen. Die Zahl der Kleinen Waffenscheine, die dazu berechtigen, ist zuletzt um rund 4700 auf 84.500 gestiegen. Lediglich die Zahl der Großen Waffenscheine, die zum Führen einer scharfen Schusswaffe in der Öffentlichkeit berechtigen, ging zurück auf 637 Erlaubnisse. Solche Erlaubnisse haben unter anderem Mitarbeiter von Geldtransportunternehmen. Polizisten und Soldaten brauchen für das Führen einer Waffe im Dienst keinen Waffenschein.

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Wie werden Waffenbesitzer und Waffenbesitzerinnen kontrolliert?

Wer über eine Waffe verfügen will, braucht dafür eine Erlaubnis. Zuständig sind dafür die Waffenbehörden der Landkreise und der Region Hannover. Die Behörden registrieren zum einen, wer legal in einer Kommune eine Waffe besitzt und wie viele Waffen im Umlauf sind. Zum anderen sollen die Behörden auch Missbrauch verhindern. Das Waffengesetz verpflichtet sie, die Waffenbesitzer auf ihre Zuverlässigkeit und ihre „persönliche Eignung“ hin zu überprüfen. Dafür werden laut Innenministerium unter anderem Informationen von der Polizei eingeholt. So eine Überprüfung erfolgt vor der Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis und danach regelmäßig – mindestens im Abstand von drei Jahren.

Alle fünf Jahre müssen Waffenbesitzer zudem nachweisen, dass sie immer noch ein „Bedürfnis“ haben, eine Waffe zu besitzen – also zum Beispiel, um zur Jagd zu gehen oder weil sie als Sportschützen aktiv sind. Außerdem dürfen Waffenbehörden jederzeit verdachtsunabhängig kontrollieren, wie Waffen aufbewahrt werden. „Hiervon machen die Behörden in Niedersachsen regelmäßig Gebrauch, wobei die Mehrzahl der Kontrollen auch unangekündigt durchgeführt werden“, teilte das Innenministerium mit.

Wie arbeiten Waffenbehörden und Polizei zusammen, etwa wenn eine Anzeige vorliegt?

Wenn Verdachtsmeldungen oder Anzeigen gegen Waffenbesitzer bei der Polizei eingehen, dann werden auch die Waffenbehörden informiert. „Eine Mitteilung an die Waffenbehörde über relevante Informationen erfolgt grundsätzlich spätestens nach Abschluss der Ermittlungen“, teilte das Innenministerium weiter mit.

Eingeschaltet wird die Waffenbehörde auch dann, wenn etwa eine konkrete Gefährdungslage vorliegt. Dann veranlasst die Polizei laut Innenministerium sofort „gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen“, über die auch die Waffenbehörde informiert wird. Wenn Polizisten einen Verdacht haben, der auf mangelnde Zuverlässigkeit bei einem Waffenbesitzer hinweist, können sie diesen auch direkt an Waffenbehörden übermitteln.

Wie wurde der mutmaßliche Schütze aus dem Kreis Rotenburg kontrolliert?

Der Bundeswehrsoldat, der vier Menschen erschossen haben soll, wurde zuletzt im September 2023 überprüft. Die Waffenbehörde kontrollierte, ob der Mann zuverlässig ist, wie eine Sprecherin des Landkreises Rotenburg nach der Tat mitteilte. Dafür sei das Bundeszentralregister, eine Datenbank, durchsucht worden. Außerdem seien der Landesverfassungsschutz und die Polizei befragt worden. Auffälligkeiten habe es nicht gegeben. Dieses Frühjahr sollte kontrolliert werden, ob der Deutsche seine Waffen richtig aufbewahrt. Die sogenannte Bedürfnisprüfung wäre 2025 fällig gewesen.

Pistolenpatronen liegen in Schachteln im Kofferraum des Mannes, der Anfang März im Landkreis Rotenburg vier Menschen erschossen haben soll.
Pistolenpatronen liegen in Schachteln im Kofferraum des Mannes, der Anfang März im Landkreis Rotenburg vier Menschen erschossen haben soll. © DPA Images | Sina Schuldt

Welche Waffen nutzte der mutmaßliche Schütze – und durfte er diese besitzen?

Der Mann verfügte über eine Waffenbesitzkarte, auf der drei Schusswaffen eingetragen waren, wie die Landkreis-Sprecherin mitteilte. Zwei der drei Waffen sind bekannt. Der mutmaßliche Täter soll ein halb automatisches Gewehr verwendet haben und eine Pistole, wie die Polizei mitteilte. Das Innenministerium teilte mit, das Gewehr zähle nicht zu den sogenannten verbotenen Waffen. Verboten sind beispielsweise Pumpguns, Schlagringe und Schießkugelschreiber. Das Gewehr und die Pistole stammen den Angaben nach nicht aus Beständen der Bundeswehr. Weitere Angaben machten die Behörden bislang nicht.

Warum wurde die Zuständigkeit der Waffenbehörden vor Kurzem neu geordnet?

Das war laut Innenministerium nötig, da das Waffenrecht komplex ist. Indem die Behörden zusammengelegt wurden, soll Fachwissen mit der Reform gebündelt werden. „Insbesondere die Entwaffnung von extremistischen Personen stellt die Waffenbehörde vor eine schwierige Aufgabe, die in den größeren Organisationseinheiten der Landkreise und kreisfreien Städte sowie der Region Hannover noch effektiver gelöst werden kann“, teilte das Ministerium mit.

Bis Ende 2023 waren auch größere Städte und Gemeinden in Niedersachsen für das Waffenrecht zuständig. Mit der Reform, die zum 1. Januar 2024 umgesetzt wurde, wurde vereinheitlicht, dass nur noch die Landkreise und die Region Hannover zuständig sind. Die Zahl der Waffenbehörden wurde nahezu halbiert von 99 auf nun 47.

Auf die Landkreise kommt nun mehr Arbeit zu. Diese bewerten die Neuregelung dennoch positiv, wie es vom Landkreistag hieß. Denn beim Waffenrecht handele es sich um eine „Spezialmaterie“, für die neben Fachwissen teils auch spezielle Software-Kenntnisse erforderlich seien. Die Mehrarbeit könne in den Strukturen der bestehenden Waffenbehörden der Landkreisverwaltungen „weitgehend aufgefangen werden“, teilte ein Sprecher mit. Etwa dadurch, dass Mitarbeiter aus Gemeindeverwaltungen übernommen worden seien.

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