„Die Wolfsburger machen Appetit auf die Zukunft, dürfen aber die ,alten‘ Benzin- und Diesel-Modelle nicht vernachlässigen.“

Eines ist in Genf sofort aufgefallen: War die Stimmung vor einem Jahr unter dem Eindruck des Abgas-Betrugs noch verkrampft, entwickelte sich der Konzernempfang in diesem Jahr zu dem, was er eigentlich sein soll – einer Veranstaltung des Meinungsaustauschs und offenen Gesprächs. Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder waren deutlich redseliger und blieben auch länger als noch vor einem Jahr. Die Schockstarre hat sich also gelöst.

Das ist ein gutes Zeichen, weil dadurch Kräfte und Kreativität freigesetzt werden für den Umbau und die Neuaufstellung des Konzerns und vor allem der Kernmarke VW. Allerdings ist der Weg zum voll-elektrischen und autonomen Fahren noch lang, staubig und mit Schmerzen – sprich Arbeitsplatzabbau – verbunden. Die in Genf gezeigten Studien zeigen aber, dass sich die Mühen sehr wohl lohnen. Autofahren könnte künftig deutlich entspannter sein als heute. Bis diese Autos von übermorgen Alltag sind, befindet sich VW in einer Art Dauerspagat. Zwar machen die Wolfsburger ständig Appetit auf die Technik der Zukunft, zugleich dürfen sie aber die „alten“ Benzin- und Diesel-Modelle nicht vernachlässigen. Im Gegenteil, diese Technik benötigt weiter die volle Hinwendung, schließlich muss sie noch über viele Jahre das Geld für die künftigen Innovationen verdienen. Erkennbar ist, dass dieser Umstand VW in den nächsten Jahren so manches Mal in einen Glaubwürdigkeitskonflikt bringen wird. Der gerade erst zu einem siebensitzigen SUV aufgepumpte Tiguan passt nicht wirklich zu einer autonom fahrenden Elektro-Gondel wie dem Sedric. VW wird daher immer wieder erklären müssen, dass das Alte sehr wohl noch eine Zukunft, das Neue ohne das Alte aber keine Zukunft hat.